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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Viertel und dann in ein Restaurant zum Abendessen? Sie haben bis jetzt ja kaum etwas von New Orleans gesehen und brauchen außerdem ein wenig Entspannung.«
    Ihre plötzliche Anspannung ließ wieder nach. Er wollte den Rest des Tages und auch den Abend mit ihr verbringen. Nun, vielleicht wollte er ja nicht wirklich, vielleicht fühlte er sich bloß verantwortlich für sie, aber sie war viel zu dankbar für sein Angebot, das ihr einen langen, einsamen Abend im Hotelzimmer ersparte. Zutiefst erleichtert stimmte sie zu. »Ja, danke, das würde ich gerne.«
    Auf einmal brannte ihr die Nachmittagssonne wieder voll ins Gesicht. Die Regenwolken waren weitergezogen, obwohl sich im Südwesten wieder etwas ominös Dunkles zusammenbraute. Es war unglaublich, wie hell und heiß die Sonne niederbrannte. Sie merkte, wie sie ebenso schnell wieder zu schwitzen begann, wie ihr vorhin kalt geworden war. Die geschwollenen Lider vor der Sonne zusammenkneifend, fiel ihr gar nicht auf, daß sie ein wenig zu weit an den Rand des Kieswegs geriet und an der Hecke vorbeistreifte. Prompt blieb sie mit den Seidenstrümpfen an einem der knotigen Zweige hängen.
    »Verflixt!« Sie blieb stehen und blickte nach unten, um zu sehen, wie groß der Schaden war. Sie hing an einem Zweig fest, und ein großes Loch, etwa in der Größe eines Halbdollarstücks, war in ihren Strumpf gerissen. Eine lange Laufmasche zog sich ober- und unterhalb des Risses über ihr Bein. Eine Laufmasche in einer schwarzen Seidenstrumpfhose, auch das noch, dachte sie, als sie das große Loch sah, durch das die blasse Haut ihrer Wade zu sehen war.
    Sie wollte sich gerade bücken, um sich loszumachen, da ging er auch schon vor ihr in die Hocke, umfaßte mit der einen Hand ihre Wade und machte sie mit der anderen von dem Zweig los. Ein kleiner roter Kratzer war in dem Loch auf ihrer Haut zu sehen. Er rieb vorsichtig mit dem Daumen darüber, und auf einmal brannte es gar nicht mehr so.
    »Sie können sie beim Auto ausziehen«, sagte er, während er sich nach beendeter Rettungsmission erhob. Mit seinen leuchtenden grauen Augen lächelte er auf sie nieder. »Ich werd mich auf die andere Seite des Wagens stellen und ganz bestimmt nicht hingucken, ich versprech’s.«
    Die Vorstellung, in seiner Anwesenheit die Strümpfe auszuziehen, selbst wenn er auf der anderen Wagenseite stand, kam ihr fast zu kühn und, ja, intim vor. Intim. Schon wieder dieses Wort. Den ganzen Tag schon - nein, eigentlich von Anfang an - kam es ihr so vor, als ob er sie in diese Art von Intimität einhüllen würde, ohne jedoch einen sexuellen Vorstoß zu machen. Ständig berührte er sie; er nahm ihren Arm, legte seine Hand an ihren Rücken, hielt sie, stützte sie, und vielleicht hätte sie es ohne diese Gesten, die ihr zeigten, daß sie nicht allein war, auch gar nicht durch diese schwere Zeit geschafft.
    Aber vielleicht bildete sie sich das alles ja bloß ein; vielleicht waren alle Männer hier in den Südstaaten so. Bis auf ihn hatte sie noch keine Südstaatenmänner kennengelernt, denn sie verirrten sich nicht gerade in Scharen nach Columbus, Ohio, also fehlte ihr der Vergleich. Aber falls Detective Marc Chastain typisch für die Männer in den Südstaaten war, dann wußten die Frauen im Rest von Nordamerika gar nicht, was ihnen entging.
    Sie waren beim Auto angekommen, und Marc ging zur Fahrerseite und kehrte ihr wie versprochen den Rücken zu. Die Sonne brannte heiß auf ihre Köpfe, und er schüttelte sein Jackett ab und hielt es in einer Hand, während er auf sie wartete.
    Sein schwarzes Haar glänzte naß vom Regen. Sein weißes Hemd war dünn, und man konnte sehen, wie warm seine Haut war, dort, wo es sich über seine breiten Schultern spannte. Karen blickte ihn über das Wagendach hinweg an, und auf einmal war ihr, als würde ihr der Magen in die Kniekehlen fallen. Eine Sekunde lang stand sie fassungslos, wie gelähmt da, unfähig, den Blick von ihm abzuwenden. Jede Einzelheit, jedes kleinste Detail stand ihr mit einemmal kristallklar vor Augen: seine beeindruckende Größe, die stolze Art, in der er den Kopf hielt, die ordentliche Form seiner Ohren, das schwarze Haar, das sauber im Nacken auslief. Auch heute trug er seine große Pistole am Gürtel, und sie fragte sich, ob er ohne sie überhaupt irgendwohin ging.
    Noch nie zuvor hatte sie einen Mann derart deutlich wahrgenommen, mit all ihren Sinnen, mit dem ganzen Körper. Es nahm ihr fast den Atem.
    »Kann ich mich jetzt umdrehen?« erkundigte er

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