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Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)

Titel: Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisa Lorello
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stämmiger Mann, der Bier und Boxen Bach und Botticelli vorzog. Außer einer Autozeitschrift, dem Sportteil der
Newsday
und ab und an einem Handelsmagazin las er wenig, auch wenn er Geschichten aus dem Zweiten Weltkrieg liebte …
    Devins Leidenschaft für Kunst, Musik und Filme bezeichnete er als »Schwuchtelkram«. Als Devin in Parsons angenommen wurde und sich nur die Uni Binghamton leisten konnte, grollte er. Er war enttäuscht, als Devin sich im Hauptfach für Kunstgeschichte einschrieb. (»Du kannst von Glück reden, wenn du damit einen Job als Führer bekommst«, hatte ihm sein Vater einmal an den Kopf geworfen. Woraufhin Devin ihm gesagt hatte, dass die Führer noch nicht einmal bezahlt wurden …) Um ihn zu besänftigen, studierte Devin dann doch Wirtschaft im Hauptfach und Kunstgeschichte im Nebenfach. Aber als er in die Stadt zog und mit Christian das Callboy-Geschäft aufzog, sprach sein Vater praktisch nicht mehr mit ihm. Dass sein Sohn ein Händchen fürs Geschäft, für Werbung und Verkauf hatte, beeindruckte ihn nicht.
    »Ich habe versucht, dich zu einem Mann zu erziehen, der anständig ist und sich selbst respektiert«,
hatte sein Vater einmal zu ihm gesagt.
»Mir wäre es lieber gewesen, wenn du Toiletten sauber machenwürdest, als so ein Weichei zu sein, der schicke Anzüge trägt und mit irgendwelchen Tussis, die zu dumm oder zu hässlich sind, um es umsonst zu bekommen, in schicke Restaurants geht.«
    Die Sache war die, dass Devins Vater ihn nicht respektierte. Ich fragte mich, ob Devin Callboy geworden war, um seinem Vater zu beweisen, dass er ein Mann war.
    Er machte große Augen, als er mich kommen sah, kurz bevor der Gottesdienst begann.
    »Was machst du denn hier?«, fragte er mich.
    »Ich musste es Christian förmlich aus der Nase ziehen, dem alten Rabenaas.«
    »Und woher wusstest du, wohin du kommen musstest?«
    »Ich hab in den Todesanzeigen unter
Santino
nachgesehen, und außerdem ist mir eingefallen, dass du mir gesagt hast, dass du aus Massapequa bist.«
    Er sah mich reumütig an.
    »Es tut mir so leid, dass ich dich nicht zurückrufen habe«, sagte er.
    Ich lächelte ihn aufmunternd an und nahm ihn in den Arm. »Du hattest wichtigere Dinge zu tun.«
    Er drückte mich und seufzte.
    »Es tut mir so leid für dich, Dev«, flüsterte ich ihm ins Ohr.
    Während der Begräbnisfeier saß ich nicht neben ihm, aber wir sahen uns ein paarmal an, und ich lächelte ihm liebevoll zu. Ich spürte eine merkwürdige Wärme, eher wie bei einer Hochzeit als bei einem Begräbnis. Ich hatte diese Seite an ihm noch nie gesehen. Äußerlich sah er so reserviert aus; er trug nicht seinen üblichen Anzug von Versace, sondern eine schwarze Hose, ein feines weißes Hemd ohne Krawatte und das Sportjackett von Helmut Lang, das er getragen hatte, als er in der
Heartland Brewery
mit Della Mason aufgetaucht war. Nicht der Charmeur,der Mann, der wusste, wie man mit Frauen umging, damit sie sich besonders und geborgen fühlten. Er sah eher so aus, als drehte sich das Karussell in seinem Kopf, als kämpfte er darum, Haltung zu bewahren. Er sah
verletzlich
aus.
    Nach der Beerdigung lud er mich ins Haus seiner Eltern ein und fuhr mit mir im Auto dorthin. Lange Zeit sagten wir nichts. Als wir vom Sunrise Highway abbogen, sagte er: »Er hatte Krebs.«
    Das hatte ich vermutet. Ich sah auf die Straße und folgte den anderen Limousinen.
    »Wann hat es angefangen?«
    »Vor einem Jahr. Da haben sie ihm gesagt, dass er noch sechs Monate hat.«
    »Was für ein Krebs war es?«
    »Er fing in der Bauchspeicheldrüse an«, antwortete er. »Und ging dann auf die Lunge über. Er hat zwei Packungen am Tag geraucht, bevor er es vor fünfzehn Jahren aufgegeben hat.«
    »Wusstest du, dass er Krebs hat?«
    »Meine Mutter hat es mir gesagt, als er die Diagnose bekommen hat. In den letzten beiden Monaten ging es ihm schlecht – er musste immer wieder ins Krankenhaus –, deswegen haben wir uns auch so selten gesehen. Als ich den Anruf bei
Junior’s
bekommen habe, war er am Ende. Er ist zwei Tage später gestorben.«
    »Konntest du dich noch von ihm verabschieden?«
    Er antwortete mir nicht. Wir bogen in eine lange, schmale Einfahrt, die zu einem hellbraunen Haus im Kolonialstil führte.
    Drinnen stellte Devin mich seiner Familie vor; seine Mutter und seine beiden Schwestern begrüßten mich warm. Ich hatte erwartet, dass sie sich fragen würden:
Ist das auch eine von
denen? Das Wohnzimmer und die Küche waren voller Freunde und

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