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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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das denn?«, fragte er. Er hatte die Schwachstelle in meinen Worten sofort erkannt. »Wo sich doch Dr. Darby unten in eurer Halle aufhielt?«
    »Dr. Darby ist mit Dieter im Schlitten gekommen. Bei seiner Ankunft habe ich gesehen, dass er seine Arzttasche nicht dabeihatte. Außerdem war er todmüde. Er ist sogar während der Aufführung eingedöst.«
    »Und was noch?«, fragte der Inspektor mit hochgezogener Augenbraue.
    »Und … außerdem hatte ich Angst. Ich wusste, dass Dogger wahrscheinlich als Einziger im ganzen Haus noch wach war, weil er nämlich manchmal nicht so gut schläft. Und ich wollte einfach jemanden holen, der … tut mir leid. Ich habe wohl einfach nicht richtig nachgedacht.«
    Das war eine Lüge, aber eine verdammt gute. Denn in Wahrheit hatte ich sehr wohl über das nachgedacht, was ich tat, und zwar gründlich.
    Ich ließ meine Unterlippe ein bisschen zittern.
    »Es war nicht schwer zu erkennen, dass Miss Wyvern mausetot war. Es ging nicht mehr darum, sie womöglich noch zu retten.«
    »Trotzdem hast du deine Gedanken so weit beisammengehabt, dass dir aufgefallen ist, dass sich an einer Stelle etwas Make-up befand, wo eigentlich kein Make-up sein sollte.«
    »Mir fällt so was einfach auf, dafür kann ich nichts.«
    Ich überlegte kurz, ob ich ein »Bitte schlagen Sie mich nicht« hinzufügen sollte, aber ich hatte den Bogen auch so schon überspannt.
    »Aha«, sagte der Inspektor. »Sehr freundlich von dir, uns darauf hinzuweisen.«
    Ich bedachte ihn mit einem gewinnenden Lächeln und trat anmutig ab.
     
    Ich marschierte schnurstracks in den Salon, weil ich es nicht mehr aushielt, Feely und Daffy die Neuigkeiten vorzuenthalten. Beide steckten die Nasen in zerlesene Ausgaben von Hinter den Kulissen .
    »Sag nichts!«, kam mir Daffy zuvor und hob die Hand, als ich gerade den Mund aufmachte. »Wir wissen schon alles. Phyllis Wyvern ist im Blauen Zimmer ermordet worden, und die Polizei ist bereits am Tatort.«
    »Woher …?«
    »Wahrscheinlich dürften wir gar nicht mit dir reden – wo du doch die Hauptverdächtige bist!«, sagte Feely.
    »Ich?«, fragte ich entgeistert. »Wie kommt ihr denn auf diese dämliche Idee?«
    »Ich habe dich gesehen«, gab Feely zurück. »Diese Frau und ihr infernalischer Filmprojektor haben Daffy und mich stundenlang am Schlafen gehindert. Als ich mich gerade aufraffen wollte, ihr gehörig die Meinung zu sagen – was glaubst du wohl, wen ich da aus dem Blauen Zimmer herausschleichen sah?«
    Warum fühlte ich mich plötzlich so schuldig?
    »Ich bin nicht geschlichen«, sagte ich. »Ich habe Hilfe geholt.«
    »Es mag auf der Welt eine Handvoll Menschen geben, die dir glauben würden. Ich gehöre jedenfalls nicht dazu«, sagte Feely.
    »Das kannst du deinem Friseur erzählen«, ergänzte Daffy.
    »Ach, übrigens – ich helfe der Polizei bei ihren Ermittlungen«, verkündete ich triumphierend.
    »Quatsch mit Soße!«, rief Daffy. »Feely und ich haben mit Sergeant Graves gesprochen. Er hat sich gewundert, dass er dich noch nicht gesehen hat.«
    Kaum war der Name des Sergeants gefallen, trat Feely auch schon vor den Spiegel und zupfte an ihrer Frisur herum, während sie den Kopf hin und her drehte. Zwar stand der Sergeant auf der Liste ihrer Verehrer nicht ganz oben, aber sie hatte ihn auch noch nicht davon gestrichen, so meine geheime Hoffnung.
    »Sergeant Graves? Ist der auch hier? Ich habe ihn noch gar nicht gesehen.«
    »Das liegt daran, dass er nicht gesehen werden will«, sagte Daffy. »Du wirst ihn spätestens dann zu Gesicht kriegen, wenn er dir Manschetten anlegt.«
    Manschetten? Daffy hatte bei Philip Odell offensichtlich besser aufgepasst, als sie zugegeben hätte.
    »Was ist mit Sergeant Woolmer?«, fragte ich.
    »Der ist natürlich auch mitgekommen«, antwortete Feely. »Dieter hat den Weg freigeschaufelt.«
    »Dieter? Ist er schon wieder zurück?«
    »Er überlegt sich, ob er nicht eine Laufbahn als Polizeiinspektor einschlagen soll«, sagte Daffy. »Sie haben ihm gesagt, dass sie ohne ihn nicht bis nach Buckshaw durchgekommen wären.«
    »Was ist mit Ned?«, erkundigte ich mich, weil mir plötzlich eine Idee kam. »Und mit Carl?«
    Feely hatte mehr Verehrer als Odysseus’ Ehefrau Penelope. Sie umschwärmten meine Schwester wie Motten das Licht – oder wie Schweine einen gefüllten Trog. Und alle hatten sich aufgrund einer Laune des Schicksals zur gleichen Zeit auf Buckshaw eingefunden.
    Ned … Dieter … Carl … Sergeant Graves. Einer wie der

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