Vorkosigan 07 Cetaganda
Entschuldigen Sie, hat einer Ihrer Lokniere einen Codeschlüssel mit einem solchen Siegel verloren ...? Nein. Bei weitem die beste Methode war, seine Gegenspieler ihn finden zu lassen. Doch sie waren darin entsetzlich langsam. Miles suchte in der Menge nach Männern ohne Augenbrauen, doc h ohne Erfolg.
Ivan jedoch hatte schon eine schöne Frau gefunden. Miles blinzelte, als ihm bewußt wurde, wie schön sie war: groß und schlank, Gesicht und Hände so zart und glatt wie Porzellan.
Juwelenbesetzte Bänder hielten ihr blondweißes Haar lose im Nacken und an ihrer Taille zusammen. Erst auf halbem Weg zu ihren Knien erreichte das Haar sein seidiges Ende. Ihre Kleidung verbarg mehr, als sie enthüllte, mit Schichten von Unterkleidern, geschlitzten Ärmeln und Hemden, die bis zu ihren Fußknöcheln herabwallten. Die dunklen Farben der Oberbekleidung betonten die Blässe ihres Gesichtes, darunter schimmerte himmelblaue Seide hervor und bildete ein Echo zu ihren blauen Augen. Keine Frage - sie war eine cetagandanische Ghem-Lady, und sie hatte dieses elfische Etwas an sich, das den Gedanken nahelegte, daß es in ihrem Stammbaum mehr als nur eine Spur von Haud-Lord-Genen geben mußte. Zugegeben, das Aussehen konnte mit Hilfe einer Schönheitsoperation und anderer Therapien nachgeahmt werden, aber die arrogant en Bögen ihrer Augenbrauen mußten echt sein.
Während Miles sich ihr noch aus einer Entfernung von drei Metern in einer Spirale näherte, spürte er schon die Pheromone in ihrem Parfüm. Seine Annäherung schien überflüssig zu sein, denn Ivan war schon in Fahrt und gab eine Geschichte zum besten, in der er selbst der Held oder zumindest der Protagonist war.
Aha, etwas über Trainingsübungen, natürlich, mit Betonung auf seinem martialischen barrayaranischen Stil. Venus und Mars, jawohl. Aber die Frau lächelte tatsächlich über etwas, das Ivan gesagt hatte.
Es war nicht so, daß Miles neidisch war und Ivan dessen Glück bei den Frauen streitig machen wollte, nein, es wäre einfach schön, wenn etwas von dem Überfluß auch in seine Richtung tröpfelte. Ivan allerdings behauptete, jeder müsse seines eigenes Glückes Schmied sein. Ivans unverwüstliches Ego konnte an einem solchen Abend zwölf Zurückweisungen wegstecken und dann beim dreizehnten Versuch lächelnd den Erfolg verbuchen. Miles meinte, er selbst wäre schon beim dritten Versuch an Demütigung gestor
ben. Vielleicht war er von Natur aus monogam.
Verdammt, man mußte zuerst überhaupt einmal den Stand der Monogamie erreichen, bevor man weitergehende Ambitionen haben konnte. Bis jetzt war es ihm nicht einmal gelungen, eine einzige Frau an seine zu kurz geratene Person zu binden. Natürlich hatten die drei Jahre Dienst bei verdeckten Operationen und die Zeit davor, die er in der ausschließlich männlichen Umgebung der Militärakademie verbracht hatte, seine Möglichkeiten begrenzt.
Eine hübsche Theorie. Und warum hatten ähnliche Bedingungen Ivan nicht aufgehalten?
Elena ... Wartete er irgendwo noch auf das Unmögliche? Miles glaubte, daß er auch nicht annähernd so wählerisch war wie Ivan - er konnte sich es ja kaum leisten -, doch selbst dieser schönen Ghem-Blondine fehlte... was? Die Intelligenz, das zurückhaltende Wesen, das Herz einer Wandrerin...? Aber Elena hatte sich für einen anderen Mann entschieden, und das war wahrscheinlich klug gewesen. Es war Zeit, höchste Zeit für Miles, weiterzuschreiten und sein eigenes Glück zu schmieden. Er wünschte sich nur, die Aus
sichten wären nicht so düster.
Ein paar Augenblicke später näherte sich von der anderen Seite her ein cetagandanischer Ghem -Lord, groß und schlank. Das Gesicht über den dunklen, wallenden Gewändern war jung; der Kerl war vermutlich nicht viel älter als Ivan und Miles. Er hatte einen breiten Schädel mit hervorstehenden runden Backenknochen. Die eine Wange war mit einem kreisförmigen Fleck geschmückt, dem Abziehbild, wie Miles erkannte, eines stilisierten Farbenwirbels, der den Rand und den Clan des Mannes kennzeichnete. Dabei handelte es sich um eine geschrumpfte Version der vollen Gesichtsbemalung, die einige andere der anwesenden Cetagandaner trugen: eine avantgardistische Jugendmode, die derzeit von der älteren Generation noch mißbilligt wurde. War der Mann gekommen, um seine Dame vor Ivans Aufmerksamkeiten zu retten?
»Lady Gelle«, grüßte er sie mit einer leichten Verbeugung. »Lord Yenaro«, antwortete sie mit einer genau abgemessenen Neigung
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