Vorkosigan 13 Komarr
bildeten sich Fältchen. Ihr ging auf, dass irgendeine Kombination aus Glück und geschickter Chirurgie sein Gesicht von Narben freigehalten hatte. »Es funktioniert, wenn nicht als Strategie, dann doch als Taktik.«
Getreu seinem Angebot kam Lord Vorkosigan wieder in Ekaterins Küche gewandert, als Nikki gerade sein Frühstück beendete. Vorkosigan verweilte vielsagend, rührte den Kaffee um und lehnte sich an die gegenüberliegende Theke. Ekaterin holte tief Luft und ließ sich neben Nikki am Tisch nieder. Ihre eigene halb volle und mittlerweile kalte Tasse stellte lediglich ein Requisit dar. Nikki beäugte sie argwöhnisch.
»Morgen wirst du nicht in die Schule gehen«, begann sie und hoffte, damit eine positive Note anzuschlagen.
»Ist morgen Papas Begräbnis? Muss ich das Totenopfer anzünden?«
»Noch nicht. Deine Großmama hat gebeten, dass wir
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seinen Leichnam nach Barrayar heimbringen, um ihn
neben deinem Onkel zu begraben, der starb, als du noch klein warst.« Die Anwortbotschaft von Tiens Mutter war am Morgen über KomKonsole eingetroffen, per Dichtstrahl und Sprung durch die Wurmlochrelais übermittelt. In schriftlicher Form, wie es Ekaterins Nachricht gewesen war, und das vielleicht aus ähnlichen Gründen; zu
schreiben gestattete einem, so vieles auszulassen. »Wir werden dann die ganzen Zeremonien vollziehen und das Totenopfer verbrennen, wenn alle dabei sein können.«
»Werden wir ihn auf dem Sprungschiff mitnehmen
müssen?«, fragte Nikki, der verstört wirkte.
»Genau genommen wird sich der KBS, nein, die
Kaiserliche Zivilverwaltung um all diese Dinge kümmern, mit Ihrer Erlaubnis, Madame Vorsoisson«, mischte sich Lord Vorkosigan nun in das Gespräch ein. »Er wird wahrscheinlich vor euch zu Hause sein, Nikki.«
»Oh«, sagte Ekaterin. »Ich… ich habe mich das schon gefragt. Ich danke Ihnen.«
Vorkosigan deutete eine Verbeugung an. »Gestatten Sie mir, dass ich die Adresse und die Anweisungen Ihrer Schwiegermutter weiterleite. Sie haben genug andere Dinge zu tun.«
Sie nickte und wandte sich wieder ihrem Sohn zu. »Auf jeden Fall, Nikki… du und ich, wir reisen morgen nach Solstice, um dort eine Klinik zu besuchen. Wir haben es dir bisher nicht gesagt, aber du hast ein Leiden, das man Vorzohns Dystrophie nennt.«
Nikki machte ein unsicheres Gesicht. »Was ist denn das?«
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»Das ist eine Störung, bei dem dein Körper, wenn du älter wirst, aufhört, gewisse Proteine in der genau richtigen Art zu produzieren, mit der sie ihre Aufgabe erfüllen können. Heutzutage können dir die Ärzte als Ersatz einige Retrogene geben, welche die Proteine richtig herstellen. Du bist noch zu jung, um Symptome aufzuweisen, und durch diesen Eingriff wirst du auch nie welche haben.« Bei Nikkis Alter und im ersten Anlauf war es wahrscheinlich nicht notwendig, über die Komplikationen zu reden, die dies für seine zukünftige Fortpflanzung spielen würde.
Ekaterin bemerkte nüchtern, dass es ihr gelungen war, diese lange geplante Erklärung zu geben, ohne auch nur einmal das Wort Mutation zu verwenden. »Ich habe eine Menge Artikel über Vorzohns Dystrophie gesammelt, und wenn du willst, kannst du sie lesen. Einige davon sind sehr fachlich, aber es gibt ein paar, von denen ich meine, dass du sie mit ein wenig Unterstützung verstehen könntest.«
Das war’s. Wenn es ihr gelang zu vermeiden, damit seine Abneigung gegen Hausaufgaben auszulösen, dann wäre
dies wohl eine ziemlich neutrale Methode, um ihm die Informationen zu vermitteln, auf die er ein Anrecht hatte, und er konnte dann die Sache nach eigenem Antrieb
weiterverfolgen.
Nikki blickte beunruhigt drein. »Tut es weh?«
»Nun, man wird bestimmt etwas Blut abzapfen und
einige Gewebeproben nehmen müssen.«
»Ich habe schon beides erlebt«, warf Vorkosigan ein,
»tausende Male, wie es mir vorkommt, im Laufe der Jahre, aus verschiedenen medizinischen Gründen. Die Blutprobe tut einen Moment lang weh, danach aber nicht mehr. Die 389
Gewebeentnahme tut überhaupt nicht weh, weil man dazu einen medizinischen Mikrobetäuber verwendet, aber wenn die Betäubung nachlässt, schmerzt es eine Weile. Sie brauchen nur eine winzige Probe von dir, und so wird es nicht schlimm werden.«
Nikki schien dies zu verdauen. »Haben Sie dieses Vorzohns Ding, Lord Vorkosigan?«
»Nein. Meine Mutter wurde vor meiner Geburt mit einer Chemikalie namens Soltoxin vergiftet. Das hat hauptsächlich meinen Knochen geschadet, und das ist der Grund, warum ich
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