Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
Drogerie stahl, in der sie arbeitete.
Zuerst weigere ich mich, hinzusehen, aber sie nennt mich prüde. Um ihr das Gegenteil zu beweisen, nehme ich das Heft mit nach Hause, um es dort durchzublättern. Ich sehe es mir eine Stunde lang an, und dann verstecke ich es unterm Bett. Als ich es ihr zurückgebe, nennt mich Candace wieder prüde, weil ich mich weigere, ihr mein
Lieblingsfoto
zu zeigen.
»Irgendwie schon«, gab ich zur Antwort.
Warum ich nicht einfach log und Candace irgendein Foto zeigte, wusste ich nicht. Vielleicht fehlte mir das Vertrauen, ihr etwas vorzumachen, und ich hatte Angst, ein
falsches
auszusuchen. Damals hielt ich mich für ziemlich abartig – nicht weil ich mir muskulöse Männer mitsamt ihrer Anhängsel ansah, sondern weil sie mich gar nicht anmachten. Ich fand die Pinups von Typen wie Sting oder Jon Bon Jovi ohne Hemd und in engen Lederhosen viel anziehender und provokativer. Je weniger ich sah, desto besser. Und das hatte sich fünfzehn Jahre lang gehalten.
Nachdem ich die Modelle eingehend betrachtet und mich mit den Kohlestiften abgemüht hatte, war Devin mit der Interpretation verschiedener Artikel dran. Wir waren nach der Lektüre von Peter Elbow nun bei Donald Bartholomae und Kenneth Burke angelangt, die die These vertraten, dass alles Schreiben auf früheren Texten und sozialen Einflüssen basiere. Insofern seien Schreiben, Lesen und Unterrichten soziale Handlungen.
»Diese Argumentation würde dann auch für Kunst gelten«, meinte Devin. Ich widersprach ihm nicht.
Wir übten freies Schreiben und sprachen über die Lektionen, die wir in der Schule gelernt hatten (im Klassenzimmerund außerhalb), über Familienmottos und regionale Dialekte mit ihren unterschiedlichen Worten für dieselben Sachen, und wir sahen uns Sprache und Stil als Produkt dieser Faktoren näher an.
»Mit anderen Worten«, sagte Devin, »treten wir nicht nur mit unserer eigenen Interpretation an den Text heran, sondern auch mit unserer Erziehung, Religion, politischen Haltung und so weiter.«
»Weißt du, du wärst ein guter Schreiblehrer, Devin. Du verstehst diesen Kram wirklich.«
»Er sah mich mit einem bescheidenen Lächeln an. »Wirklich?« Mein Kompliment schien ihn zu freuen.
Ich erwiderte sein Lächeln, sah aber schüchtern zur Seite.
Zwei Tage später rief Devin mich morgens bei mir zu Hause an. Ich hatte gerade geduscht und sprintete zum Telefon, bevor der Anrufbeantworter ansprang. Mit einer Hand hielt ich das Handtuch fest, mit der anderen nahm ich den Hörer ab und sagte atemlos: »Hallo?«
»Hey«, sagte er. »Ich bin’s.« Als würden wir uns seit Jahrzehnten kennen.
»Hi.« Mir fiel das Herz in die Hose. »Was gibt’s?«
»Nix weiter.«
Eine peinliche Stille entstand.
»Rufst du wegen deiner Hausaufgaben an?«, fragte ich ihn. Von meinen Haaren tropfte Wasser auf das Telefon und auf den Teppich.
»Äh, nein, nicht direkt.« Er machte noch eine Pause. »Ich habe mich nur gerade gefragt, ob du heute Nachmittag schon was vorhast, sagen wir so gegen drei?«
Die Frage verblüffte mich.
»Nein, ich glaub nicht. Warum?«
»In Soho gibt es eine Galerie«, sagte er, »die eine Ausstellung von einem neuen Künstler hier aus der Stadt zeigt. Ich dachte mir, du hättest vielleicht Lust, sie mit mir anzusehen.« Er klang nervös.
»Mit dir?« Ich kam mir idiotisch vor, als ich das sagte.
»Ja.«
Zusammen?
»Hm, ja, okay.«, sagte ich.
»Kommst du zu mir?«, schlug Devin vor.
Eine Verabredung? War das nicht ein Verstoß gegen unseren Vertrag?
»Okay.«
»Bis später«, sagte er.
»Okay.«
Ich legte das Telefon mit zitternder Hand und klopfendem Herzen auf. Was zum Teufel ging hier vor? Warum hatte ich ihn nicht an den Vertrag erinnert? Vor allem, da er derjenige war, der ihn gebrochen hatte – Mr Verlieb-dich-bloß-nicht-in-mich, Mr Rund-um-die-Uhr-Geschäftsmann, Mr Keine-privaten-Verabredungen. Sollte ich ihn zurückrufen und ihm das sagen? Sollte ich absagen? Sollte ich einfach nicht hingehen? Aber was sollte ich anziehen?
Ich klingelte um Viertel vor drei in einem Bleistiftrock aus Leinen und einer weißen Baumwollbluse bei ihm. Ich fand das lässig, es sah nicht so sehr nach einem Rendezvous aus. Er trug Jeans und ein T-Shirt. Großer Gott, er war umwerfend, vor allem in Jeans und T-Shirt. Sein Gesicht hellte sich auf, als er mich sah.
»Du siehst gut aus.«
Ich versuchte vergeblich, ein Lächeln zu verbergen.
»Warum machst du das?«
»Warum mache ich was?«
»Dich
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