Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)
gewandt erklärte sie: „Der Apfel ist nicht weit vom Stamm gefallen, was deine Kochkünste betrifft – dein Bœuf Stroganoff ist genauso klasse wie das deiner Mutter.“ Sie bemerkte, dass Jason seine Jacke aus dem Schrank nahm und sie anzog.
„Sag lieber, dass du zu einem Einsatz musst“, warnte sie ihn und musterte den großen Mann mit den dunklen Augen. Janie und sie hatten ihm den Spitznamen „Detective Sheik“ gegeben, denn er besaß genau jene faszinierende Ausstrahlung wie der Mann, den die drei Freundinnen früher für ihre aufregenden Fantasien erfunden hatten.
„Ich bringe dich zum Wagen“, sagte er mit einer autoritären Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Wahrscheinlich setzte er diese Stimme ein, wenn er Diebe und Kriminelle verhörte. „Finde dich damit ab.“ Er nahm ihr die Fotoalben aus der Hand.
Ava kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass Protest keinen Sinn hatte. Der Mann war darauf programmiert zu beschützen und absolut unnachgiebig, sobald er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Abgesehen davon hatte sie sich in der Frage, ob er sie zum Wagen bringen sollte oder nicht, noch nie gegen ihn durchsetzen können. Da sie wusste, dass es ihn wahnsinnig machte, stieß sie stattdessen nur einen dramatischen Seufzer aus. „Du bist wirklich durch und durch ein Cop.“
Er sah sie nur perplex an. „Äh, ja klar.“
Poppy lachte, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihrem Mann einen Kuss auf die Wange. Als sie wieder auf ihren Absätzenstand, sagte sie grinsend zu Ava: „Wenn du glaubst, ihn damit treffen zu können, hast du dich getäuscht. Jason ist mit Leib und Seele Polizist.“
Jason fuhr mit den Fingerspitzen zärtlich über Schläfe und Wange seiner Frau. „Aber mein Herz gehört nur dir allein.“
„Oh.“ Poppy errötete, was selten genug bei ihr vorkam. „Gute Antwort.“
Jasons Zärtlichkeit und die Art, wie er seine Frau ansah, machten Ava sprachlos. Plötzlich fühlte sie sich unendlich einsam. Trotzdem zwang sie sich zu einem Lächeln und verdrängte dieses Gefühl. Sie gab ihrer Freundin einen Kuss und erlaubte deren Mann, sie zu ihrem Wagen zu begleiten.
Doch auf dem Heimweg hörte sie schließlich auf, sich weiterhin etwas vorzumachen. Natürlich freute sie sich für Poppy und Jane. Beide Freundinnen waren glücklich, und das gönnte sie ihnen von ganzem Herzen. Trotzdem erwachte der Neid, sobald sie mit ihnen zusammen war. Sie konnte nichts dagegen tun. Die beiden hatten zwei so gute Männer bekommen, die sie bedingungslos liebten. Ava dagegen hatte, nun ja, nichts. Es war eine Ewigkeit her, dass sie überhaupt ein Date mit einem Mann gehabt hatte.
Das könnte sie allerdings leicht ändern, schließlich wurde sie regelmäßig eingeladen. Nur hatte sie einfach zu viel zu tun und deshalb diesen Aspekt ihres Lebens vernachlässigt. Und dass sie nichts hatte in ihrem Leben, das war auch ein wenig melodramatisch formuliert.
Sie hatte ihre Freundinnen, und es war nicht unbedeutend, dass sich dieser kleine Freundeskreis um zwei großartige Männer erweitert hatte. Außerdem liebte sie ihr Zuhause schrecklich. Gut, das war vielleicht nicht das beste Beispiel, da sie momentan darum kämpfte, es zu behalten. Auf der Suche nach etwas anderem, das sie aus ihrer pessimistischen Einschätzung herausholte, stieß sie auf das Naheliegende – ihren Job.
Kaum hatte sie daran gedacht, musste sie auch schon lachen. „O ja, mein Job“, prustete sie los.
Ihre Arbeit für den Kerl, der aufgrund einer Wette mit ihr geschlafen hatte.
„Shit.“ Vor dreizehn Jahren hätte sie sich in einer solch düsteren Stimmung ganz einfach mit einem Riesenbecher Eis getröstet.
Sie setzte sich etwas aufrechter, während sie die Ausfahrt Harbor Avenue von der West Seattle Bridge nahm. Dann bog sie ab Richtung Duwamish Head. Sie war nicht mehr auf der Highschool, und der Anfall von Selbstmitleid würde bald wieder verfliegen. Sie liebte ihren Job wirklich. Und irgendwie würde sie es auch schaffen, ihre Eigentumswohnung zu behalten. Gleich war sie zu Hause. Noch ein paar Minuten, dann konnte sie in ihren Pyjama schlüpfen, sich ein Skinny-Cow-Eiscreme-Sandwich gönnen – oder es richtig krachen lassen: mit einem Becher Kakao. Dazu würde sie sich ein paar Kerzen anzünden, den Kamin anmachen und Entspannungsmusik auflegen.
Morgen früh würde sie sich wahrscheinlich fragen, was eigentlich mit ihr los gewesen war.
In diesem Augenblick jedoch fühlte sie sich so schrecklich einsam,
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