Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
an.
»Warum sollte ich es ihm sagen?«
»Weil es für ihn einiges verändern könnte. Vielleicht gibt er dann zu, wie viel er für dich übrighat.«
»Vergiss es, Mags. Wenn er bis jetzt noch nichts gesagt hat, warum sollte er es dann je tun?«
»Und weiß Sam von Devin?«
Ich sah sie an, um ihr zu bedeuten:
Hör auf, mir solche Fragen zu stellen.
»Ich mag Sam«, sagte sie, als wäre sie um ihre Meinung gebeten worden. »Er sieht so süß aus. Und es ist offensichtlich, wie sehr er dich mag. Devin, auf der anderen Seite, ist wiederum so …«
»Ich weiß«, sagte ich. Wieder spürte ich die Schmetterlinge, wie immer, wenn ich an ihn dachte.
Wie sollte ich ihm erzählen, dass ich wegzog? Wie sollte ich von ihm weggehen? Wollte ich das überhaupt?
Meine Mutter und ich saßen in unserem Stammrestaurant, und wie immer hatte sie das Jackett über die bloßen Schultern gelegt.
»Alsooo, Mom. Ich muss dir was erzählen.«
»Bist du mit jemandem zusammen?«
Ich runzelte die Stirn, ich ärgerte mich jetzt schon. »Nein … na ja, ja, aber das ist es nicht. Ich habe eine Stelle als Leiterin des Fachbereichs Kreatives Schreiben an der Universität von Northampton in Massachusetts. Einen Lehrstuhl, einen unbefristeten Vertrag und ein gutes Gehalt. Ich ziehe nächsten Monat um.«
»Du bist doch gerade erst von da hergekommen.«
»Mom, ich bin schon seit zwei Jahren hier.«
»Oh, entschuldige bitte. Mir war nicht klar, dass das ein ganzes Leben ist.«
»Warum machst du so ein Fass auf?«
»Sich so herumtreiben zu lassen, sieht in einem Lebenslauf nicht gut aus, Andi.«
»Wer lässt sich herumtreiben? Ich habe drei Jahre für meinen Doktor gebraucht, dann war ich ein Jahr in Teilzeit angestellt, und danach hatte ich eine befristete Vollzeitstelle. Außerdem habe ich drei Artikel veröffentlicht, jedes Jahr seit dem Uniabschluss Vorträge bei Konferenzen gehalten und ein Lehrbuch geschrieben, das jetzt in diesen Tagen erscheint. Und nun erzähl mir mal, was du mit
Herumtreiben
gemeint hast.«
Sie war unbeeindruckt. »Hast du es deinen Brüdern schon gesagt?«
»Ich habe sie gestern Abend angerufen.«
»Sie gehen wieder auf Tournee, glaube ich, und deswegen weiß ich nicht, ob sie dir bei dem Umzug helfen können.«
»Das kriege ich schon hin«, sagte ich. Ich würde entweder Devin oder Sam anhauen – und mir schoss ein Bild durch den Kopf, wie sie beide aufkreuzten und sich meinetwegen duellierten.
Sie stocherte in ihrem Salat herum.
»Und mit wem bist du zusammen?«
»Er heißt Sam, und er ist auch Schreibprofessor.«
»An der Uni in Brooklyn?«
»Nein, er ist in Massachusetts, nicht weit von der Uni entfernt, an der ich unterrichten werde.«
»Also gehst du seinetwegen?«
Mir reichte es langsam. »Mom, glaub mir doch einfach. Ich ziehe wegen des
Jobs
um. Sam ist eine angenehme Überraschung, aber eine zufällige.«
»Wie lange kennst du ihn denn schon?«
»Seit Januar.«
»Ihr habt eine Fernbeziehung?«
»Ja, mehr oder weniger.«
Sie machte eine Pause. »Na, dann gute Reise. Wenn es dir nur gut geht.«
Und das war‘s. Kein tränenreicher Zusammenbruch wie mit Maggie. Auf der anderen Seite hatte sie auch nicht geweint, als ich das erste Mal weggezogen war oder als meine Brüder auszogen. Vielleicht weinte sie, wenn wir nicht da waren. Ich hätte natürlich gerne gesehen, dass sie irgendwelche Gefühle zeigte. Dass ich ihr irgendetwas bedeutete, dass ich nicht einfach nur irgendeine Bekanntschaft war, die durch ihr Leben zog. Zur Hölle, nur dieses eine Mal wollte ich, dass sie
stolz
auf mich war. Aber ich hatte gelernt, nicht mehr darauf zu warten.
Mags, Mom, meine Brüder … abgehakt. Sam wusste natürlich Bescheid – er war der Erste, dem ich es gesagt hatte. Er war in ein lautes
Yeee-ha!
ausgebrochen wie ein Cowboy.
Das hieß, es blieb nur noch einer übrig.
Nachdem wir zwei Wochen versucht hatten, uns ans Telefon zu kriegen, trafen Devin und ich uns schließlich an einem Spätnachmittag bei
Junior’s
. Witzigerweise saßen wir am selben Tisch wie bei unserem ersten Besuch, an dem Tag, an dem ich ihm die Vereinbarung vorgeschlagen hatte. Es kam mir wie gestern vor und wie vor einem ganzen Leben. Aber unsere langen Unterhaltungen hatten sich auf einsilbigen Small Talk reduziert. Jede Äußerung war eine Anstrengung; es war, als wäre eine Wand zwischen uns, und wir benötigten all unsere Kraft, um sie zu überwinden.
»Du bist so ungewöhnlich still«, bemerkte er.
Der
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