Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)
Hocke und fing an, die Spiralen und Rippen in dem dicken, geschnitzten Tannenholz abzutasten. Er hatte keine Ahnung, ob er nah dran war oder weit weg von seinem Ziel.
Aber irgendwo musste er ja anfangen.
6. KAPITEL
Vielleicht – und ich sage nur, vielleicht – ist Cade doch nicht durch und durch ein Mistkerl.
A uf ihr schwarzes Kleid deutend, stürmte Jane in Miss Agnes’ Schlafzimmer, in dem Ava und Poppy geschminkt und frisiert wurden. „Ich begreife nicht, warum ich das hier nicht anziehen kann.“
Ava beobachtete von ihrem Sessel aus, in dem sie mit einem voluminösen silbernen Umhang um die Schultern saß, wie Jane durch den Raum marschierte. Sie trat an den Kleiderschrank und schaute alle Kleider durch, die sie von zu Hause mitgebracht hatte. Schließlich wählte die genervte Brünette eines aus und riss es mitsamt dem Kleiderbügel von der Stange, um es, auf Armeslänge vor sich haltend, zu begutachten.
Ava grinste. Die Nervosität machte sich bei jedem anders bemerkbar. In ihrem Fall blieb es bei dem flauen Gefühl im Magen, denn sie war fest davon überzeugt, dass sie in dem Dokumentarfilm über Miss Agnes pummelig und dumm wirken würde. „Ich habe dich gewarnt, bloß nichts Schwarzes mitzubringen, Janie“, erinnerte Ava ihre Freundin in beschwichtigendem Ton.
„Was drei Viertel ihrer gesamten Garderobe ausschließt“, bemerkte Poppy trocken und deutete auf Janes aktuelle Wahl.
Jane warf der blonden Freundin einen mürrischen Blick zu und hängte das Kleid wieder zurück.
Ava sagte zu Poppy, die wahrscheinlich kein bisschen unter Lampenfieber litt: „Tut mir leid, ich hätte euch den Grund für die Kein-Schwarz-Regel erläutern sollen. Die setzen uns nämlich in das Arrangement aus Sofa und Sesseln mit den schwarzgoldenen Bezügen, die du immer so mochtest. In dunkler Kleidung heben wir uns nicht genug vom Hintergrund ab.“
Jane machte ein Na-in- dem -Fall-Gesicht, und da Ava sie nur zu gut kannte, fügte sie rasch hinzu: „Auch kein Weiß oder Beige, Schätzchen. Man hat mir gesagt, dass diese Farben uns zublass aussehen lassen.“
„Mist“, murmelte Jane.
„Ich verstehe das nicht“, meinte Ava verblüfft. „Du kennst solche Probleme doch. Es ist genau das, was du in deine Überlegungen bei Ausstellungen im Metropolitan Museum einbeziehen musst. Warum machst du dann so einen Aufstand?“
Jane murmelte erneut etwas, diesmal blieb es unverständlich.
„Lauter bitte. Das habe ich nicht verstanden.“
„Ich fühle mich einfach wohler in Schwarz“, sagte Jane deutlich artikuliert.
„Dabei siehst du in bunten Sachen so toll aus. Aber klar, das mit dem Wohlfühlen verstehe ich vollkommen.“ Janes Eltern waren exzentrische Schauspieler, und die Neigung ihrer Mutter zu grellen Farben hatte schon vor langer Zeit dazu geführt, dass Jane deutlich mehr zum anderen Ende des Spektrums tendierte. Erst seit sie in Devlin verliebt war – besonders seit sie ihn geheiratet hatte –, schlich sich wieder ein wenig Farbe in ihre Garderobe.
„Probier das salbeigrüne Kleid, das Dev dir geschenkt hat“, schlug Poppy vor. „Oder, noch besser, nimm das saphirblaue, das so gut zu deinen hellblauen Augen passt. Sieh dir nur an, wie gut Ava mit Grün ihre Augen zur Geltung bringt.“ Ein ironisches Lächeln hob ihre Mundwinkel. „Oder erinnere dich, sollte ich wohl eher sagen, da Molly sie ja von oben bis unten eingepackt hat.“
„Wir wollen doch kein Puder auf ihrem wunderschönen Kleid haben“, sagte Molly, während sie mit feinen, kreisenden Strichen Make-up auf Avas Gesicht auftrug. „Aber Sie haben recht. Grün steht ihr fantastisch, und ich bin dabei, ihre Augenfarbe noch stärker hervorzuheben.“ Sie legte den Rougepinsel aus der Hand, wählte einen Lidschattenpinsel und einen dezenten lavendelfarbenen Lidschatten.
„Schließen Sie bitte die Augen“, sagte Molly, und kaum hatten sich Avas Lider herabgesenkt, trug die Maskenbildnerin geschickt die Farbe vom Wimpernansatz bis oberhalb der Lidfaltedes rechten Auges auf. Diesen Vorgang wiederholte sie beim linken Augenlid.
Als das leise Klappern Ava verriet, dass Molly die Pinsel wechselte, blinzelte sie mit einem Auge. Auf dem nächsten Lidschattenpinsel schimmerte ein sehr blasses Pink. Die Maskenbildnerin trug diese Farbe mit dem weichen Pinsel unterhalb ihrer Brauen auf.
Poppys und Avas Blicke begegneten sich, während Molly den Lavendelfarbton gegen einen dunkleren, pflaumenfarbenen Ton eintauschte und noch einen
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