Vorkosigan 11 Spiegeltanz
Lord Fell wurde, und das verdankte er zu einem guten Teil dem Coup, den er für Haus Fell mit der Person von Lilly gelandet hatte. Jetzt erscheinen die Dendarii-Söldner auf der Szene. Und jetzt müßt ihr mir sagen, was geschehen ist.« Mark nickte Bel Thorne zu. »Ich habe darüber nur Bruchstücke aufgeschnappt.«
Bel pfiff. »Ich weiß einiges von dem, was du erzählt hast, aber ich hatte noch nie die ganze Geschichte gehört. Kein Wunder, daß 502
Fell und Ryoval einander hassen.« Er warf Quinn einen Blick zu: sie nickte und erlaubte ihm damit, weiter zu erzählen. »Nun, vor ungefähr vier Jahren brachte Miles den Dendarii einen kleinen Kontrakt. Es sollte jemand abgeholt werden. Unser Auftraggeber –
entschuldigt, Barrayar, ich habe jetzt so lange ›unser Auftraggeber‹ gesagt, daß es schon ein Reflex ist.«
»Behalte diesen Reflex bei«, riet ihm Mark.
Bel nickte. »Das Kaiserreich wollte einen galaktischen Genetiker importieren. Ich weiß nicht genau, weshalb«, er blickte wieder zu Quinn.
»Brauchst du auch nicht zu wissen«, sagte sie.
»Aber ein gewisser Dr. Canaba, der damals einer der Spitzengenetiker des Hauses Bharaputra war, wollte sich absetzen. Das Haus Bharaputra urteilt tödlich pessimistisch über Angestellte, die mit einem Kopf voller Firmengeheimnisse abhauen. Also brauchte Canaba Hilfe. Er schloß einen Handel mit dem Kaiserreich von Barrayar ab, ihn aufzunehmen.«
»Da komme ich her«, warf Taura ein.
»Ja«, sagte Thorne. »Taura war eines seiner Lieblingsprojekte.
Er bestand darauf, sie mitzunehmen. Leider war das Projekt Supersoldat kurz zuvor abgebrochen worden, und Taura wurde an Baron Ryoval verkauft, der, entschuldige, Sergeantin, genetische Kuriositäten sammelt. Also mußten wir zusätzlich zu Canaba sie noch aus dem Haus Ryoval herausholen. Hm, Taura, was dann geschah, solltest lieber du erzählen.«
»Der Admiral kam und befreite mich aus dem biologischen
Hauptlabor von Ryoval«, brummte die große Frau. Sie stieß einen langen Seufzer aus, als hinge sie einer süßen Erinnerung nach.
»Bei der Flucht zerstörten wir die zentrale Genbank des Hauses 503
Ryoval. Eine hundert Jahre alte Gewebesammlung ging in Rauch auf. Buchstäblich.« Sie lächelte und fletschte ihre Fangzähne.
»In jener Nacht verlor das Haus Ryoval nach Schätzung von Baron Fell etwa fünfzig Prozent seiner Aktiva«, fügte Thorne hinzu. »Mindestens.«
Mark zischte höhnisch, dann wurde er wieder nüchtern. »Das erklärt, warum ihr alle glaubt, daß Baron Ryovals Leute Admiral Naismith jagen.«
»Mark«, sagte Thorne voller Verzweiflung, »falls Ryoval Miles zuerst findet, dann wird er ihn nur wiederbeleben lassen, damit er ihn wieder töten kann. Und immer wieder und wieder. Deshalb haben wir so sehr darauf bestanden, daß du Miles spielst, als wir uns von Jackson's Whole zurückzogen. Ryoval hat kein Motiv, sich am Klon zu rächen, nur am Admiral.«
»Ich verstehe. Danke! Was ist eigentlich aus Dr. Canaba geworden? Wenn ich fragen darf.«
»Er wurde wohlbehalten abgeliefert«, sagte Quinn. »Er hat einen neuen Namen, ein neues Gesicht, ein neues Labor und ein Gehalt, das ihn zufriedenstellen dürfte. Ein loyaler neuer Untertan des Kaisers.«
»Hm. Nun, das bringt mich zu der anderen Querverbindung. Sie ist weder neu noch geheim, doch ich weiß noch nicht, was ich daraus machen soll. Und der Sicherheitsdienst weiß es übrigens auch nicht. Allerdings haben sie deshalb zweimal Agenten geschickt, um die Durona-Gruppe zu überprüfen. Baronin Lotus Bharaputra, die Frau des Barons, ist ein Durona-Klon.«
Taura führte die Hand mit den Klauen an die Lippen. »Dieses Mädchen!«
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»Ja, dieses Mädchen. Ich habe mich fragt, warum es mir kalt den Rücken hinunterlief, als ich sie sah. Ich hatte sie schon einmal gesehen, in einer anderen Inkarnation. Den Klon eines Klons.
Die Baronin ist die älteste von Lilly Duronas Klontöchtern oder –
Schwestern oder wie immer man diese Sippe nennen mag. Oder diesen Bienenstock. Sie hat sich nicht billig verkauft. Für eine der größten Bestechungen in der Geschichte von Jackson's Whole wurde Lotus zur Renegatin – Mitherrscherin oder so ähnlich über das Haus Bharaputra. Sie ist seit zwanzig Jahren Baron Bharaputras Gefährtin. Und jetzt sieht es so aus, als bekäme sie noch etwas anderes. Die Durona-Gruppe verfügt insgesamt über einen erstaunlichen Umfang an biologischer Fachkenntnis, aber sie weigert sich, Gehirntransplantationen an Klons
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