Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
erwählten Stimmen akzeptieren wird? Ganz zu schweigen davon, dass er nicht versöhnlich auf jemanden schaut, der zwei Wochen vor seiner Hochzeit versucht, einen riesigen öffentlichen Skandal auszulösen…! Richars ist kein Narr, er ist wahnsinnig. « Oder er handelt in einer Art blinder Panik, doch welchen Anlass hatte Richars, in Panik zu geraten?
»So viel ich weiß, ist er wahnsinnig«, sagte Vassily.
»Schließlich ist er ein Vorrutyer. Wenn es auf die internen Straßenkämpfe unter den hohen Vor hinausläuft, die wir in der Vergangenheit erlebt haben, dann ist niemand in der Hauptstadt sicher. Und besonders niemand, den sie erfolgreich in ihre Machtbereiche gezogen haben. Ich möchte, dass Nikki schon unterwegs ist, bevor diese Abstimmung stattfindet. Die Linien der Einschienenbahn könnten unterbrochen werden, wissen Sie. So war es während Vordarians Bürgerkrieg.« Er forderte Tante Vorthys mit einer Geste auf, diese Tatsache zu bestätigen.
»Tja, das stimmt«, räumte sie ein. »Aber selbst der
offene Krieg um den Usurpator hat nicht die ganze Hauptstadt in Schutt und Asche gelegt. Alles in allem waren die Kämpfe auf bestimmte Brennpunkte konzentriert.«
»Aber es gab Kämpfe in der Gegend der Universität«,
gab er zurück.
»Einige, ja.«
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»Hast du sie erlebt?«, fragte Nikki. Sein Interesse war sofort abgelenkt.
»Wir haben nur festgestellt, wo sie stattfanden, um diese Orte dann zu umgehen«, erklärte die Tante.
»Sie sind auch willkommen, uns zu begleiten, Ekaterin«, fügte Vassily ein wenig mürrisch hinzu, »und Sie natürlich auch, Madame Vorthys –, oder noch besser, suchen Sie Zuflucht bei Ihrem Bruder.« Er wies auf Hugo.
»Angesichts der Tatsache, dass es weit und breit bekannt ist, wie Sie Lord Vorkosigans Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, ist es möglich, dass Sie selbst zu einem Ziel werden könnten.«
»Und ist Ihnen noch nicht der Gedanke gekommen, dass
Sie von Miles' Gegnern genau auf dieses Ziel angesetzt werden? Dass Sie sich haben manipulieren, als ihr Werkzeug benutzen lassen?« Ekaterin tat einen tiefen, beruhigenden Atemzug. »Ist es einem von euch in den Sinn gekommen, dass Richars Vorrutyer bei der Abstimmung um den Grafentitel vielleicht nicht gewinnt? Dass der Titel stattdessen an Lord Dono gehen könnte?«
»An diese verrückte Frau?«, sagte Vassily erstaunt.
»Unmöglich!«
»Weder verrückt noch Frau«, sagte Ekaterina. »Und
wenn er Graf Vorrutyer wird, dann führt diese ganze
Maßnahme zu nichts.«
»Ich habe nicht vor, auf diese Möglichkeit mein Leben –
oder das von Nikki – zu setzen, Madame«, erklärte Vassily hölzern. »Falls Sie sich dafür entscheiden, hier zu bleiben und das Risiko zu tragen, gut, dann werde ich mich nicht - 724 -
mit Ihnen streiten. Ich habe jedoch eine absolute
Verpflichtung, Nikki zu beschützen.«
»Die habe ich auch«, erwiderte Ekaterin ruhig.
»Aber Mama«, sagte Nikki, der offensichtlich versuchte, diese schnelle Debatte zu entschlüsseln, »Lord Vorkosigan hat Papa nicht ermordet.«
Vassily widmete dem Jungen ein gequältes, mitfühlendes Lächeln. »Aber wie weißt du das, Nikki?«, fragte er sanft. »Wie weiß das überhaupt jemand? Das ist doch das Problem.«
Nikki presste abrupt die Lippen aufeinander und starrte Ekaterin unsicher an. Ihr wurde klar, dass er nicht wusste, wie privat eigentlich sein privates Gespräch mit dem Kaiser bleiben sollte –, und sie wusste es auch nicht.
Sie musste zugeben, dass Vassilys Angst ansteckend
war. Hugo hatte davon sichtlich ein Fieber abbekommen.
Und während es lange her war, seit ein Streit zwischen den Grafen ernsthaft die Stabilität des Kaiserreichs bedroht hatte, würde man deshalb nicht weniger tot sein, wenn man das Pech hatte, in ein Kreuzfeuer zu geraten, bevor kaiserliche Truppen eintrafen, die diesem Feuer ein Ende machten. »Vassily, so kurz vor Gregors Hochzeit wimmelt die Hauptstadt von Sicherheitsleuten. Jeder – egal welchen Ranges –, der im Augenblick auch nur die kleinste Bewegung in Richtung öffentliche Unordnung machen würde, fände sich so schnell zu Boden geworfen, dass er gar nicht wusste, was ihn getroffen hat. Ihre Ängste sind …
übertrieben.« Sie wollte sagen: grundlos. Aber was, wenn Richars seinen Grafentitel gewann und damit gleichzeitig - 725 -
das Recht, im Rat strafrechtliche Anklagen gegen seine neuen Standesgenossen vorzubringen?
Vassily schüttelte den Kopf. »Lord Vorkosigan hat sich einen
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