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Vorhang

Vorhang

Titel: Vorhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Slumberyl – etwas Besseres gibt es nicht.«
    Die Begeisterung in seiner Stimme machte mich stutzig. Nahm er etwa Drogen? Ich sagte zweifelnd: »Ist es nicht gefährlich?«
    »Schon, wenn Sie zu viele nehmen. Es ist ein Barbiturat – die giftige Wirkung setzt nicht weit nach der empfohlenen Dosis ein.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass man es ohne Rezept erhält.«
    »Man bekommt es auch nicht ohne, genauer gesagt, Sie nicht. Aber ich habe da Beziehungen!«
    Wahrscheinlich war es unklug von mir, doch manchmal gebe ich meinen Impulsen nach. Ich fragte: »Sie kannten Etherington, nicht wahr?«
    Ich merkte sofort, dass ich einen heiklen Punkt berührt hatte. Seine Augen wurden hart und wachsam. »O ja, ich kannte Etherington. Armer Kerl«, sagte er mit gezwungener Leichtigkeit. Und als ich schwieg, fuhr er fort: »Etherington hat Drogen genommen, gewiss – aber er hat es übertrieben. Man muss wissen, wo die Grenze ist. Er wusste es nicht. Schlimme Sache. Seine Frau hatte Glück. Wenn die Jury nicht so viel Sympathie für sie gehabt hätte, wäre sie zum Tod durch den Strang verurteilt worden.«
    Er gab mir zwei Tabletten. Dann fragte er beiläufig: »Haben Sie Etherington gut gekannt?«
    »Nein«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    Er schien einen Augenblick lang nicht zu wissen, was er davon halten sollte. Dann lachte er und beendete das Thema mit den Worten: »Komischer Kauz. Er war nicht gerade ein Musterknabe, aber manchmal ein ganz netter Kerl.«
    Ich bedankte mich bei ihm für die Tabletten und kehrte in mein Zimmer zurück.
    Als ich im Bett lag und das Licht löschte, fragte ich mich, ob ich sehr unklug gehandelt hatte.
    Denn für mich stand jetzt beinahe fest, dass Allerton X war. Und ich hatte ihn merken lassen, dass ich ihn verdächtigte.

7
     
    M ein Bericht über die Tage in Styles muss notgedrungen etwas weitschweifig werden. In meiner Erinnerung sind sie als eine Reihe von Unterhaltungen haften geblieben – von vielsagenden Worten und Sätzen, die sich meinem Gedächtnis genau einprägten.
    Eines der ersten Dinge, die mir klar wurden, war das Ausmaß von Hercule Poirots Gebrechlichkeit und Hilflosigkeit. Ich glaubte ihm seine Behauptung, dass sein Gehirn noch immer mit der alten Schärfe arbeitete, doch seine körperliche Hülle war so hinfällig geworden, dass ich, wie ich sofort merkte, diesmal eine weit aktivere Rolle als sonst übernehmen musste. Ich musste sozusagen Poirot Augen und Ohren ersetzen.
    An schönen Tage nahm Curtiss seinen Herrn auf den Rücken und trug ihn vorsichtig hinunter zu seinem Rollstuhl, den er vorher hinabgeschafft hatte. Dann schob er Poirot hinaus in den Garten und suchte ihm ein Plätzchen, das frei von Zugluft war. An anderen Tagen, an denen das Wetter weniger günstig war, trug er ihn ins Wohnzimmer.
    Wo Poirot sich auch aufhielt, kam mit Sicherheit der eine oder andere vorbei und setzte sich zu ihm, um mit ihm zu plaudern, aber das war etwas ganz anderes, als wenn Poirot sich seinen Gesprächspartner hätte selbst aussuchen können. Er hatte es nicht mehr in der Hand, eine bestimmte Person aufzusuchen und mit ihr zu reden.
    Am Tag nach meiner Ankunft zeigte mir Franklin das alte Gartenhaus, das provisorisch in ein Labor umgewandelt worden war.
    Ich möchte an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit betonen, dass ich kein Wissenschaftler bin und auch keine wissenschaftliche Ader habe. In meinem Bericht über Dr. Franklins Arbeit werde ich wahrscheinlich lauter falsche Ausdrücke verwenden und damit den Zorn all derer erregen, die sich in diesen Dingen auskennen.
    Soweit ich, ein bloßer Laie, es ermitteln konnte, experimentierte Franklin mit verschiedenen Alkaloiden, die aus der Kalabarbohne, Physostigma venenosum, gewonnen werden. Etwas mehr Einblick erhielt ich durch eine Unterhaltung, die einmal zwischen Franklin und Poirot stattfand. Judith, die mich informieren wollte, benutzte dazu, wie es die ernsthaften jungen Leute an sich haben, einen unverständlichen wissenschaftlichen Jargon. Sie redete gelehrt von den Alkaloiden Physostigmin, Eserin, Geneserin und Eseramin und kam dann zu einer völlig unmöglich klingenden Substanz mit dem Namen Prostigmin oder Dimethylcarbaminsäureester des Oxyphenyltrimethyllammonum oder so ähnlich, was anscheinend das Gleiche ist, nur anders gewonnen wird. Für mich waren das jedenfalls böhmische Dörfer, und ich zog mir Judiths Verachtung zu durch meine Frage, welchen Nutzen das für die Menschheit habe. Es gibt keine Frage, mit

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