Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
zustoßen, so wünsche ich, sofort informiert zu werden. Verstanden?«
»Jawohl, Sir. Es war sehr spät, als die Nachricht hier eintraf, Sir. Und da wir da schon wussten, dass beide überleben würden, sagte Oberstleutnant Illyan, ich könnte Sie schlafen lassen, Sir.«
»Verstehe.« Vorkosigan rieb sich sein Gesicht. »Beide?«
»Leutnant Koudelka und Sergeant Bothari, Sir.« »Sie sind
doch nicht in einen Streit geraten, oder?«, fragte Cordelia die jetzt zuliefet erschrocken war.
»Ja. Oh – nicht miteinander, Mylady. Sie wurden
überfallen.« Vorkosigans Gesicht verdüsterte sich. »Sie sollten besser beim Anfang beginnen.«
»Jawohl, Sir. Hmm. Leutnant Koudelka und Sergeant
Bothari gingen gestern Abend aus. Nicht in Uniform. In die Gegend hinter der alten Karawanserei.« «Mein Gott, wozu denn das?«
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»Hmm.« Der Wachkommandant warf einen unsicheren
Blick auf Cordelia. »Zur Unterhaltung, glaube ich, Sir.«
»Zur Unterhaltung?«
»Jawohl, Sir. Sergeant Bothari geht dort ungefähr einmal im Monat hin, an seinem dienstfreien Tag, wenn der Herr Graf in der Stadt ist. Es handelt sich offensichtlich um einen Ort, wo er schon seit Jahren hingeht.«
»In die Karawanserei?«, sagte Graf Piotr in ungläubigem
Ton. »Hmm«, der Wachkommandant warf dem Diener einen
hilfeheischenden Blick zu.
»Sergeant Bothari ist nicht sehr wählerisch bei seiner
Unterhaltung, Sir«, meldete sich der Diener unsicher zu Wort.
»Offensichtlich nicht!«, sagte Piotr.
Cordelia gab Vorkosigan mit den Augenbrauen ein
fragendes Zeichen. »Das ist eine ziemlich üble Gegend«,
erklärte er, »ich selbst würde dorthin nicht ohne eine
Begleitpatrouille gehen. Und bei Nacht mit zwei Patrouillen.
Und ich würde auf jeden Fall meine Uniform tragen, allerdings nicht meine Rangabzeichen … aber ich glaube, Bothari ist dort aufgewachsen. Ich stelle mir vor, dass er es anders sieht.«
»Warum so übel?«
»Die Gegend ist sehr arm. Dort war das Stadtzentrum in der Zeit der Isolation, und die Stadterneuerung hat dort noch nicht begonnen. Wasser ist knapp, es gibt keine Elektrizität, die Gegend erstickt förmlich im Müll…«
»Am meisten im menschlichen Müll«, fügte Piotr bissig
hinzu. »Arm?«, sagte Cordelia verblüfft. »Keine Elektrizität?
Wie kann die Gegend dann ans Kommunikationsnetzwerk
angeschlossen sein?«
»Ist sie natürlich nicht«, antwortete Vorkosigan. »Wie
bekommen dann die dort ihre Ausbildung?«
»Gar nicht.«
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Cordelia machte große Augen; »Ich verstehe das nicht. Wie
bekommen dann die Leute dort ihre Jobs?«
»Ein paar fliehen in den Militärdienst. Die restlichen rauben sich größtenteils gegenseitig aus.« Vorkosigan schaute sie voller Unbehagen an. »Habt ihr auf Kolonie Beta keine Armut?«
»Armut? Na ja, einige Leute haben natürlich mehr Geld als
andere, aber keine Kommunikationskonsolen?«
Vorkosigan war jetzt von seiner Befragung abgelenkt. »Ist
das der niedrigste Lebensstandard, den du dir vorstellen kannst, wenn man keine Kommunikationskonsole hat?«, sagte er verwundert.
»Der erste Artikel in der Verfassung lautet: Der Zugang zu Informationen darf nicht beschränkt werden.«
»Cordelia… diese Leute haben kaum Zugang zu Nahrung,
Kleidung und Unterkunft. Sie haben ein paar Lumpen und
Kochtöpfe, und sie nisten sich in Gebäuden ein, deren
Renovierung oder Abriss sich noch nicht lohnt, während der Wind durch die Mauerritzen pfeift.«
»Gibt es dort keine Klimaanlagen?«
»Keine Heizung im Winter ist da das größere Problem.«
»Das denke ich mir. Hier bei euch gibt es ja keinen
wirklichen Sommer… Wie rufen sie Hilfe herbei, wenn sie
krank oder verletzt sind?«
»Was für eine Hilfe?«, fragte Vorkosigan grimmig. »Wenn
sie krank sind, dann werden sie entweder wieder gesund oder sie sterben.«
»Sie sterben, wenn wir Glück haben«, murmelte Piotr, »die
Würmer.«
»Macht ihr Witze?« Sie schaute abwechselnd Vater und
Sohn an. »Das ist ja schrecklich… also, denkt an all die
Begabungen, die euch da verloren gehen.«
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»Ich bezweifle, dass uns da viele verloren gehen, von der
Karawanserei«, bemerkte Piotr trocken.
»Warum nicht? Sie haben das gleiche genetische Potenzial
wie ihr«, wies Cordelia auf das hin, was ihr einleuchtend
erschien.
Der Graf erstarrte. »Mein liebes Mädchen! Das haben sie auf jeden Fall nicht! Meine Familie gehört seit neun Generationen zu den Vor.«
Cordelia hob ihre Augenbrauen: »Wie weißt du das, wenn
ihr
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