Vorkosigan 07 Cetaganda
durchkomme, wenn ich sage, ich hätte ihn verloren.« Widerstrebend gab er ihr den Kommunikator zurück. »Aber wir müssen uns irgendwie wieder treffen.« Ja, o ja. »Wenn ich meinen Ruf und vielleicht mein Leben aufgrund der Gültigkeit meiner Schlußfolgerungen riskieren soll, dann würde ich sie gerne mit ein paar Fakten stützen.« Ein Faktum war fast sicher. Jemand, der genug Intelligenz und Nerven besaß, um vor der Nase des Kaiser von Cetaganda einen der ältesten kaiserlichen Diener zu ermorden, würde wohl kaum davor zurückschrecken, eine durchaus nicht alte weibliche Degtiar zu bedrohen. Der Gedanke war obszön, gräßlich. Die diplomatische Immunität eines Sprosses des barrayaranischen Adels wäre zweifellos ein noch wirkungsloserer Schild, aber das war einfach der Preis des Spiels. »Ich glaube, Sie könnten sich in großer Gefahr befinden. Es ist vielleicht besser, ein bißchen mitzuspielen - offenbaren Sie niemandem, daß Sie diesen Schlüssel von mir bekommen haben. Ich habe das komische Gefühl, daß ich mich nicht an das Drehbuch des Unbekannten halte, wissen Sie.« Er ging nervös vor ihr auf und ab.
»Wenn Sie vielleicht etwas über Ba Luras wirkliche Aktivitäten in den letzten paar Tagen vor seinem Tod herausfinden können - achten Sie allerdings darauf, daß Sie nicht Ihrem eigenen Sicherheitsdienst ins Gehege kommen. Der muß ja auch über den Tod des Ba ermitteln.«
»Ich werde ... Sie kontaktieren, wann und wo ich kann, Barrayaraner.« Langsam streichelte eine blasse Hand die Steuertastatur auf der Armlehne des Schwebesessels, und um sie herum sammelte sich ein trüber grauer Nebel wie ein Feenzauber.
Der Ba-Diener tauchte wieder im Pavillon auf und eskortierte nicht Miles, sondern seine Herrin davon. Miles mußte allein durch die Dunkelheit zu Yenaros Anwesen zurückstolpern.
Es regnete.
Miles war nicht überrascht, als er feststellte, daß die Ghem-Frau nicht mehr auf der Bank neben dem rot emaillierten Tor wartete. Er schlüpfte leise hindurch und blieb direkt vor den beleuchteten Gartentüren stehen, um so viele Wassertröpfchen wie möglich von seiner formellen schwarzen Livree abzuwischen und sich übers Gesicht zu fahren. Dann opferte er sein Taschentuch der Reinigung der Stiefel und ließ das nasse Tuchlein in aller Ruhe hinter einem Busch verschwinden. Schließlich schlich er sich wieder hinein.
Niem and bemerkte, wie er eintrat. Die Party war jetzt etwas lauter, wobei ein paar neue Gesichter einige der vorigen ersetzten. Die Cetagandaner benutzten Alkohol nicht, um sich zu berauschen, doch einige der Gäste umgab das aufgelöste Flair einer schon weit vorgerückten Party, das Miles auch an Nachtschwärmern zu Hause erlebt hatte. War es zuvor schon schwer gewesen, eine intelligente Konversation zu führen, so war es jetzt offensichtlich hoffnungslos. Er fühlte sich nicht in einer besseren Verfassung als die Ghemlinge, denn er war berauscht von Informationen, schwindlig vor Faszination. Jeder nach seiner eigenen geheimen Sucht, nehme ich an. Er wollte Ivan holen und so schnell wie möglich abhauen, bevor sein Kopf explodierte.
»Ach, da sind Sie ja, Lord Vorkosigan.« Lord Yenaro erschien neben Miles und schaute etwas ängstlich drein. »Ich konnte Sie nicht finden.«
»Ich habe einen langen Spaziergang mit einer Dame unternommen«, sagte Miles. Ivan war nirgends zu sehen. »Wo ist mein Cousin?«
»Lord Vorpatril ist auf einem Rundgang durch das Haus mit Lady Arvan und Lady Benello«, antwortete Yenaro. Er warf einen Blick durch einen breiten Türbogen auf der gegenüberliegenden Seite des Raums, der eine Wendeltreppe im anschließenden Korridor umrahmte. »Sie sind schon... eine erstaunlich lange Zeit fort.« Yenaro versuchte ein wissendes Lächeln, doch es wirkte nur seltsam konfus. »Noch bevor Sie ... ich weiß nicht recht... ach, na ja. Hätten Sie gern etwas zu trinken?«
»Ja, bitte«, sagte Miles zerstreut. Er nahm das Glas aus Yenaros Hand und leerte es ohne Zögern. Er mußte fast die Augen verdrehen, als er überlegte, was zwischen Ivan und den zwei schönen Ghem-Frauen geschehen sein könnte. Für seine von einer Haud geblendeten Sinne wirkten alle Ghem-Frauen im Raum so derb und fad wie irgendwelche Dorfschlampen.
Er hoffte, diese Wirkung würde mit der Zeit nachlassen.
Ihn ängstigte der Gedanke an seine eigene nächste Begegnung mit einem Spiegel. Was hatte die Haud Rian Degtiar gesehen, als sie ihn anschaute? Einen äffischen, schwarz gekleideten Gnom,
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