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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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hast.«
    »Dich nehmen und dann mit einem Tritt rausbefördern?« Er sah sie immer noch nicht an, aber sie bemerkte, daß seine Kiefermuskeln angespannt waren. »So was in der Art, ja. Weil du mich nicht mochtest.« Sie wiederholte es, damit er es auch ja kapierte, und um der Sache gerade ins Auge zu sehen, wie es ihre Art war, weil sie auf diese Weise am besten damit fertig wurde.
    »Zuerst mochte ich dich nicht, nein.« Er schwieg und hielt ihre wunden Hände sanft in seinen großen Pranken. »Oder eigentlich war ich wütend, aber ich brauchte nicht lang, um rauszufinden, daß du nicht so warst, wie ich zuerst gedacht hatte. Eine Stunde nur, um genau zu sein. Der Gedanke kam mir, als du in meinem Büro beinahe ohnmächtig wurdest, aber als du dir dann das Video angeschaut und so tapfer versucht hast, ruhig und gefaßt zu erscheinen
    - du warst am Zusammenbrechen, und ich wußte es.«
    »Wie?« fragte sie fast ein wenig kampflustig. Sie hatte sich so bemüht, nicht die Beherrschung zu verlieren, eine
    Technik, die sie über die Jahre perfektioniert hatte. Es gefiel ihr gar nicht, daß er sie so leicht durchschaut hatte.
    »Du hast die Hände so fest zusammengekrampft, daß sie fast blutleer waren. Du bist ein Marshmallow, Süßes. Statt zu wenig zu fühlen, fühlst du zuviel. Du willst dich um alles und jeden kümmern und machst dir dann Vorwürfe, wenn du’s nicht kannst.« Er warf ihr einen funkelnden Blick unter halb geschlossenen Lidern zu. »Übrigens, hast du meine Nachrichten bekommen?«
    »Natürlich. >Gottverdammtnochmal, Karen<«, zitierte sie und sah, wie seine olivfarbene Haut sich verdunkelte, als die Röte in seine Wangen schoß. Sie war beinahe froh, daß auch er sich schämte, denn dann kam sie sich selbst nicht mehr so entblößt vor. Er sah viel zuviel; vor ihm kam sie sich ganz nackt vor, mehr noch sogar, als wenn er ihr wirklich die Kleider ausgezogen hätte. Sie war es gewöhnt, sich emotional von ihren Mitmenschen abzuschotten, und es brachte sie aus der Fassung, daß er sie so leicht durchschaute.
    »Tut mir leid«, brummte er. »Ich war so sauer, daß - na, jedenfalls habe ich dir gestern dreimal auf den Anrufbeantworter gesprochen.«
    »Ach so. Bei all dem Durcheinander ist es mir nicht eingefallen, den Anrufbeantworter abzuhören. Was hattest du gesagt?«
    »Daß du mich anrufen sollst. Bitte. Dann hab ich deine Nachricht bekommen und hatte eine Heidenangst, bis du aus dem Flugzeug stiegst.« Er holte tief Luft und stieß sie zitternd wieder aus. »Wir müssen miteinander reden.«
    »Wir reden doch.«
    »Nicht so.« Abrupt bückte er sich und hob sie hoch.
    Erschrocken schlang sie die Arme um seinen Nacken, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Was tust du da?« kreischte sie fast, während er sie ins Schlafzimmer trug und aufs Bett setzte.
    »Ich will dich mal ansehen«, entgegnete er und ließ sich vor ihr auf ein Knie nieder. Dann nahm er ihre Hand und wickelte sie fertig aus. Auch diese Hand sah er sich an, dann faltete er ihren Rock zurück und inspizierte ihre Knie. Beide waren aufgeschürft, doch er konnte selbst sehen, daß keine der Verletzungen ernster Natur war. Einen Fuß nach dem anderen anhebend, streifte er ihr die Sandalen von den Füßen. »Also hast du, aufgrund eines ersten Eindrucks, einfach drei Tage intensiven Werbens ignoriert?« Wieder einer dieser durchdringenden funkelnden Blicke. »Na, so intensiv, wie es ging jedenfalls, unter den gegebenen Umständen.«
    »Rückblickend kam mir das Ganze so - inszeniert, so geplant vor.« Auch sie konnte zornig funkeln. Das tat sie jetzt. »Du hattest das Kondom schon an, bevor wir überhaupt zu tanzen anfingen!«
    »Und hab’s die ganze Zeit, während wir tanzten, anbehalten, Herrgott noch mal, das sollte dir zeigen, wie scharf ich auf dich war.« Er erhob sich, schlüpfte aus seinem Jackett und warf es beiseite. Dann begann er, mit zornigen, eckigen Bewegungen sein Hemd aufzuknöpfen. Seine Nasenflügel bebten vor Wut. »Ich hab bloß versucht, rücksichtsvoll zu sein. Ich dachte, du würdest dich sicher nicht freuen, wenn du dir schon am Anfang unserer Beziehung Sorgen wegen einer Krankheit oder Schwangerschaft machen müßtest.«
    Karen beobachtete ihn mit weit aufgerissenen Augen und staubtrockenem Mund. Sie sagte nicht »Was tust du?«, denn das war offensichtlich. Sie sagte auch nicht »Welche Beziehung?«, da sie sich fürchtete nachzufragen, im Fall, daß sie sich verhört hatte. Was sie hätte sagen wollen, war,

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