Vor Jahr und Tag
vorhatte anzuhalten.«
Keiner hatte ihn erkannt, aber das war ja auch ein ziemlich großes Krankenhaus, man konnte unmöglich jeden vom Personal kennen. Und da der Parkplatz nicht bewacht war, konnte im Grunde jeder dort parken, ob er nun zum Personal gehörte oder nicht. Eigentlich sollten alle Autos Aufkleber haben, die sie zum Parken auf dem Personalparkplatz berechtigten, andererseits überprüfte das ohnehin nie jemand.
Angela sagte: »Ich stand direkt dort drüben. Für mich sah es aus, als wollte er sie absichtlich überfahren.« Sie stellte keine Spekulationen über die Substanzen an, die der Fahrer möglicherweise im Blutkreislauf gehabt haben könnte, aber ein paar von den anderen kannten keine solchen Skrupel.
Karen wußte es besser. Sobald es ein wenig ruhiger geworden war, wandte sie sich an einen der Polizisten. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Detective Suter benachrichtigen könnten.«
Er warf ihr einen Machen-Sie-sich-nicht-lächerlich-Blick zu, und sie ergänzte: »Das ist heute schon das zweite Mal, daß man versucht hat, mich umzubringen. Ich bin sicher, Sie haben von dem Vorfall heute morgen gehört, als zwei Polizisten einen Einbrecher erschießen mußten. Das war meine Wohnung.«
Der Spaß war ihm schnell vergangen. »Sie glauben, das war Absicht?«
»Ich weiß es. Er hatte es auf uns abgesehen.« Es gelang ihr, mit ruhiger Stimme zu sprechen, doch innerlich bebte sie vor Wut. Dem Fahrer war es egal gewesen, ob Piper dabei ebenfalls verletzt oder gar getötet wurde. Jeder, der mit ihr zusammen war, war offensichtlich ebenso entbehrlich wie sie.
Sie konnte nicht sagen, wann ihr klar geworden war, daß jemand versuchte, sie umzubringen - vielleicht ja, als sie zwischen die beiden Autos hechtete und den Aufprall hinter sich hörte. Aber sie war nicht doof, und paranoid ebensowenig. So unwahrscheinlich es ihr auch vorkam, jemand versuchte, sie umzubringen.
Detective Suter klopfte sich nachdenklich mit seinem Notizblock aufs Knie. Karen saß still da, denn sie hatte alles gesagt, was sie zu sagen hatte. Sie hatte ihm von dem Mord an ihrem Vater erzählt und daß ihr altes Haus abgebrannt war. Wenn man das zu den beiden heutigen Vorfällen hinzurechnete, konnte man wohl nicht umhin, sich ein paar Gedanken zu machen.
Pipers Fußgelenk war geröntgt worden, und man hatte einen Haarriß entdeckt. Es war zwar kein Gips nötig, aber der Fuß wurde fest einbandagiert, und sie durfte eine Woche lang nicht damit laufen. Karens Schürfwunden waren gereinigt und verbunden worden, aber sie durfte gehen, wenn sie wollte. Die Frage war bloß, wohin?
»Mrs. Whitlaw«, sagte Detective Suter langsam und wählte seine Worte sorgfältig, wie einer, der sein Gegenüber nicht beleidigen will. »Sie haben einen ziemlich harten Tag hinter sich. Es ist verständlich, daß Sie nach allem, was Sie durchgestanden haben, den Eindruck gewinnen, man hätte sich gegen Sie verschworen. Das mit Ihrem Vater tut mir auch sehr leid, aber Sie sagten, er hätte auf der Straße gelebt, und da passieren solche Dinge nun mal. Was nun den Hausbrand betrifft -« Sein Gesicht nahm einen hilflosen Ausdruck an. »Woher wollen Sie wissen, daß das etwas mit den anderen Dingen zu tun hat?«
»Ich hab im Telefonbuch nachgesehen«, entgegnete sie. »Die neuen kommen nicht vor Dezember raus. Ich stehe dort immer noch unter meiner alten Adresse, dem abgebrannten Haus also.«
»Trotzdem -«
Karen beugte sich vor. »Irgendjemand wußte, daß ich heute nachmittag noch im Krankenhaus war, daß ich mit Piper nach Hause gehen würde. Warum hätte er sonst auf dem Parkplatz sein sollen? Ich arbeite in der Nachtschicht; normalerweise wäre ich um diese Tageszeit nicht hier. Sie wußten, daß ich mit Piper gehen würde, weil Sie da waren, als sie mich fragte. Wer wußte sonst noch davon?«
Die Miene des Detectives nahm einen harten, undurchdringlichen Ausdruck an. Langsam sagte er: »Ich verstehe, was Sie meinen. Da muß ich wohl froh sein, daß Sie mich nicht auch noch verdächtigen.«
Sie vertraute ihm nicht vollkommen, aber sie sagte es nicht. Sie hielt ihn für einen ehrlichen, aufrechten Polizeibeamten, deshalb hatte sie ja auch nach ihm gefragt, aber zum jetzigen Zeitpunkt nahm sie gar nichts unbesehen hin.
»Es war kein Geheimnis«, meinte er langsam. »Ein paar Leute haben sich bei mir nach Ihnen erkundigt, und ich habe ihnen gesagt, daß es Ihnen gutginge und Sie mit einer anderen Krankenschwester nach Hause gehen würden, sobald
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