Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
brachte… Medizinische Komplikationen waren nur ein Problem, wenn man von der Geburt allein und isoliert
überrascht wurde, und mit diesen Scharen von Wachen um sie herum dürfte ihr das wohl nicht zustoßen. Bothari als Hebamme? Ein verwirrender Gedanke. Sie schauderte.
Sie rollte sich auf ihrem Gartensofa auf die andere Seite und runzelte die Stirn. Ach ja, Barrayars primitive Medizin. Es stimmte, Mütter hatten hunderttausende von Jahren hindurch Kinder zur Welt gebracht, im Zeitalter vor der Raumfahrt, mit weniger Hilfe, als hier auf Barrayar verfügbar war. Aber trotzdem quälte sie noch der besorgte Gedanke: Vielleicht sollte ich für die Geburt nach Hause zurückkehren?
Nein. Sie war jetzt eine Barrayaranerin, durch Eid gebunden wie der Rest dieser Verrückten. Nach Hause war es eine Reise von zwei Monaten. Und außerdem, soweit sie wusste, gab es immer noch einen gültigen Haftbefehl für sie, in dem ihr Fahnenflucht, Verdacht der Spionage, Betrug, antisoziale Gewalttätigkeit vorgeworfen wurde – wahrscheinlich hätte sie versuchen sollen, jenen idiotischen Armeepsychiater in ihrem 403
Aquarium zu ertränken, vermutete Cordelia und seufzte bei der Erinnerung an ihren quälenden und chaotischen Abschied von Kolonie Beta. Würde ihr guter Ruf je wiederhergestellt werden? Sicherlich nicht, solange Ezars Geheimnisse in nur vier Köpfen bewahrt wurden.
Nein. Kolonie Beta war für sie verschlossen, hatte sie
vertrieben. Barrayar besaß kein Privileg auf politische Idiotie, so viel war sicher.
Ich komme mit Barrayar zurecht. Aral und ich. Darauf
kannst du wetten.
Es war Zeit, ins Haus zu gehen. Die Sonne verursachte ihr
leichte Kopfschmerzen.
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Ein Aspekt ihres neuen Lebens als Gemahlin des Regenten, mit dem Cordelia leichter zurechtkam, als sie erwartet hatte, war der Zustrom von persönlichen Wachen in ihr Heim. Ihre Erfahrungen im Betanischen Erkundungsdienst und Vorkosigans Erfahrungen im barrayaranischen Militär hatten ihnen beiden Praxis darin gegeben, auf engem Raum zu leben.
Cordelia brauchte nicht lange, bis sie die Leute in den
Uniformen kannte und sie in ihrer Art akzeptierte. Die Wachen waren eine lebhafte junge Gruppe, handverlesen für ihren Dienst und stolz darauf. Wenn allerdings auch Piotr mit all seinen Livrierten im Haus war, dann wurde Cordelias Gefühl, in einer Kaserne zu wohnen, akut.
Es war der Graf, der zuerst die Idee aufbrachte, zwischen
Illyans Leuten und seinen Männern ein inoffizielles Turnier im Nahkampf abzuhalten. Obwohl der Sicherheitskommandant etwas von freiem Training auf des Kaisers Kosten murmelte, wurde ein Kampfring im Hintergarten eingerichtet, und der Wettbewerb entwickelte sich schnell zu einer allwöchentlichen Tradition. Selbst Koudelka trat in den Ring, als Schiedsrichter und Experte, während Piotr und Cordelia für Beifall sorgten.
Zu Cordelias Befriedigung schaute Vorkosigan zu, wann
immer seine Zeit es erlaubte; sie fühlte, er brauchte die Pausen in der aufreibenden Routine der Regierungsgeschäfte, der er sich tagtäglich unterwarf.
Als sich Cordelia an einem sonnigen Herbstmorgen auf
ihrem Gartensofa niederließ, um – betreut von ihrem
Dienstmädchen – den Wettkampf zu beobachten, fragte sie aus heiterem Himmel: »Warum machen Sie nicht mit, Drou?
Sicherlich brauchen Sie die Übung genauso wie jeder andere von ihnen. Der Vorwand für diese Sache hier – nicht, dass ihr Barrayaraner eine Vorwand zu brauchen scheint, um 405
Körperverletzung zu üben – war doch in erster Linie, dass
dadurch alle auf Draht bleiben sollen.«
Droushnakovi blickte sehnsüchtig in den Kampfring, aber sie sagte: »Man hat mich nicht eingeladen, Mylady.«
»Das hat irgendjemand plumperweise übersehen. Hm. Ich
sage Ihnen was – gehen Sie und ziehen Sie sich um. Sie
können mein Team sein. Aral kann heute seines selbst
anfeuern. Ein richtiger barrayaranischer Wettkampf sollte ja sowieso mindestens drei Parteien haben, das ist Tradition.«
»Glauben Sie, dass das in Ordnung ist?«, fragte
Droushnakovi zweifelnd »Es könnte sein, dass sie es nicht
mögen.«
Die sie, um die es hier ging, waren die ›echten‹ Wachen, wie Droushnakovi sie nannte, die Männer in Livree.
»Aral würde es nichts ausmachen. Und jeder andere, der was dagegen hat, kann sich mit ihm streiten. Wenn er es wagt.«
Cordelia grinste, und Droushnakovi erwiderte das Grinsen,
dann eilte sie weg.
Aral kam und ließ sich bequem neben ihr nieder, und sie
erzählte ihm von
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