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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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sind die besten Männer alle weg! Du brauchst gar nicht mit diesem glasigen Blick an die Decke zu starren, Ophelia. Diese Aluminiumschüsseln sind aus geborgenen Flugzeugteilen hergestellt. Sie wiegen so gut wie nichts und sind dem Auge gefällig. Ein hervorragender Anfang für deine Aussteuer.«
    Ich hatte die Schüsseln ganz hinten auf einem hohen Regal in der Speisekammer entdeckt und sofort im Namen der Wissenschaft beschlagnahmt.
    Für die blauen Explosionen mischte ich sechs Teile Kaliumnitrat, zwei Teile Schwefel und einen Teil Antimontrisulfid zusammen.
    Diese Formel wurde auch für die gleißenden Signalraketen verwendet, wie sie bei Schiffbruch eingesetzt wurden. Da waren die Lichter bestimmt bis Malden Fenwick zu sehen – vielleicht sogar bis Hinley und noch weiter.
    Ein, zwei Ladungen gab ich noch eine Portion Eichenkohle bei, um die Explosionen wie Regen aussehen zu lassen; zu anderen mischte ich Lampenruß hinzu, damit sie spektakuläre Feuerschlieren produzierten.
    Dabei war zu berücksichtigen, dass Feuerwerk im Winter eine andere Rezeptur erfordert als Feuerwerk im Sommer. Kurz gefasst lautete der Unterschied: weniger Schwefel und viel mehr Schießpulver.
    Das Schießpulver hatte ich selbst aus Salpeter, Schwefel, Holzkohle und einer tüchtigen Handvoll Optimismus zusammengerührt. Ich hatte festgestellt, dass diese Einstellung beim Umgang mit Sprengstoffen das A und O ist.
    Diese Erfahrung hatte ich bei dem schrecklichen Vorfall mit der unglückseligen Miss Gurdy, unserer ehemaligen Gouvernante, gemacht – aber psst! Von dieser Katastrophe wurde auf Buckshaw nicht mehr gesprochen. Inzwischen war sie dem gnädigen Vergessen anheimgefallen. Hoffentlich jedenfalls – denn eins meiner wenigen fehlgeschlagenen Experimente mit Dualin – einer Substanz, die Sägemehl, Salpeter und Nitroglyzerin enthält und für ihre Instabilität berüchtigt ist, spielte dabei eine gewisse Rolle.
    Seufzend verdrängte ich den Gedanken an die arme, angekokelte Miss Gurdy und wandte mich erfreulicheren Überlegungen zu.
    Ehe ich die Zutaten in die Blumentöpfe füllte, hatte ich in einige Töpfe eine gewisse Menge an Arsentrioxid (AS 4 O 6 ), auch unter dem Namen Arsenik bekannt, gegeben. Natürlich reizte mich auch die Vorstellung, dass ein tödliches Gift die grellste aller Explosionen hervorrief, doch das war nicht der eigentliche Grund.
    Was mir wirklich das Herz erwärmte, war die Vorstellung, über dem Stammsitz meiner Familie sekundenlang einen Schirm aus tödlichem Feuer zu spannen, der herabsinken und dann wie durch Zauberhand verschwinden und Buckshaw unbeschadet zurücklassen würde.
    Ob dahinter ein tieferer Sinn steckte, war mir egal. Es ging allein um die Idee, die dahintersteckte, und ich war glücklich, dass mir das alles eingefallen war.
    Nun mussten die Blumentöpfe nur noch versiegelt werden, und zwar wie Einmachgläser mit einem Deckel aus Pergamentpapier, um die Chemikalien vor Feuchtigkeit zu schützen. Am Abend wollte ich sie dann nacheinander die schmale Treppe hochtragen, die vom Labor direkt aufs Dach führte.
    Und danach kamen endlich die Schornsteine an die Reihe.
    Ich war gerade mitten auf der Treppe in die Halle hinunter und hoffte, dass ich nicht allzu sehr nach Schießpulver roch, als es wieder einmal an der Haustür klingelte. Dogger tauchte wie immer wie aus dem Boden gewachsen auf, und als ich die letzte Stufe erreicht hatte, öffnete er.
    Draußen stand Inspektor Hewitt von der Polizeiwache in Hinley.
    Ich hatte den Inspektor schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, und an unsere letzte Begegnung dachte ich nur ungern zurück.
    Wir fixierten einander quer durch die Halle wie zwei Wölfe, die sich aus unterschiedlichen Richtungen kommend auf einer Wiese voller Schafe begegnen.
    Ich hoffte, dass Inspektor Hewitt die Vergangenheit ruhen lassen würde, dass er mir einfach nur kameradschaftlich die Hand schütteln und sagen würde, dass er sich freue, mich wiederzusehen. Schließlich hatte ich ihm schon aus mehr als einer Patsche herausgeholfen, ohne viel mehr dafür zu ernten als ein Schulterklopfen oder ein »Das geht dich eigentlich nichts an«.
    Nein, ganz so war es dann auch wieder nicht. Seine Frau Antigone hatte mich im Oktober zum Tee eingeladen, aber je weniger Worte darüber verloren wurden, desto besser.
    Deshalb stand ich auch jetzt in der Halle und tat so, als ob ich etwas in den Zähnen hatte, indem ich mein Spiegelbild in einem der polierten Treppenpfosten

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