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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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zurecht?« Hier gab es ganz entschieden zu wenige Landmarken. Miles fühlte sich an eine Pinguinkolonie erinnert. Doch Pinguine schienen ihre felsigen Nester finden zu können. Er mußte also anfangen, wie ein Pinguin zu denken – oder er mußte einen Pinguin finden, der ihn führen konnte. Er musterte seinen Leitvogel, der geistesabwesend auf den Boden malte. Kreise natürlich.
    »Wo ist der Speisesaal?«, fragte Miles etwas lauter. »Woher hast du das Wasser bekommen?«
    »An der Außenseite der Latrinen sind Wasserhähne«, sagte
    Suegar, »aber sie funktionieren nur zeitweise. Es gibt keinen Speisesaal. Wir bekommen nur Essensriegel. Manchmal.«
    »Manchmal?«, sagte Miles ärgerlich. Er konnte Suegars Rippen zählen. »Verdammt, die Cetagandaner behaupten lauthals, daß sie 243
    ihre Kriegsgefangenen nach den Regeln der Interstellaren
    Schiedskommission behandeln. Soundsoviel Quadratmeter Platz pro Person, 3000 Kalorien am Tag, mindestens fünfzig Gramm Protein, zwei Liter Trinkwasser – man sollte wenigstens zwei ISK-Standardrationsriegel pro Tag bekommen. Wird man hier
    ausgehungert?«
    »Nach einer Weile«, seufzte Suegar, »ist es einem wirklich egal, ob man seine Ration bekommt oder nicht.« Die Aufmunterung, die Suegar durch sein Interesse an Miles als neuer und hoffnungsvoller Figur in seiner Welt erfahren hatte, schien sich schon zu verflüchtigen. Sein Atem hatte sich verlangsamt, seine Haltung war zusammengesunken. Er schien drauf und dran zu sein, sich auf den Boden hinzulegen. Miles überlegte, ob Suegars Schlafmatte das gleiche Schicksal erlitten hatte wie seine eigene. Wahrscheinlich vor beträchtlicher Zeit.
    »Hör mal, Suegar – ich glaube, ich habe vielleicht irgendwo in diesem Lager einen Verwandten. Einen Cousin meiner Mutter.
    Meinst du, du könntest mir helfen, ihn zu finden?«
    »Es ist bestimmt gut für dich, wenn du hier einen Verwandten hast«, bekräftigte Suegar zu. »Hier ist es nicht gut, ganz allein zu sein.«
    »Ja, das habe ich schon herausgefunden. Aber wie kann man hier jemanden finden? Es sieht also so unorganisiert aus.«
    »Oh, es gibt – es gibt Gruppen und andere Gruppen. Jeder bleibt nach einer Weile ziemlich an der selben Stelle.«
    »Er war bei der 14. Kommando-Truppe. Wo ist die?«
    »Von den alten Gruppen ist kaum eine übrig.«
    »Er war Oberst Tremont. Oberst Guy Tremont.«
    »Oh, ein Offizier.« Suegar runzelte sorgenvoll die Stirn. »Das macht es schwerer. Du warst kein Offizier, oder? Verrate es besser nicht, wenn du einer warst …«
    »Ich war Schreiber«, wiederholte Miles.
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    »… denn hier gibt es Gruppen, die keine Offiziere mögen.
    Schreiber. Dann bist du wahrscheinlich OK.«
    »Warst du ein Offizier, Suegar?« fragte Miles neugierig.
    Suegar blickte ihn düster an und zwirbelte seine Barthaare. »Die Armee von Marilac ist futsch. Wenn es keine Armee gibt, dann kann sie auch keine Offiziere haben, oder?«
    Miles überlegte kurz, ob er schneller weiterkäme, wenn er Suegar einfach verließe und versuchen würde, den nächsten zufälligen Gefangenen, auf den er stieße, in ein Gespräch zu verwickeln.
    Gruppen und andere Gruppen. Und wahrscheinlich auch Gruppen wie die fünf stämmigen, sauren Brüder vorhin. Er beschloß, sich noch etwas länger an Suegar zu halten. Unter anderem würde er sich selber nicht ganz so nackt vorkommen, wenn er nicht allein nackt war.
    »Kannst du mich zu jemandem bringen, der bei der 14. war?«, drängte Miles Suegar aufs neue. »Irgend jemand, der vielleicht Tremont vom Sehen kennt.«
    »Du kennst ihn nicht?«
    »Wir sind uns nie persönlich begegnet. Ich habe Vids von ihm gesehen. Aber ich fürchte, sein Aussehen hat sich inzwischen …
    verändert.«
    Suegar griff sich nachdenklich an den Kopf. »Ja, wahrscheinlich.«
    Miles rappelte sich schmerzvoll auf die Beine. Die Temperatur unter der Kuppel war ohne Kleidung ein bißchen kühl. Ein Luftzug stellte ihm die Haare auf den Armen auf. Wenn er nur ein Kleidungsstück zurückbekäme, würde er dann seine Hosen bevorzugen, um die Genitalien zu bedecken, oder sein Hemd, um seinen krummen Rücken zu verbergen? Ach, zum Teufel! Keine Zeit für solche Überlegungen. Er hielt Suegar eine Hand hin, um ihm hochzuhelfen. »Gehen wir los.«
    Suegar blickt zu ihm empor. »Man kann immer einen Neuankömmling erkennen. Du hast es noch eilig. Hier drinnen wirst du allmählich langsamer. Dein Gehirn wird langsamer …«
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    »Hat deine Schrift dazu etwas zu sagen?«, fragte Miles

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