Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
Betäuber für mich herumtragen, genau wie die hohen Tiere.« »Übrigens könntest du durch all diese Meter von Wasser hindurch gar nichts betäuben«, versetzte Illyan hartnäckig.
»Tja, nicht mit einem Betäuber. Mit der Energiezelle eines Betäubers.« »Aha!« Illyans Gesicht hellte sich sofort auf, doch dann meldeten sich wieder Zweifel. »Man kann Fische bombardieren, oder?
Auf den Gedanken bin ich noch nicht gekommen.« »Oh, das ist ein alter Trick der Leute aus den Dendarii-Bergen.
Die hatten nicht die Zeit, auf ihren Ärschen zu hocken und Schnüre ins Wasser zu hängen; der Angelsport ist eine Perversion der Vor. Die Bergbewohner waren hungrig und wollten ihr Abendessen haben. Außerdem betrachteten es die Lords am See als Wilderei in ihrem Fischgehege, und das war ein Ansporn, schnell hinein und wieder heraus zu gelangen, bevor die Gefolgsleute des Grafen angeritten kamen.« Nach ungefähr einer weiteren Minute bemerkte Illyan: »Ich habe zufällig einen Betäuber bei mir.« Du lieber Gott, wir haben Sie bewaffnet aus der Klinik entlassen? »So?« Illyan stellte die Bierflasche ab und zog die Waffe aus der Tasche. »Hier, ich biete ihn als Opfer an. Ich muß diesen Trick erleben.« »Äh … nun ja …« Miles setzte sein Bier ab, reichte Illyan seine Angelrute und überprüfte den Betäuber. Armeemodell, voll geladen. Er nahm die Energiezelle heraus und schloß dann ganz nach Art der KBS-Instruktion für verdeckte Operationen – : ›Wie Sie Ihren Betäuber in eine Handgranate verwandeln‹ –die Patrone kurz. Er nahm einen weiteren Schluck Bier, zählte einen Augenblick und warf die Energiepatrone über Bord.
»Hoffentlich sinkt das Ding«, bemerkte Illyan.
»Es sinkt. Schauen Sie nur!« Der metallische Schimmer verschwand in die Dunkelheit.
»Wie viele Sekunden?«, fragte Illyan.
»Natürlich weiß man es nie genau. Das ist eins von den Dingen, die dieses Manöver immer so verdammt heikel machen.« Eine halbe Minute später leuchtete in der Dunkelheit ein schwach strahlender Blitz auf. Ein paar Momente später brodelte das Wasser neben dem Boot auf. Das dazugehörige Geräusch war eher ein Rülpser als ein Knall. Das Boot schwankte.
Am Ufer sprang der KBS-Wächter jäh auf und beäugte sie durch sein starkes Fernglas. Miles winkte ihm fröhlich, bierselig und beruhigend zu; zögernd ließ sich der Mann wieder auf seinem Stuhl nieder.
»Nun?«, fragte Illyan und spähte ins Wasser hinab.
»Warten Sie bloß.« Etwa zwei Minuten später kam etwas bleich Schimmerndes von unten herauf. Und dann noch etwas. Und noch etwas. Zwei weitere Fische tauchten silbrig glänzend an der Oberfläche auf.
»Himmel«, sagte Illyan, und es klang beeindruckt. »Fische.« Respektvoll drehte er seine Flasche zu einem Trinkspruch auf Miles um.
Fische, und was für welche! Der kleinste war einen halben Meter lang, der größte nahezu zweidrittel Meter; Lachse und Seeforellen, darunter einer, der schon seit den Tagen von Miles’ Großvater dort drunten gelauert haben mußte. Ihre Augen waren glasig und blickten vorwurfsvoll, als Miles sich vorsichtig über den Bootsrand beugte und versuchte, sie mit dem Netz einzufangen.
Sie waren kalt und glitschig, und Miles hätte sich fast zu ihnen in ihr feuchtes Grab gesellt, bevor es ihm gelungen war, alle zu schnappen. Illyan packte klugerweise Miles an einem Fußknöchel, während er spritzend herumfuhrwerkte. Als ihre Beute auf dem Bootsdeck ausgelegt war, bildete sie mit ihren im späten Nachmittagslicht irisierenden Schuppen eine eindrucksvolle Strecke.
»Wir haben gefischt«, verkündete Illyan und starrte auf die Masse, die fast Miles’ Körpervolumen gleichkam. »Können wir jetzt heimgehen?« »Haben Sie noch eine Betäuberzelle?« »Nein.« »Ist noch Bier übrig?« »Das war das letzte.« »Ja, dann können wir genauso gut heimgehen.« Illyan grinste schelmisch. »Ich kann es kaum erwarten«, mur melte er, »bis mich jemand fragt, was wir als Köder benutzt haben.« Miles gelang es, das Boot anzulegen, ohne gegen den Landungssteg zu donnern, trotz des verzweifelten Bedürfnisses zu pinkeln und einem schwankenden Gefühl, das nichts mit den Wellen im Wasser zu tun hatte. Er ging mit Schlagseite den Hang zum Haus hinauf und schleppte dabei die beiden kleineren Fische an einer Schnur, die durch ihre Kiemen gesteckt war; er überließ es Illyan, sich mit den größeren abzumühen.
»Müssen wir die alle essen?«, schnaufte Illyan in seinem
Weitere Kostenlose Bücher