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Vorkosigan 13 Komarr

Vorkosigan 13 Komarr

Titel: Vorkosigan 13 Komarr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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nach Aussage des
    Leichenbeschauers sehr ausgeprägt. Allerdings, wie kann man einen mikroskopisch kleinen Klecks vom anderen
    unterscheiden … Wenn ich den medizinischen Jargon
    richtig interpretiere, dann wäre es schon bald nicht mehr möglich gewesen, die äußeren Symptome zu verheimlichen.«
    »Ja. ich glaube, das habe ich gewusst. Ich machte mir Gedanken über das innere Fortschreiten. Wann es begonnen hat. Wie viel von Tiens… äh … Fehlentscheidungen und sonstigem Verhalten seiner Krankheit zuzuschreiben war.« Hätte sie nicht etwas länger durchhalten sollen?
    Hätte sie es können! Bis welche andere verzweifelte Lösung sich abgespielt hätte?
    »Die Schädigung entwickelt sich langsam über einen
    langen Zeitraum. Welche Teile des Gehirns betroffen sind, ist von Person zu Person unterschiedlich. Bei ihm schien sie sich in den motorischen Regionen und im peripheren Nervensystem zu konzentrieren. Allerdings ist es später 384
    vielleicht möglich, einen Teil seiner Handlungen seiner Krankheit zuzuschreiben, falls es notwendig werden sollte, das Gesicht zu wahren.«
    »Wie … diplomatisch. Für wen das Gesicht wahren? Ich wünsche es nicht.«
    Er lächelte ein wenig grimmig. »Ich dachte auch nicht an Sie. Aber ich hege die unangenehme Überzeugung, dass dieser Fall früher oder später von seinem hübschen sauberen fachlichen Rahmen in sehr schmutzige Politik übergehen wird. Ich gebe nie eine mögliche Rückzugsstellung auf.« Er schaute auf seine Hände, die locker verschränkt vor ihm auf dem Tisch lagen. Seine grauen Ärmel
    verbargen nur unvollkommen die weißen Verbände um die Handgelenke. »Wie hat Nikki gestern Abend die Nachricht aufgenommen?«
    »Das war schwer. Am Anfang – bevor ich es ihm sagte –
    versuchte er mit mir zu argumentieren, ich sollte ihn noch eine Nacht bei seinem Freund bleiben lassen. Dabei wurde er heftig und ist eingeschnappt, Sie wissen ja, wie Kinder sind. Ich wünschte mir so sehr, ich könnte ihn einfach weitermachen lassen, ohne dass er es erfahren müsste. Ich konnte ihn nicht so viel vorbereiten, wie ich es gerne getan hätte. Schließlich musste ich ihn zwingen, sich hinzusetzen, und ihm unmittelbar sagen: Nikki, du musst jetzt nach Hause kommen. Dein Papa ist letzte Nacht durch einen Unfall mit seiner Sauerstoffmaske ums Leben gekommen. Es ist ihm einfach … die Sprache weggeblieben. Ich wünschte mir fast, er würde wieder quengeln.« Ekaterin blickte beiseite. Sie fragte sich, welche versteckten Formen Nikkis Reaktionen schließlich noch 385
    annehmen mochten, und ob sie sie erkennen würde. Oder gut mit ihnen umgehen würde. Oder nicht… »Ich weiß
    nicht, wie es auf lange Sicht gehen wird. Als ich meine Mutter verlor… war ich älter, und wir wussten, dass es kommen würde, aber es war trotzdem ein Schock, an jenem Tag, zu jener Stunde. Ich dachte immer, es bliebe noch mehr Zeit.«
    »Ich habe noch kein Elternteil verloren«, sagte
    Vorkosigan. »Großeltern sind anders, glaube ich. Sie sind alt, es ist irgendwie ihr Schicksal. Ich war erschüttert, als mein Großvater starb, aber meine Welt wurde nicht
    erschüttert. Allerdings glaube ich, die Welt meines Vaters schon.«
    »Ja«, sie blickte dankbar auf, »genau das ist der
    Unterschied. Es ist wie ein Erdbeben. Etwas, von dem man annimmt, es würde sich nicht bewegen, stürzt plötzlich über einen. Ich glaube, die Welt wird heute Morgen für Nikki ein unheimlicherer Ort sein.«
    »Haben Sie ihn schon mit seiner Vorzohns Dystrophie konfrontiert?«
    »Ich lasse ihn jetzt schlafen. Nach dem Frühstück werde ich es ihm erzählen. Ich werde mich hüten, ein Kind zu belasten, das einen niedrigen Blutzucker hat.«
    »Komisch, mir geht es genauso mit Soldaten. Gibt es etwas… wobei ich Ihnen helfen kann? Oder ziehen Sie es vor, ungestört zu sein?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Heute hat er sowieso keine Schule. Wollten Sie nicht heute Vormittag meinen Onkel zur Versuchsstation hinausbringen?«
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    »Jetzt gleich, ja. Obwohl – das kann noch eine Stunde warten.«
    »Ich glaube … ich hätte es gern, wenn Sie bleiben
    könnten. Es ist nicht gut, aus der Krankheit etwas so völlig Geheimnisvolles zu machen, dass es zu schlimm ist,
    überhaupt davon zu reden. Das war Tiens Fehler.«
    »Ja«, sagte er ermutigend. »Es ist nur eine Sache. Sie werden damit fertig.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wie in: eine verdammte Sache nach der anderen!«
    »Ja, genau so.« Er lächelte sie an. Um seine grauen Augen

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