Vorkosigan 07 Cetaganda
biologisch geboren wurde?«
Das Mädchen hob die federdünnen Augenbrauen. Auf ihrer makellosen Stirn erschien eine winzige Falte. »Alle Geburten sind biologisch, Yenaro.«
»Aber nein doch. Ich meine die ursprüngliche Art von Biologie. Aus dem Leib seiner Mutter.«
»Oh ...« Sie rümpfte angewidert die Nase. »Wirklich, Yenaro. Heute abend sind Sie abscheulich. Mutter hat recht, Sie und Ihre Retro-Avantgarde-Kreise werden eines schönen Tages noch zu weit gehen. Sie befinden sich in der Gefahr, jemand zu werden, den man besser nicht kennt, anstatt eine Berühmtheit.« Sie richtete ihren Abscheu gegen Yenaro, rückte aber etwas von Ivan ab, wie Miles bemerkte.
»Wenn man nicht berühmt wird, dann wenigstens berüchtigt«, sagte Yenaro und zuckte die Achseln.
Ich wurde aus einem Replikator geboren, wollte Miles schon fröhlich einwerfen, aber dann tat er es doch nicht. Das zeigt nun, daß man es nie wissen kann. Abgesehen vom Dachschaden hat Ivan mehr Gluck gehabt als ich...
»Dann noch einen schönen Abend, Lord Yenaro.« Lady Gelle warf den Kopf zurück und entfernte sich. Ivan blickte enttäuscht hinterher.
»Ein hübsches Mädchen, aber ihr Geist ist so wenig entwickelt«, murmelte Yenaro, als wollte er erklären, warum sie ohne Lady Gelles Gesellschaft besser auskämen. Doch er blickte unbehaglich drein.
»Also... äh... Sie haben die künstlerische Karriere einer militärischen vorgezogen, Lord Yenaro?« versuchte Miles die Lücke zu füllen.
»Karriere?« Lord Yenaro verzog den Mund. »Nein, ich bin natürlich ein Amateur.
Kommerzielle Erwägungen sind der Tod wahren Geschmacks. Aber ich hoffe auf meine Art eine gewisse Größe zu erreichen.«
Miles hoffte, daß es sich hierbei nicht um eine Doppeldeutigkeit handelte. Sie folgten Lord Yenaros Blick über das Geländer hinab in die Vorhalle, auf sein Quellending, das dort gluckerte. »Sie sollten es wirk lich mal von innen sehen, wissen Sie. Dann sieht es völlig anders aus.«
Yenaro ist wirklich ein ziemlich schwieriger Mann, dachte Miles, sein stacheliges Äußeres verbirgt kaum das zitternde, verletzliche Ego eines Künstlers. »Gewiß«, hörte er sich sagen.
Yenaro brauchte keine weitere Ermutigung und führte sie, ängstlich lächelnd, zur Treppe, wobei er eine Theorie über das Thema zu erklären begann, das die Skulptur angeblich darstellen sollte. Miles erblickte Botschafter Vorob'yev, der ihm vom anderen Ende des Balkons zuwinkte. »Entschuldigen Sie mich, Lord Yenaro. Ivan, geh weiter, ich hole Euch dann ein.«
»Oh ... « Einen Moment lang blickte Yenaro niedergeschmettert drein. Ivan sah Miles entfliehen, und in seinen Augen funkelte es zornig, was spätere Rache versprach.
Vorob'yev stand neben einer Frau, die ihre Hand ungezwungen auf seinen Arm gelegt hatte.
Nach Miles Schätzung war sie etwa vierzig Standardjahre alt; ihr Gesicht war auf natürliche Weise attraktiv und frei von jeder künstlich-chirurgischen Verschönerung. Ihre langen Kleider ahmten die cetagandanische Mode nach, waren jedoch in den Einzelheiten viel einfacher als Lady Gelles Gewänder. Sie war keine Cetagandanerin, doch das Dunkelrot, die Cremefarben und die grünen Akzente ihrer Kleider paßten raffiniert zu ihrer olivbraunen Haut und ihren dunklen Locken.
»Da sind Sie ja, Lord Vorkosigan«, sagte Varob'yev. »Ich habe Ihnen versprochen, Sie miteinander bekannt zu machen. Dies ist Mia Maz, die für unsere guten Freunde an der Botschaft von Vervain arbeitet und uns von Zeit zu Zeit aushilft. Ich darf sie Ihnen empfehlen.«
Miles nahm Haltung an, lächelte und verbeugte sich vor der Vervanerin. »Es freut mich, Sie kennenzulernen. Und was tun Sie an der Botschaft von Vervain, Madame?«
»Ich bin die stellvertretende Leiterin der Protokollabteilung. Mein Spezialgebiet ist weibliche Etikette.«
»Ist das ein eigenes Spezialgebiet?«
»Hier schon, zumindest sollte es eins sein. Seit Jahren sage ich Botschafter Vorob'yev, daß er seinen Stab dafür um eine Frau erweitern sollte.«
»Aber wir haben keine Frau mit der notwendigen Erfahrung«, seufzte Vorob'yev; »und Sie lassen sich ja nicht von mir abwerben, obwohl ich es schon versucht habe.
»Dann engagieren Sie doch eine Frau, die noch am Anfang steht, und lassen Sie sie die Erfahrung sammeln«, schlug Miles vor. »Vielleicht wäre Madame Maz bereit, eine Volontärin zu übernehmen?«
»Nun, das wäre eine Idee...« Vorob'yev schien sichtlich beeindruckt zu sein. Maz hob zustimmend die Augenbrauen.
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