Vor dem Urknall
traditionellen Rieseninstrumente, das nur durch die Umstellung auf neue Technologien, ermöglicht durch Computer und Entwicklungen in der Optik, geschlagen werden sollte. Die schiere Größe des Spiegels, hergestellt aus 65 Tonnen Glas, ist phänomenal. Es dauerte 15 Jahre, bis es fertig war, unterbrochen vom Zweiten Weltkrieg. Und als 1948 Spiegel und Teleskop mit einer 500 Tonnen schweren Montierung ihrer Bestimmung übergeben wurden, war Hale schon zehn Jahre tot.
Der Astronom Walter Baade war bereits ein Experte für veränderliche RR -Lyrae-Sterne, als er das gewaltige Hale-Teleskop auf Mount Palomar regelmäßig benutzte. Baade, 1893 im deutschen Schröttinghausen geboren, emigrierte 1931 in die Vereinigten Staaten und lebte dort bis zum Ende seiner Laufbahn. Er war von der glänzenden Idee inspiriert, Hubbles Entfernungsdaten zu überprüfen, auf denen das Alter des Universums beruhte, indem er veränderliche RR -Lyrae-Sterne in der Andromedagalaxie finden und ihre Periode messen wollte – das Tempo, mit dem sich die Helligkeit des Sterns verändert. So weit, so gut. Aber sosehr er sich auch bemühte, er konnte keine finden.
Außerhalb der Wissenschaft ließ sich diese Art des Scheiterns als ein Desaster betrachten – und selbst in der Wissenschaftlergemeinde kann das Misslingen eines Experiments die Karriere ruinieren –, manchmal aber führt ein Fehlschlag zu Daten, die nützlich sind und für sich selbst sprechen. Als es beispielsweise den amerikanischen Physikern Michelson und Morley nicht gelang, einen Beweis für die Existenz von Äther zu finden, lösten sie damit eine Kette von Ideen aus, die schließlich zu Einsteins spezieller Relativitätstheorie führten. Und als Baade keine veränderlichen RR -Lyrae-Sterne in der Andromedagalaxie fand, konnte er mit einer Schlussfolgerung aufwarten, die unsere wissenschaftliche Perspektive verändern sollte.
Es ist natürlich möglich, dass es mit der Andromedagalaxie etwas Besonderes auf sich hatte, was zu der Erkenntnis führte, es gäbe dort keine RR -Lyrae-Sterne. Doch wie Hubbles Arbeit gezeigt hatte, gab es Cepheiden und keinen Anhaltspunkt dafür, dass Andromeda so viel anders beschaffen ist als unsere eigene Galaxie. Es blieb offenbar nur noch eine einzige andere Möglichkeit übrig: dass die veränderlichen RR -Lyrae-Sterne zwar da waren, Baade sie aber nicht sehen konnte.
Angesichts der relativen Stärke des Hale-Teleskops und seiner Vorgänger hätte es eigentlich diese veränderlichen Sterne aufspüren müssen. Sofern also nicht die ganze Andromedagalaxie von einer das Licht abschwächenden Staubwolke eingehüllt war (was gemäß früheren Beobachtungen nicht der Fall zu sein schien), erhöhte sich damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Andromedagalaxie weiter entfernt war, als Hubble es vermutet hatte. Sehr viel weiter.
Die falsche Art von Cepheiden
Zuerst schlug Hubble mit der Hilfe von Cepheiden als Standardkerzen 900 000 Lichtjahre für die Entfernung zur Andromedagalaxie vor – ein Wert, den er später ein wenig nach unten korrigierte. Sollte Baade recht haben, waren diese 900 000 Lichtjahre viel zu kurz. So beschäftigte er sich mit Hubbles ursprünglicher Vermutung und fand dort einen entscheidenden Messfehler, der aufgrund des damals nicht vorhandenen Wissens unbemerkt geblieben war.
Das ganze Konzept, die Cepheiden als Standardkerzen zu benutzen, beruht auf der fehleranfälligen Vermutung, alle veränderlichen Cepheiden ähnelten sich, sodass man aus der Frequenz ihres Pulsierens auf ihre Helligkeit schließen könne. Seit den 1920 er Jahren hatten die Astronomen jedoch ein besseres Verständnis der Naturgeschichte von Sternen gewonnen. Sterne bilden sich aus der Verschmelzung von Gas und Staub. Während der Sternenkörper immer größer wird, nimmt auch die Gravitationsanziehung zu, die die Materie zusammendrückt. Sterne bestehen aus den Trümmern, die sich in der Gegend befinden, in der sich der Stern bildet.
Im frühen Universum gab es kaum etwas anderes als Wasserstoff und Helium (sowie viel kleinere Mengen Lithium und Beryllium) – Elemente, die vermutlich aus dem Urknall und dem ihm folgenden Feuerball stammten. Also hatten die ältesten Sterne nicht viel mehr als das zu bieten. Jüngere Sterne wie unsere Sonne entstanden erst, nachdem die schwereren Elemente in der ersten Sternengeneration geschmiedet und nach den Explosionen von Supernovae im ganzen Universum verbreitet worden waren. Deshalb gibt es in
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