Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
Wenn er wütend wird, dann flüstert er.
Sie betrat ihrer beider Schlafzimmer und fand ihn, wie er auf der Seite des Bettes saß und mit heftigen, ruckartigen Bewegungen sich seiner Uniformjacke und seiner Stiefel entledigte. Er blickte auf, und sie starrten einander wütend an.
Cordelia eröffnete das Feuer, wobei Sie dachte: Bringen wir es hinter uns.
»Diese Bemerkung, die du vor Koudelka gemacht hast, war
völlig fehl am Platz.«
»Was, ich komme herein und finde meine Frau, wie sie…
mit einem meiner Offiziere schmust, und du erwartest, dass ich höfliche Konversation über das Wetter mache?«, erwiderte er.
»Du weißt, dass es nichts Derartiges war.«
»Schön. Und wenn es nicht ich gewesen wäre? Wenn es
einer von de Wache gewesen wäre, oder mein Vater, wie
hättest du es dann erklärt? Du weißt, was sie über die Betaner denken. Das wäre ein gefundenes Fressen für sie gewesen, und man hätte die Gerüchte nicht mehr aufhalten können Und dann wäre es als politischer Tratsch wieder auf mich zurückgefallen.
Jeder Feind, den ich dort draußen habe, wartet nur auf einen schwachen Punkt um darauf loszugehen. Sie hätten so etwas gern.«
»Wie, zum Teufel, sind wir auf deine verdammte Politik
gekommen? Ich spreche über einen Freund. Ich bezweifle, dass du mit einer noch verletzenderen Bemerkung hättest
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daherkommen können, wenn du ein Studienprojekt dafür
finanziert hättest Das war gemein, Aral! Was ist überhaupt mit dir los?«
»Ich weiß es nicht.« Er rieb sich müde sein Gesicht. »Es ist der verdammte Job, nehme ich an. Ich möchte es nicht auf dich abladen.« Cordelia vermutete, dass diese Aussage einem Eingeständnis, dass er Unrecht hatte, so nahe kam, wie sie gerade noch erwarten durfte, und sie akzeptierte sie mit einem leichten Nicken. Dabei ließ sie ihre eigene Wut verrauchen.
Dann erinnerte sie sich, warum die Wut ihr so gut getan hatte, denn die Leere, die sie hinterließ, füllte sich wieder mit Angst.
»Ja, also gut… wie viel Lust hast du eigentlich darauf, eines Morgens seine Tür aufbrechen zu müssen?«
Vorkosigan runzelte die Stirn und wurde still. »Hast du …
einen Grund zu der Annahme, dass er Selbstmordgedanken
hegt? Er schien mir ganz zufrieden zu sein.«
»Das schien er – dir.« Cordelia ließ die Worte einen Moment im Raum stehen, um ihnen Nachdruck zu verleihen. »Ich denke, er ist etwa so nahe daran.« Sie hielt ihre Hand hoch, Daumen und Zeigefinger knapp einen Millimeter auseinander.
Am Zeigefinger klebte noch ein bisschen Blut; sie blickte
darauf mit trauriger Faszination. »Er hat mit diesem
verdammten Schwert herumgespielt. Ich wünsche mir, ich
hätte es ihm nie geschenkt. Ich denke. ich könnte es nicht ertragen, wenn er sich damit seine eigene Kehle durchschneidet. Das – schien es zu sein, woran er dachte.«
0h.« Vorkosigan sah irgendwie kleiner aus, ohne seine
glitzernde Militärjacke, ohne seinen Zorn. Er hielt ihr seine Hand entgegen, sie nahm sie und setzte sich neben ihn.
»Also, wenn du in diesem deinem … Dickschädel Visionen
hast, König Arthur zu spielen gegenüber uns, Lancelot und
Guinevere, dann vergiss es. Das zieht nicht.«
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Er lachte endlich ein bisschen. »Meine Visionen waren näher an meinem Heim, fürchte ich, und beträchtlich schäbiger.
Einfach ein alter schlechter Traum.«
»Ja, ich… nehme an, es traf einen Nerv, obendrein.« Sie
fragte sich, ob der Geist seiner ersten Frau sich je bei ihm aufhielt und ihn mit Todeskälte anhauchte, wie es Vorrutyers Gespenst manchmal bei ihr tat. Er schaute totenähnlich genug aus. »Aber ich bin Cordelia, denk daran. Nicht… irgendjemand anderer.«
Er lehnte seine Stirn gegen die ihre. »Vergib mir, lieber
Captain. Ich bin nur ein hässlicher, verängstigter alter Mann, und ich werde jeden Tag älter und hässlicher und furchtsamer.«
»Du auch?« Sie ruhte in seinen Armen. »Ich protestiere
jedoch gegen die Ausdrücke alt und hässlich. Dickschädel
bezog sich nicht auf deine äußere Erscheinung.«
»Danke sehr – ich beherzige es.«
Es gefiel ihr, ihn wenigstens ein bisschen zu belustigen. »Es ist der Job, nicht wahr?«, sagte sie. »Kannst du darüber überhaupt sprechen?«
Er presste seine Lippen aufeinander. »Im Vertrauen –
obwohl das dein natürlicher Zustand zu sein scheint, weiß ich nicht, warum ich mich damit aufhalte, es zu betonen – es sieht aus, als wären wir noch vor dem Ende des Jahres in einen neuen Krieg verwickelt.
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