Vor Playboys wird gewarnt
fragte sie deshalb kurz angebunden und hoffte, nicht noch mehr Gefühle für ihn zu entwickeln.
Sekundenlang blickte Valentino sie durchdringend an. Dann zuckte er die Schultern. „Angelas Mutter und meine wohnten im selben Haus. Wir sind wie Geschwister aufgewachsen. Ich habe manchmal auf sie aufgepasst und sie sehr gern gehabt. Als mein Vater plötzlich auftauchte und mich mit nach Australien nahm, waren wir schockiert. Wir haben uns regelmäßig geschrieben, aber erst vor kurzem habe ich sie wieder gesehen. Ich hatte viel gehört über die berühmte brasilianische Tänzerin Flame und wollte versuchen, sie zu überreden, nach Australien zu kommen. Sie können sich wahrscheinlich nicht vorstellen, wie verblüfft ich war, zu erfahren, dass Flame und Angela ein und dieselbe Person sind."
„Wie alt ist sie jetzt?" fragte Lucille.
„Fünfundzwanzig."
„Dann ist sie kein Kind mehr, Valentino."
„Nein, aber sie ist viel jünger als mein Vater. Ich habe ge glaubt, sie sei in unserem Haus sicher. Doch ich habe mich ge täuscht. Verdammt, ich könnte diesen miesen Kerl umbringen. Sobald die Show beendet ist, gehe ich nach Übersee. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben."
„Warum brechen Sie nicht jetzt schon den Kontakt ab, wenn Sie ihn so sehr hassen?"
„Ich habe versprochen, die Show zu produzieren, und möchte die Leute nicht im Stich lassen."
„Geht es Ihnen wirklich um die Leute, Valent ino? Oder nicht doch nur um Angela?"
„Es sind viele Tänzer daran beteiligt. Aber es stimmt, Angelas Schicksal ist mir wichtiger als das der anderen. Wenn ich sie weiterhin sehe, kann ich sie vielleicht dazu bringen, sich von meinem Vater zu trennen."
Lucille glaubte ihm, dass die junge Frau nicht seine Freundin gewesen war.
Aber er interessierte sich sicher für sie. Jeder Mann wäre hingerissen von ihrer Schönheit. Offenbar hatte Valentino den Gedanken noch nicht aufgegeben, sie für sich zu gewinnen. Das würde auch erklären, warum er so ein großes Apartment ganz in der Nähe des Kasinos gesucht hatte. Er brauchte ein Liebesnest, wohin er Angela zwischen den Proben mitnehmen konnte.
„Ich verstehe", sagte sie ironisch.
Valentino kniff die Augen zusammen. „Nein, das tun Sie nicht, Lucille. Aber ich habe verstanden." Seine Miene wurde verschlossen und sein Blick kühl.
„Unter den Umständen ist es sinnlos, diese Unterhaltung fortzusetzen. Und ich brauche auch nicht mehr zu versuchen, Sie davon zu überzeugen, dass ich ganz anders bin, als Sie vermuten. Eine meiner Lebensregeln lautet, mich nie dort aufzuhalten, wo ich unerwünscht bin. Deshalb habe ich das Haus meines Vaters verlassen. Ich bestelle jetzt den Wein und möchte mich auf das Essen konzentrieren."
6. KAPITEL
Danach war die Atmosphäre angespannt. Lucille trank den Wein, den Valentino bestellt hatte, und sie aß das, was sie ausgewählt hatte. Doch genauso gut hätte sie ein Stück Pappe essen können.
Es kam keine vernünftige Unterhaltung mehr zu Stande. Sie redeten über allgemeine Themen und das Wetter.
„Es hat in der letzten Zeit viel geregnet, stimmt's?"
„Meinen Sie, es könnte ein Hinweis auf die globale Erwärmung sein?"
„Wahrscheinlich, aber was können wir schon dagegen tun?"
„Beispielsweise Aktien von Regenschirmherstellern kaufen."
Als man ihnen schließlich das Dessert servierte, wünschte Lucille sich ganz weit weg. Valentino blickte sie nicht mehr bewundernd an, sondern regelrecht gelangweilt. Emotional und mental hatte er sich ganz zurückgezogen und kein Interesse mehr an einem Gespräch mit ihr.
„Möchten Sie noch einen Tee oder Kaffee?" fragte er gleichgültig, als der Ober zögerte und am Tisch stehen blieb.
„Nein, danke. So kurz vor dem Zubettgehen trinke ich nichts mehr", lehnte sie steif ab, denn sie wollte den Abend nicht unnötig verlängern.
„Vielleicht etwas anderes?" bot er höflich an. „Einen Likör oder Cognac?"
„Nein, danke."
„Okay. Dann hätte ich gern die Rechnung", wandte er sich an den Ober.
Fünf Minuten später fuhren sie im Taxi zurück.
„Sie brauchen sich morgen nicht um die Lebensmittelbestellung zu kümmern, das erledige ich selbst", erklärte er kühl, als sie in die Straße einbogen, in der sie wohnte.
Lucille fühlte sich noch unglücklicher, wenn das überhaupt möglich war.
„Und was soll ich Erica sagen?"
„Was Sie wollen."
Plötzlich konnte sie die eisige Kälte, mit der er sie behandelte, nicht mehr ertragen. Oder war es eher seine Gleichgültigkeit?
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