Vorkosigan 13 Komarr
ebenso bravouröse und idiotische Dinge vorgeschlagen. Na
schön… idiotischere, wie er sich reumütig eingestehen musste. Ich hoffe, Miles, hatte sein Boss, KBS-Chef Simon Illyan, einmal zu ihm gesagt, ich werde es eines Tages erleben, dass du ein Dutzend Untergebene hast, wie du einer bist. Bis zu diesem Tag war es Miles nicht klar gewesen, dass dies von Illyans Seite aus ein förmlicher Fluch gewesen war.
Vorgiers Gerede trat in Miles’ Gedanken hinter einer Wiederholung der Aufzeichnung der letzten Nachricht von Ekaterin zurück, die Vorgier Miles zuvorkommenderweise per Dichtstrahl übermittelt hatte. Im Laufe der letzten drei Stunden hatte er jede einzelne ihrer Nuancen auswendig gelernt. Ich befinde mich in der Steuerkabine einer Lade
bucht – sie brechen die Tür auf… Sie hatte nichts über den neuartigen Apparat gesagt. Es sei denn, es hätte dem Sagen Sie es Lord Vorkosigan, sagen Sie es dem KBS noch ein Bericht folgen sollen, den die Pranke des zornesroten Soudha so rüde unterbrochen hatte, als sie abrupt auf die KomKonsole geknallt war. In dem verschwommenen
Hintergrund konnte man selbst in der Computervergrößerung nichts anderes erkennen als die öde Steuerkabine. Und den Mathematiker, Cappell, der einen Schraubenzieher hielt, den er dem Anschein nach zu einem anderen Zweck als zum Festziehen von Schrauben
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verwenden wollte, was er offensichtlich aber nicht getan hatte; der KBS hatte über den Sicherheitskanal der Luftschleuse der Ladebucht Vids erhalten, die zeigten, wie die beiden Frauen lebend hineingestoßen wurden, bevor
Soudha den Signalgeber unterbrochen hatte. Diese kurzen Bilder brannten ebenfalls in Miles’ Gehirn.
»In Ordnung, Hauptmann Vorgier«, unterbrach Miles
den KBS-Mann. »Halten Sie Ihren Plan als die mögliche ultima ratio parat.«
»Unter welchen Umständen soll er ausgeführt werden, Mylord Auditor?«
Nur über meine Leiche, antwortete Miles nicht. Vorgier hätte vielleicht nicht verstanden, dass es sich dabei um keinen Scherz handelte. »Bevor wir beginnen, die Wände einzureißen, möchte ich versuchen, mit Soudha und seinen Kumpanen zu verhandeln.«
»Hier handelt es sich um komarranische Terroristen. Um Verrückte – mit denen können Sie nicht verhandeln!«
Der verstorbene Baron Ryoval war ein Verrückter
gewesen. Der verstorbene Ser Galen war ohne Frage ein Verrückter gewesen. Und der verstorbene General Metzov hatte übrigens auch nicht gerade alle Tassen im Schrank gehabt. Miles musste zugeben, dass alle diese Verhandlungen einem ausgesprochen negativen Trend gefolgt waren. »Ich bin in diesem Problem nicht ohne Erfahrungen, Vorgier. Aber ich glaube nicht, dass Dr. Soudha ein Verrückter ist. Er ist nicht einmal ein verrückter Wissenschaftler. Er ist lediglich ein sehr aufgeregter Ingenieur. Diese Komarraner sind vielleicht tatsächlich die 539
vernünftigsten Revolutionäre, denen ich je begegnet bin.«
Er blieb einen Moment lang stehen und starrte blicklos auf Vorgiers buntes, ominöses taktisches Display. Die Logistik der Evakuierung der Station stritt sich in seinen Gedanken mit Vermutungen über den Geisteszustand der Komarraner. Selbsttäuschung, politische Leidenschaft, Persönlichkeit, Urteilsvermögen… Visionen von Ekaterins Schrecken und Verzweiflung wirbelten in seinem Hinterkopf. Wenn sie schon von einer so geräumigen Umfriedung wie einer komarranischen Kuppelstadt Klaustrophobie bekam … hör auf damit! Er stellte sich vor, wie eine dicke Glasscheibe sich zwischen ihn und diesen persönlichen Mahlstrom von Angst senkte. Wenn seine Autorität hier absolut war, dann war es auch seine
Verpflichtung, klaren Kopf zu bewahren.
»Jede Stunde erkauft Leben. Wir werden für Zeit zahlen.
Verschaffen Sie mir einen Kanal zum Kommandeur der
militärischen Station«, befahl Miles. »Danach werden wir sehen, ob Soudha auf seiner KomKonsole antwortet.«
Der absichtlich kahle Raum, in dem Miles saß, hätte sich genauso leicht auf der nahen militärischen Station befinden können, oder auf einem Schiff, das einige tausend Kilometer von der Station entfernt lag, statt – wie in Wirklichkeit – nur ein paar hundert Meter von der Southport-Bucht entfernt. Soudhas Standort war nicht so anonym, als sein Gesicht endlich über der Vid-Scheibe erschien; er saß in derselben gläsernen Steuerkabine, aus der Ekaterin ihren Hilferuf geschickt hatte. Miles überlegte, welche Techniker die Korridore gegen Maßnahmen von Seiten des
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