Vorkosigan 13 Komarr
eben Marmor sein, oder Granit. Was immer Sie brauchen, nehmen Sie sich es, Madame Ekaterin; was immer Sie wollen, Sie haben es schon.
»Ich liebe Pferde«, brachte er schließlich hervor. Er fragte sich, ob das so idiotisch klang, wie es… klang.
Ihre dunklen Brauen kräuselten sich amüsiert-verwirrt, also klang es offensichtlich so albern. »Oh, dem bin ich schon vor Jahren entwachsen.«
War sie entwachsen, oder hatte sie aufgegeben? »Ich war ein Einzelkind, aber ich habe einen Cousin – Ivan –, der denkbar flegelhaft war. Und natürlich viel größer als ich, obwohl wir ungefähr gleichaltrig sind. Aber als ich ein 322
kleiner Junge war, hatte ich einen Leibwächter, einen von den Gefolgsleuten meines Vaters, des Grafen. Sergeant Bothari. Er hatte überhaupt keinen Sinn für Humor. Wenn Ivan jemals so etwas versucht hätte wie Ihr Bruder, dann hätte ihn keinerlei Pfiffigkeit gerettet.«
Sie lächelte. »Ihren eigenen Leibwächter. Na, das hört sich ja wirklich nach idyllischer Kindheit an.«
»Das war sie auch, auf viele Arten. Allerdings nicht im medizinischen Bereich. Da konnte der Sergeant mir nicht helfen. Und nicht in der Schule. Wohlgemerkt, damals wusste ich nicht zu schätzen, was ich da hatte. Ich verbrachte meine halbe Zeit damit zu überlegen, wie ich aus Sergeant Botharis Schutz entkommen könnte. Aber ich vermute, es gelang mir oft genug, um zu wissen, dass ich damit Erfolg haben konnte.«
»Ist Sergeant Bothari noch bei Ihnen? Einer dieser althergebrachten Vasallen einer Familie der Alten Vor?«
»Das wäre er wahrscheinlich, wenn er noch lebte, aber nein. Wir… äh … gerieten auf einer galaktischen Reise, als ich sechzehn war, in ein Kriegsgebiet, und er kam ums Leben.«
»Oh, das tut mir Leid.«
»Es war nicht genau meine Schuld, aber meine
Entscheidungen spielten eine ziemlich große Rolle in der Kausalkette, die zu seinem Tod führte.« Er beobachtete, wie sie auf dieses Geständnis reagieren würde; wie üblich, änderte sich ihr Gesichtsausdruck sehr wenig. »Aber er hat mich gelehrt, wie man überlebt und weitermacht. Das war die letzte seiner sehr vielen Lektionen.« Sie haben gerade 323
Vernichtung erlebt: ich kenne mich mit dem Überleben aus. Lassen Sie mich Ihnen helfen.
Ihre Augen schnellten hoch. »Haben Sie ihn geliebt?«
»Er war ein… schwieriger Mann, aber ja.«
»Aha.«
Nach einer Weile sagte er: »Wie auch immer Sie so
geworden sind, aber Sie verhalten sich im Notfall sehr vernünftig.«
»So, wirklich?«
»So haben Sie sich zumindest letzte Nacht verhalten.«
Sie lächelte, sichtlich berührt von dem Kompliment.
Verdammt, sie hätte diese milde Feststellung nicht aufnehmen sollen, als handelte es sich dabei um ein großes Lob. Sie muss halb verhungert sein, wenn ein solcher Brocken ihr wie ein Festmahl vorkommt.
Ein so nahezu offenes Gespräch hatte sie ihm bisher nicht gewährt, und er empfand das Verlangen, den Moment auszudehnen, aber es war keine Hafergrütze mehr übrig, die sie noch auf dem Boden ihrer Teller hätten hin und her schieben können, ihr Kaffee war kalt geworden, und überdies traf in diesem Augenblick der KBS-Techniker mit dem gesicherten KomKonsolen-Anschluss ein, den Miles angefordert hatte. Madame Vorsoisson zeigte dem Techniker das Büro ihres verstorbenen Mannes; in diesem ungestörten Raum solle er den Apparat aufbauen. Während Miles geschlafen hatte, waren die Spurensicherer gekommen und gegangen. Madame Vorsoisson beobachtete kurz, wie die neue Installation vor sich ging, dann zog sie sich zu hausfraulichen Aktivitäten zurück. Anscheinend beabsich324
tigte sie alle Spuren der KBS-Invasion in ihrem Räumlichkeiten zu tilgen.
Miles machte sich an das zweitschwierigste Gespräch des Vormittags.
Es dauerte einige Minuten, bis die gesicherte Verbindung mit Lord Auditor Vorthys hergestellt war, der sich jetzt an Bord des Mutterschiffs der Spurensucher im Orbit befand, das derzeit an der Sonnenspiegelstation angedockt war. Miles ließ sich so bequem, wie es seine schmerzenden Muskeln zuließen, vor der KomKonsole nieder und
bereitete sich darauf vor, geduldig die irritierende, einige Sekunden dauernde Zeitverschiebung zu ertragen, die zwischen jedem Austausch lag. Als Vorthys schließlich erschien, trug er Standardschiffskleidung, augenscheinlich als Vorbereitung zum Anlegen eines Druckanzugs; das eng anliegende Tuch schmeichelte seiner massigen Figur nicht, aber er schien schon für den Tag gut gerüstet zu sein. Die
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