Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Danninger
Vom Netzwerk:
arbeitslos.
Treibt wohl schon länger sein Unwesen, denn wir können bereits jetzt eine Serie
von Autodiebstählen und Einbrüchen auf ihn zurückführen. Außerdem konnten wir
ihn mittels DNA mit zwei Vergewaltigungen in Verbindung bringen. Gott sei Dank
haben wir den Kerl, wer weiß was er noch alles angerichtet hätte! Der wird
jetzt einige Zeit hinter schwedischen Gardinen verbringen, das ist klar!“
    Ich riss mich von dem Bild los und reichte es Desiderio. „Das
ist er“, sagte ich zu Niederhuber.
    Zwei Vergewaltigungen? Ich hatte mich also nicht geirrt mit
meiner Vermutung, dass er so etwas nicht zum ersten Mal getan hatte.
    Schon alleine das Foto hatte ausgereicht, um mir einen
Schauer der Angst über den Rücken zu jagen. Wie hätte ich dann erst reagiert,
wenn ich ihm direkt gegenüber gestanden hätte? Entweder ich wäre davongelaufen,
oder ich hätte ihm die Eier abgerissen.
    Desiderio bestätigte unterdessen ebenfalls, dass es sich
hierbei um den Täter handelte. Da ich mich wieder in Schweigen hüllte, übernahm
er das weitere Gespräch mit dem Polizeiwachtmeister.
    „Wie geht es jetzt weiter?“, fragte er.
    „Sie sollten beide einen Anwalt aufsuchen, der Sie in der
Gerichtsverhandlung vertreten soll. Alles Weitere wird der dann übernehmen.
Keine Sorge, Kosten werden in diesem Fall keine auf sie zukommen, weil die
Sachlage klar ist. Aber ohne Verhandlung geht´s eben nicht. So schreibt´s halt
das Gesetz vor und irgendwer muss sich ja daran halten, nicht wahr? Hö hö.“
    Irgendwie konnte ich heute so gar nichts mit Niederhubers
Fröhlichkeit anfangen. Mir erschien die gesamte Situation auf einmal nahezu
grotesk. Ich saß hier vor einem frohlockenden Polizisten und baldigst musste
ich mir einen Anwalt suchen? Galt das wirklich mir? Gab es in Wollbach
eigentlich einen Anwalt? Kein normaler Mensch brauchte doch hier so einen
Advokaten, oder? Und was für ein Auto wollte der Albert denn eigentlich klauen?
    „Haben wir dann alles?“, wollte Desiderio wissen. Beruhigend
streichelte er mein Bein, als er das leichte Zittern bemerkte, das mich
allmählich erfasste.
    „Ja, also…“, begann Niederhuber.
    „Wie kann jemand mit diesem Namen so ein Arschloch werden?“,
entfuhr es mir plötzlich. „Ich meine – Albert? Das gibt´s doch nicht, oder?“
Ich kicherte und sah den Polizisten an. „Haben Sie schon einmal einen Albert verhaftet?“
    Niederhuber spielte ein wenig ratlos mit einem Kugelscheiber.
„Naja, ich…“
    „Wir werden jetzt gehen“, unterbrach Desiderio ihn bestimmt.
    „Natürlich. Wenn Sie etwas brauchen, dann können Sie sich
jederzeit melden“, sagte der Polizeiwachtmeister schnell, mit einem argwöhnischen
Seitenblick auf mein erheitertes Gesicht.
    Desiderio umfasste meinen Ellbogen und zog mich mit leichtem
Nachdruck in die Höhe. Ich folgte ihm automatisch, während ich leise vor mich
hin gluckste.
    „Ist das zu fassen? Albert!“, gackerte ich irrsinnig, als wir
auf den schwarzen Alfa zugingen.
    Ich erwartete keine Antwort und erhielt auch keine.
     
    Auf dem Weg zurück in die
Bonzensiedlung wurde mein Gekicher allmählich ruhiger. Die meiste Zeit über
schüttelte ich nur fassungslos den Kopf und knackte mit meinen Fingerknöcheln.
    Eine leise Stimme in mir erklärte, dass ich gerade einen
Nervenzusammenbruch erlitt.
    Seltsame Sache, so eine totale Hirnabschaltung…
    Desiderio sprach die ganze Zeit über kein Wort und lotste
mich nur schweigend in sein Haus. Er platzierte mich auf der riesigen Couch,
setzte sich neben mich und wartete.
    Keine Ahnung, wie lange wir so dasaßen, aber irgendwann war
es dann soweit. Die von mir verdrängten Emotionen brachen wie Lava aus dem
Vulkan meines Herzens heraus.
    Wut, Hass und vor allem Erleichterung ließen mich schluchzend
zusammenbrechen. Erst jetzt wurde mir klar, dass es mir schwer zu schaffen gemacht
hatte, dass der Täter noch auf freiem Fuß war.
    Desiderio fing mich auf und tröstete mich, indem er einfach
nur da war. Ich klammerte mich dankbar an ihm fest und ließ den Dingen ihren
Lauf.
    Es tat so gut, einfach einmal loszulassen.
    Ich weinte und heulte lange, bis ich mir immer wieder sagte:
Jetzt ist alles gut. Er kann dir nichts mehr tun.
    Langsam wurde aus dem tiefen Schluchzen ein verhaltenes
Schniefen. Ich richtete mich auf und wischte mir unbeholfen über das Gesicht.
Desiderio zauberte von irgendwo ein Taschentuch her und reichte es mir.
    „Danke“, murmelte ich erstickt und befreite mein Antlitz so
gut es ging

Weitere Kostenlose Bücher