Vorkosigan 07 Cetaganda
einen Blick zu. »Alles?«
Sie nickte fast unmerklich.
Miles schloß die Augen und schickte ein kurzes, zerstreutes Gebet an alle mutwilligen Gottheiten, die jetzt zuhören mochten, dann öffnete er sie wieder und begann ein weiteres Mal eine wahre Schilderung seiner ersten Begegnung mit Ba Lura im Minishuttle, mit dem Großen Schlüssel und allem Drum und Dran. Das hatte jetzt wenigstens den Vorteil, daß er gleichzeitig Vorreedi sein überfälliges Geständnis ablegen konnte, und zwar an einem Ort, wo es für den leitenden Sicherheitsoffizier der Botschaft völlig unmöglich war, irgendeinen Kommentar oder eine Erwiderung von sich zu geben. Ein erstaunlicher Mann, dieser Vorreedi: er zeigte keinerlei Emotionen, nur ein Backenmuskel zuckte.
»Als ich in der Bestattungsrotunde Ba Lura mit durchgeschnittener Kehle sah«, fuhr Miles fort, »wurde mir klar, daß mein zu jenem Zeitpunkt noch unbekannter Gegner mich in die logisch unmögliche Lage gebracht hatte, daß ich ein Negativum beweisen mußte. Sobald man mich durch einen Trick dazugebracht hatte, den falschen Schlüssel in die Hand zu nehmen, gab es keine Möglichkeit mehr zu beweisen, daß Barrayar keinen Austausch bewerkstelligt hatte, außer durch das positive Zeugnis des einen Augenzeugen, der dann tot auf dem Boden lag. Oder indem ich, positiv den echten Großen Schlüssel ausfindig machte.
Und ich machte mich daran, genau das zu tun. Und wenn Ba Luras Tod kein Selbstmord gewesen war, sondern vielmehr ein Mord, den man kunstvoll arrangiert hatte, damit er als Selbstmord durchging, dann war klar, daß jemand sehr weit oben im Sicherheitsdienst des Himmlischen Gartens mit den Mördern des Ba zusammenarbeitete, weshalb es zu diesem Zeitpunkt sehr gefährlich gewesen wäre, sich mit einer Bitte um Hilfe an den cetagandanischen Sicherheitsdienst zu wenden. Doch dann übergab jemand den Fall an Ghem -Oberst Benin, vermutlich mit deutlichen Hinweisen, daß es gut für seine Karriere sei, ein schnelles Verdikt zu erzielen, das den Selbstmord bestätigte. Und dieser jemand unterschätzte ernsthaft Benins Fähigkeiten« - und seinen Ehrgeiz - »als Sicherheitsoffizier.
War das übrigens Ghem-General Naru?«
Benin nickte, ein feines Funkeln in den Augen.
»Aus ... welchen Gründen auch immer entschied Naru, Ghem
-Oberst Benin würde einen
passenden zusätzlichen Sündenbock abgeben. Es begann sich ein Muster in den Operationen der Verschwörer heraus zubilden, wie Sie erkennen müssen, wenn Sie schon das Zeugnis von Lord Yenaro hier vernommen haben...?« Miles hob Benin gegenüber fragend die Augenbrauen. »Ich sehe, Sie haben Lord Yenaro gefunden, bevor es Ketys Agenten geglückt ist. Ich glaube, alles in allem bin ich froh.«
»Das sollten Sie auch sein«, erwiderte Benin höflich. »Wir haben ihn - zusammen mit seinem sehr interessanten Teppich - gestern abend aufgegriffen. Sein Bericht war von entscheidender Bedeutung für meine Reaktion auf den ... hm ... plötzlichen Ansturm von Informationen und Forderungen durch Ihren Cousin.«
»Ich verstehe.« Miles verlagerte sein Gewicht und nahm eine etwas gebeugte Haltung ein.
Er rieb sich das Gesicht, da es nicht die Zeit oder der Ort zu sein schien, sich im Schritt zu kratzen.
»Macht es Ihr medizinischer Zustand notwendig, das Sie sitzen?« fragte Benin freundlich.
Es geht schon.« Miles holte Luft. »Bei unserem ersten Gespräch versuchte ich, Ghem
Oberst Benins Aufmerksamkeit auf die Tücken seiner Situation zu lenken. Glücklicherweise ist Ghem-Oberst Benin ein scharfsinniger Mann, und seine Loyalität Ihnen gegenüber«
oder gegenüber der Wahrheit - » überwog allen versteckten Drohungen gegenüber seiner Karriere, die Naru andeutete.«
Benin und Miles tauschten ein vorsichtiges, anerkennendes Kopfnicken.
»Kety versuchte mich der Sternenkrippe auszuliefern und mit Hilfe von Ba Luras falschem Geständnis gegenüber der Helferin zu beschuldigen«, fuhr Miles vorsichtig fort. »Aber wieder einmal improvisierten seine Schachfiguren und wichen vom Drehbuch ab.
Rückhaltloses Lob gebührt der Haud Rian für ihre gelassene und gefaßte Reaktion auf diesen Notfall. Die Tatsache, daß sie einen kühlen Kopf behielt und nicht in Panik geriet, erlaubte mir, meine Versuche fortzusetzen, Barrayar von jeder Beschuldigung zu entlasten.
Sie machte den Haud ... hm ... alle Ehre, wissen Sie.« Miles schaute sie an und hoffte nervös auf einen Hinweis. Wie steht's mit uns? Doch sie blieb so gläsern aufmerksam,
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