Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
eingepflanzt hatte, war schon bald nach Mitternacht erloschen. Zum einen wäre sie garantiert mit den Sicherheitswachen des Palais Vorkosigan in Konflikt gekommen, wenn sie im Dunkeln in dessen Garten herumstolperte. Pym oder Roic hätten sie vielleicht betäubt und wären sehr aufgeregt gewesen, die armen Kerle. Und dann hätten sie sie ins Haus getragen, wo … Ihre Wut, die Wirkung des Weins und ihre überdrehte Phantasie hatten sich vor dem Morgengrauen schon verausgabt und - 399 -
schließlich in geheimen, erstickten Tränen in ihr Kissen erschöpft, als der Haushalt schon lange still war und sie auf ein wenig Ungestörtheit hoffen konnte.
Warum sollte sie sich überhaupt aufregen? Miles
kümmerte sich nicht um die Skellytum – er war gestern Abend nicht einmal hinausgegangen, um sie anzuschauen.
Sie hatte das lästige Ding in der einen oder anderen Form fünfzehn Jahre in ihrem Leben herumgeschleppt, seit sie das siebzigjährige Bonsai von ihrer Großtante geerbt hatte.
Es hatte Tod, Heirat, ein Dutzend Umzüge und interstellare Reisen überlebt, war von einem Balkon geschmissen und zerschmettert worden, hatte dann einen weiteren Tod, weitere fünf Wurmlochsprünge und zwei nachfolgende Umpflanzungen überstanden. Die Pflanze musste so
erschöpft sein, wie sie, Ekaterin, es war. Lass sie doch dort bleiben und verrotten, oder vertrocknen und weggeweht werden, oder was immer ihr gleichgültiges Schicksal sein soll. Zumindest hatte sie die Skellytum wieder nach Barrayar geschleppt, damit sie hier endgültig sterben konnte. Das reichte. Sie war fertig mit diesem Gewächs.
Für immer.
Sie rief ihre Instruktionen für den Garten wieder auf der KomKonsole auf und fügte einen Nachtrag über die ziemlich heikle Bewässerung der Skellytum nach der Umpflanzung und über deren Ernährungsanforderungen an.
»Mama!« Nikkis scharfe, aufgeregte Stimme ließ sie
zusammenzucken.
»Trample nicht so, Schatz.« Sie drehte sich auf dem
Stuhl um und lächelte ihren Sohn freudlos an. Innerlich war sie froh, dass sie ihn nicht zum Debakel des gestrigen - 400 -
Abends mitgeschleift hatte, obwohl sie sich hätte vorstellen können, wie er sich mit Begeisterung dem armen Enrique zur Jagd nach den Butterkäfern anschloss. Doch wenn Nikki dabei gewesen wäre, dann hätte sie nicht weggehen und ihn zurücklassen können. Und ihn auch nicht mit sich zerren, wo er doch seinen Nachtisch erst zur Hälfte gegessen und zweifellos verwirrt protestiert hätte. Sie wäre als Mutter an ihren Stuhl gebunden gewesen und hätte die grässliche, peinliche gesellschaftliche Folter ertragen müssen, die sich da noch abgespielt hätte.
Er stand neben ihr und hüpfte. »Hast du gestern Abend mit Lord Vorkosigan ausgemacht, wann er mich nach Vorkosigan Surleau mitnimmt und mir beibringt, auf seinem Pferd zu reiten? Du hast gesagt, du würdest das tun.«
Sie hatte Nikki einige Male an ihren Arbeitsplatz im
Garten mitgenommen, wenn weder die Tante noch der
Onkel bei ihm zu Hause bleiben konnten. An solchen
Tagen hatte Lord Vorkosigan großzügig angeboten, dass der Junge sich im Palais Vorkosigan nach Belieben bewegen durfte, und man hatte sogar Pyms jüngsten Sohn Arthur als Spielkameraden aus seiner in der Nähe liegenden Wohnung geholt. Ma Kosti hatte sehr schnell Nikkis Magen. Herz und sklavische Loyalität gewonnen, Gefolgsmann Roic hatte mit ihm Spiele gespielt, und Kareen Koudelka hatte ihn im Labor helfen lassen.
Ekaterin hatte diese beiläufige Einladung fast vergessen, die Lord Vorkosigan ausgesprochen hatte, als er ihr Nikki am Ende eines Arbeitstages zurückgebracht hatte. Damals hatte sie höflich zweifelnde Laute von sich gegeben. Miles - 401 -
hatte ihr versichert, das fragliche Pferd sei sehr alt und sanft. was nicht genau den Zweifel getroffen hatte, der sie bewegt hatte.
»Ich …« Ekaterin rieb sich die Schläfe, an der sich ein Geflecht von stechenden Schmerzen in ihrem Kopf zu verankern schien. Großzügig…? Oder war das nur ein weiterer Schachzug von Miles' Kampagne der raffinierten Manipulation, die jetzt enthüllt war? »Ich glaube, wir sollten uns ihm wirklich nicht so aufdrängen. Der Weg in seinen Distrikt ist so weit. Wenn du dich wirklich für Pferde interessierst, dann können wir sicher für dich irgendwo in der Nähe von Vorbarr Sultana Reitstunden finden.«
Nikki runzelte die Stirn, er war offensichtlich enttäuscht.
»Ich weiß nicht, wo es Pferde gibt. Aber er hat gesagt, er könnte mich seinen
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