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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Danninger
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darum beschränkte ich mich auf ein höchst
intelligentes: „Ach, halt doch die Klappe!“
    Dann stürmte ich aus dem Zimmer und machte mich auf die Suche
nach den Überresten meines Verstandes.
     
    Solche und ähnliche Begegnungen
wiederholten sich die nächsten Tage. Wenigstens brachte Desiderios
Hartnäckigkeit auch mit sich, dass ich mich langsam an seine Baggerei gewöhnte
und nicht jedes Mal puterrot anlief. An meiner Schlagfertigkeit musste ich zwar
noch arbeiten, denn sein schier unerschöpfliches Repertoire an Anmachsprüchen
versetzte mich nach wie vor häufig in Sprachlosigkeit.
    Obwohl es mich nervte, konnte man nicht behaupten, dass mir
langweilig wurde.
    Seine Sprüche waren mal frech, mal derb... und manchmal sogar
irgendwie charmant. Erst gestern hatte er zu mir gesagt: „Wenn du einen Verband
machst, kann ich gar nicht wegsehen. Du hast wirklich sehr schöne Hände.“
    Das erschreckende daran war, dass er solche Sachen stets mit
einer solchen Überzeugung sagte, dass man ihm einfach nur glauben wollte. Jeden
anderen hätte ich bei einem solchen Spruch ausgelacht, doch irgendetwas in
Desiderios Stimme brachte mein Herz dazu einen freudigen Hüpfer zu machen.
    Vielleicht lag es ja nicht wirklich an ihm, dass ich
plötzlich Herzrhythmusstörungen hatte. Vielleicht sollte ich mich doch lieber
untersuchen lassen? Auch bei jungen Menschen können derartige Erkrankungen
durchaus vorkommen... Quatsch. Wie schnell man doch zum Hypochonder werden
konnte, wenn man im Gesundheitswesen tätig und mit diversen Krankheitsbildern
vertraut war! Trotzdem nahm ich mir vor, in der nächsten Nachtschicht bei mir
selbst ein EKG zu schreiben.
    Nur zur Sicherheit.
    Man konnte ja nie wissen, oder?
    Also dieser Kerl machte mich langsam, aber sicher wahnsinnig.
    Heute hatte ich ihn in einem Anflug von Schlagfertigkeit
gefragt, ob sein Name nicht rein zufällig mit ´Selbstüberschätzung` übersetzt
werden konnte. Er hatte meinen kläglichen Versuch mit einem erotischen Blick
niedergewalzt und gegurrt: „Desiderio bedeutet Verlangen .“
    Natürlich hatte ich seine Behauptung schnellstens
nachgeprüft, nur um gleich darauf ein wenig schockiert festzustellen, dass er
die Wahrheit gesagt hatte.
    Verlangen. Oder auch Begierde.
    Meine Güte, ich musste schon ein bisschen zugeben, dass der
Name zu ihm passte, wie die Faust aufs Auge. Zumindest in einem rein hormonell
gesteuerten Bereich, in Bezug auf sein wahnsinnig attraktives Äußeres…
    Ich mahnte mich selbst zur sofortigen Beruhigung und
konzentrierte mich stattdessen wieder auf die hübschen Tapeten, die vor mir
lagen und geduldig darauf warteten an Franks Esszimmerwand geklebt zu werden.
Eingehend studierte ich die Anleitung auf dem Tapetenkleister, während der Herr
des Hauses skeptisch neben mir stand.
    Warum Frank bezüglich Tapeten so skeptisch war, wusste er
selbst nicht so genau. Er hatte erklärt, dass er eine solch papierene
Wandverkleidung nur aus dem Haus seiner Großmutter kannte und dabei das Gesicht
verzogen. Was nun daran so schlimm war, konnte er nicht sagen. Als ich
dahinter eine traumatische Kindheitserinnerung vermutete, hatte er lachend
abgewinkt und erklärt, dass es daran bestimmt nicht liegen kann, denn an seine
Oma hätte er nur die besten Erinnerungen, die viel mit Süßigkeiten und
Verhätschelprogramm zu tun hatten. So wie es bei Omas eben sein sollte. Nur die
Tapeten habe er eben schon immer als extrem hässlich empfunden.
    Ich ließ mich von seiner fadenscheinigen Ablehnung keineswegs
aus der Ruhe bringen und ignorierte seine dauerhaft gerunzelte Stirn
geflissentlich. Das Muster, das ich ausgesucht hatte, passte einfach zu perfekt
zu der neuen Esszimmereinrichtung, als dass ich so einfach hätte nachgeben
wollen. Außerdem hing mir die Streicherei schon gewaltig zum Hals hinaus und
ich war überzeugt, dass Tapeten anbringen viel einfacher und um einiges weniger
anstrengend war.
    „Okay, wir müssen das Pulver mit Wasser anmischen, dann wird
es zum Kleister“, erklärte ich Frank in Kurzfassung. „Dann nur die Tapete damit
einstreichen, an die Wand kleben – Fertig. Klingt doch ganz einfach, oder?“
Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Ich beachtete ihn nicht. „Am besten
ist wahrscheinlich, wenn wir die Bahnen mit jeweils drei Zentimeter Überhang
schneiden und die Ränder dann oben und unten mit dem Teppichmesser trimmen.
Oder lieber gleich ganz passgenau? Hm, aber was ist, wenn ich mich vermesse?
Nee, dann lieber nochmals nach

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