Vorkosigan 07 Cetaganda
trainierten und von Natur aus zu Winkelzügen neigenden Verstand erschien sie aufrichtig bis zur Naivität. Wenn man sich schon tief und hoffnungslos in jemanden verliebte, dann sollte dieser jemand wenigstens die Höflichkeit besitzen, dies zu bemerken ...
Das Schlüsselwort ist „hoffnungslos“. Denk daran!
Sie hatten keine gemeinsame Liebe, er und Rian, und auch keine Chance dazu. Und keine gemeinsamen Ziele. Aber sie hatten einen gemeinsamen Feind. Das würde ausreichen müssen.
Rian erhob sich zum Abschied. Miles rappelte sich ebenfalls hoch und fragte: »Hat Ghem
Oberst Benin schon mit Ihnen gesprochen? Er wurde beauftragt, den Tod von Ba Lura zu untersuchen, wissen Sie.«
»Das habe ich mitbekommen. Er hat zweimal um eine Audienz bei mir ersucht. Ich habe seinem Ersuchen noch nicht stattgegeben. Er scheint ... hartnäckig zu sein.«
»Gott sei Dank! Wir haben noch eine Chance, unsere Geschichten aufeinander abzustimmen.« Miles gab ihr eine kurze Zusammenfassung seines Gesprächs mit Benin, wobei er sein erfundenes erstes Gespräch mit Rian besonders hervorhob. »Wir müssen uns auch eine übereinstimmende Darstellung meines heutigen Besuches ausdenken. Ich glaube, er wird wiederk ommen. Ich habe ihn dazu wohl ermuntert, fürchte ich. Ich hatte nicht geahnt, daß Prinz Slyke sich Ihnen so leicht verraten würde.«
Rian nickte, ging zu der Glaswand, zeigte auf verschiedene Arbeitsplätze im Labor und gab Miles eine kurze Beschreibung der Besichtigung, bei der sie am Vortag Prinz Slyke geführt hatte. »Reicht das?«
»Schön, danke. Sie können ihm sagen, daß ich eine Menge medizinischer Fragen gestellt habe, und zwar über... die Korrektur verschiedener körperlicher Behinderungen, und daß Sie mir nicht viel helfen konnten und daß ich mich an die falsche Adresse gewandt hatte.« Er konnte es sich nicht verkneifen anzufügen: »Mit meiner DNS ist alles in Ordnung, wissen Sie. Meine ganze Schädigung war teratogen. Und ist damit außerhalb Ihres Tätig
keitsbereichs und so weiter.«
Ihr Gesicht, in seiner Schönheit immer maskengleich, schien noch eine Nuance ausdrucksloser zu werden. Nervös fügte er noch hinzu: »Ihr Cetagandaner treibt einen übermäßigen Zeitaufwand mit eurer äußeren Erscheinung. Sicher sind Sie schon auf einen Schein gestoßen, der trügt.« Hör auf, halt jetzt die Klappe!
Sie öffnete die Hand und reagierte damit auf seine Worte, ohne zuzustimmen oder zu widersprechen, dann kehrte sie in ihre Kugel zurück. Ausgelaugt und seiner Zunge nicht mehr trauend ging Miles stumm neben ihr her, zurück zum Haupteingang.
Sie kamen in eine kühle und lichtdurchwogte künstliche Dämmerung hinaus. Ein paar helle Sterne schienen in der anscheinend grenzenlosen dunkelblauen Hemisphäre über ihnen. In einer Reihe von Bänken gegenüber dem Eingang der Sternenkrippe saßen Mia Maz, Botschafter Vorob'yev und Ghem-Oberst Benin und schienen freundlich miteinander zu plaudern. Sie alle blickten auf, als Miles erschien, Vorob'yev und Benin schienen daraufhin eine Nuance weniger freundlich zu lächeln. Miles hätte am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht, um wieder nach drinnen zu fliehen.
Offensichtlich hatte Rian ein ähnliches Gefühl, denn die Stimme aus der Kugel murmelte:
»Ah, Ihre Leute warten auf Sie, Lord Vorkosigan. Ich hoffe, Sie haben diese Besichtigung lehrreich gefunden, auch wenn Sie nicht Ihren Bedürfnissen entgegenkommt«, und schlüpfte prompt wieder in die Zuflucht der Sternenkrippe.
Oh, die ganze Sache ist eine lehrreiche Erfahrung, Mylady. Miles zwang ein freundliches Lächeln auf sein Gesicht und trottete über den Weg zu der Bank, wo die wartenden Beobachter aufstanden, um ihn zu begrüßen. Mia Maz zeigte wie gewohnt ihre fröhlichen Grübchen. Bildete Miles es sich nur ein, oder hatte Vorob'yevs diplomatische Freundlichkeit einen gezwungenen Unterton bekommen? Durch die Wirbel der Gesichtsbemalung war Benins Gesichtsausdruck weniger leicht zu deuten.
Hallo«, sagte Miles munter. »Sie haben ... hm ... gewartet, Sir. Danke, obwohl ich glaube, daß das nicht notwendig war.« Vorob'yev zog die Augenbrauen hoch - ein Zeichen schwachen ironischen Widerspruchs.
»Ihnen ist eine ungewöhnliche Ehre zuteil geworden, Lord Vorkosigan«, bemerkte Benin und nickte in Richtung auf die Sternenkrippe.
»Ja, die Haud Rian ist eine sehr höfliche Dame. Ich hoffe, ich habe sie mit all meinen Fragen nicht ermüdet«
»Und wurden alle Ihre Fragen beantwortet?« fragte Benin.
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