Vor der Flagge des Vaterlands
Tür und harrte nun
in tiefster Finsternis der Dinge, die da kommen sollten.
Da fühlte ich bald die Manöver, welche die ›Sword‹ aus-
führte, um dem Tug zu entgehen, wie sie seitwärts auswich,
sich drehte und untertauchte. Bald schoß sie rasch beiseite,
um einem Stoß zu entgehen, bald stieg sie zur Oberfläche
hinauf und sank bis zum Grund der Lagune hinab. Wer
könnte sich den Kampf der beiden Fahrzeuge unter dem
wogenden Wasser ausmalen, die wie zwei Seeungeheuer
von ungleicher Kraft hin und her stürmten?
Einige Minuten waren vergangen . . . Ich fragte mich, ob
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die Verfolgung nicht eingestellt sei und die ›Sword‹ endlich
den Tunnel habe erreichen können.
Da erfolgte eine Kollision . . . Der Stoß schien mir sehr
heftig gewesen zu sein. Ich konnte mich aber keiner Täu-
schung hingeben, die ›Sword‹ war es, die der Stoß an ihrer
Steuerbordseite getroffen hatte. Vielleicht hatte ihr stähler-
ner Rumpf noch widerstanden, oder im anderen Fall war
Wasser nur in eine ihrer Abteilungen eingedrungen . . .
Fast sofort warf ein zweiter, diesmal sehr heftiger Stoß
die ›Sword‹ rückwärts. Es schien, als würde sie vom Ramm-
sporn des Tugs emporgehoben, so daß sie umschlug. Dann
fühlte ich, wie sie sich, den Bug oben, aufrichtete und durch
die zu große Last des Wassers, das die hintere Abteilung er-
füllen mochte, senkrecht versank . . .
Ungestüm wurden wir, Thomas Roch und ich, ohne
an den Wänden Halt finden zu können, übereinander ge-
schleudert. Endlich, nach einem letzten Stoß, der vom Ge-
räusch zerreißender Eisenplatten begleitet war, streifte die
›Sword‹ den Grund und blieb unbeweglich liegen.
Was von dieser Minute an geschehen ist, weiß ich nicht,
da ich das Bewußtsein verlor.
Später hab’ ich erfahren, daß meine Lage lange Stunden
hindurch unverändert blieb. Ich entsinne mich nur, daß
mein letzter Gedanke der gewesen war:
»Wenn ich sterbe, so sterben Thomas Roch und sein Ge-
heimnis mit mir . . . und die Piraten von Back-Cup werden
ihrer längst verdienten Strafe nicht entgehen!«
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15. KAPITEL
In Erwartung
Als ich wieder zu mir komme, sehe ich, daß ich auf der Liege
in meiner Zelle ausgestreckt bin, wo ich, wie es scheint, seit
30 Stunden gelegen habe.
Ich bin nicht allein. Ingenieur Serkö ist bei mir. Er hat
mir alle mögliche Pflege angedeihen lassen . . . hat mich per-
sönlich gepflegt, nicht als einen Freund, mein’ ich, sondern
als einen Mann, von dem man unentbehrliche Aufschlüsse
erwartet, und dessen man sich ebenso leichten Herzens ent-
ledigt, wenn das allgemeine Interesse es erfordert.
Noch sehr geschwächt, war es mir unmöglich, einen
Schritt zu tun. Es hatte wenig gefehlt, so wär’ ich in der en-
gen Abteilung der ›Sword‹ erstickt, als sie unter dem Wasser
der Lagune lag. Doch wenn ich auch imstande bin, auf die
Fragen zu antworten, die Ingenieur Serkö gewiß brennt, mir
über jenes Abenteuer zu stellen, werd’ ich mir auf jeden Fall
die äußerste Zurückhaltung auferlegen.
Zuerst frag’ ich mich, wo Leutnant Davon und die Be-
satzung der ›Sword‹ wohl sein mögen. Wären die mutigen
Engländer bei der Kollision umgekommen? . . . Sind sie
ebenso heil und gesund wie wir? . . . denn ich nehme an,
daß Thomas Roch nach dem wiederholten Zusammenstoß
des Tugs und der ›Sword‹ ebenfalls mit dem Leben davon-
gekommen ist.
Da stellt mir Ingenieur Serkö schon eine erste Frage.
»Erklären Sie mir, was hier vorgegangen ist, Mr. Hart!«
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Statt zu antworten, kommt mir der Gedanke, ihn zu be-
fragen.
»Und Thomas Roch?« stoß’ ich hervor.
»Geht es sehr gut, Mr. Hart. Doch was ist hier vorgefal-
len?« wiederholt er in gebieterischem Ton.
»Vor allem«, lenke ich ab, »sagen Sie mir, was aus den an-
dern geworden ist.«
»Welchen andern?« erwidert Serkö, dessen Auge einen
drohenden Glanz annimmt.
»Aus den Leuten, die mich und Thomas Roch überfallen,
uns geknebelt . . . fortgeschleppt . . . eingeschlossen haben . . .
Wo? das weiß ich freilich selbst nicht!«
Eine flüchtige Überlegung sagt mir, daß es am besten ist,
mich so zu stellen, als ob ich an jenem Abend das Opfer
eines plötzlichen Überfalls geworden wäre, währenddessen
mir keine Zeit blieb, die Urheber dieses Angriffs zu erken-
nen.»Wie die Sache für jene abgelaufen ist«, antwortet Inge-
nieur Serkö, »das werden Sie schon noch erfahren.
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