Vorkosigan 17 Diplomatische Verwicklungen
Ausweispapiere. Die Hälfte davon erklärten, 270
ihre Inhaber seien auf Jackson’s Whole beheimatet; die anderen stammten aus Lokalraumsystemen, die alle an die Hegen-Nabe angrenzten, an jenes an Wurmlöchern reiche und an Planeten arme System, das einen der nächsten und strategisch wichtigsten Nexusnachbarn des barrayaranischen Kaiserreichs darstellte. Sprungrouten von Barrayar nach Jackson’s Whole wie auch nach dem Reich von Cetaganda passierten über Komarr und den unabhängigen Pufferstaat Pol die Hegen-Nabe.
Venn ließ die Hand voll Ausweise durch eine HolovidStation laufen, die an der gewölbten Wand des Raumes befestigt war. Die Falten auf seiner Stirn wurden immer tiefer. Miles und Roic manövrierten sich an ihn heran und blickten ihm über die Schulter.
»Also«, knurrte Venn nach einer Weile, »wer davon ist dieser Kerl wirklich?«
Zwei Ausweise für »Firka« enthielten Vid-Aufnahmen
von einem Mann, der in seinem Erscheinungsbild von ihrem stöhnenden Gefangenen sehr verschieden war: ein großer, stämmiger, aber vollkommen normaler Mann, der entweder von Jackson’s Whole stammte (ohne Zugehörigkeit zu einem der dort maßgeblichen Häuser), oder von Aslund, einem weiteren Nachbarn der Hegen-Nabe, abhängig davon, welchem Ausweis – falls überhaupt – man glauben wollte. Ein dritter Firka-Ausweis, den der gegenwärtige Firka für die Reise von Tau Ceti zu Station Graf benutzt zu haben schien, enthielt ein Bild des Gefangenen selbst.
Schließlich entsprachen seine Vid-Aufnahmen auch dem Ausweis einer Person namens Russo Gupta, der ebenfalls von Jacksons Whole stammte und ebenfalls über keine Zu271
gehörigkeit zu einem Haus verfügte. Dieser Name, das Gesicht und die damit verbundenen Retina-Scans tauchten auch wieder auf der Lizenz eines Sprungschifftechnikers auf, von der Miles erkannte, dass sie von einer bestimmten jacksonischen Organisation der Untergrundwirtschaft stammte, mit der er in seinen Tagen der verdeckten Operationen zu tun gehabt hatte. Nach der daran angefügten langen Datei mit Datumsangaben und Zollstempeln zu urteilen, war dieser Ausweis anderswo als echt durchgegangen.
Und auch noch in jüngster Zeit. Eine Aufzeichnung seiner Reisen, gut!
Miles deutete auf das Dokument. »Das ist so gut wie sicher eine Fälschung.«
Die Quaddies, die sich um sie drängten, schauten ehrlich geschockt drein. »Eine falsche Technikerlizenz?«, hauchte Greenlaw. »Aber das wäre ja unsicher.«
»Sie stammt von einem Ort, glaube ich, wo man auch
noch die falsche Lizenz eines Neurochirurgen dazu bekäme. Oder für jeden anderen Job, den man gern haben möchte, ohne dass man all die lästige Ausbildung, Prüfung und Zertifikation durchläuft.« Oder für einen Job, den man in diesem Fall wirklich hatte – nun, das war ein beunruhigender Gedanke. Obwohl On-the-job-Training und Selbstunterricht im Laufe der Zeit einige der Lücken ausfüllen würden … irgendjemand war schließlich clever genug gewesen, um diese Heißnietenmaschine zu modifizieren.
Unter keinen Umständen konnte aber dieser blasse,
schlaksige Mutant als eine kräftige, angenehm hässliche, rothaarige Frau durchgehen, die entweder Grace Nevatt von Jackson’s Whole hieß – auch keine Zugehörigkeit zu 272
einem Haus – oder Louise Latour von Pol, abhängig davon, welchen Ausweispapieren sie den Vorzug gab. Und auch nicht als kleiner, am Kopf verdrahteter, mahagonibrauner Sprungschiffpilot namens Hewlet.
»Wer sind bloß all diese Leute?«, murmelte Venn verärgert.
»Warum fragen wir ihn nicht einfach?«, schlug Miles vor.
Firka – oder Gupta – hatte es endlich aufgegeben zu zappeln und lag einfach mitten in der Luft da. Im Rhythmus seines Keuchens spannten sich die Nasenflügel über dem blauen Rechteck aus Isolierband über seinem Mund.
Der Quaddie-Polizist beendete die Aufzeichnung seiner letzten Scans und langte nach einer Ecke des Isolierbands, dann hielt er unsicher inne. »Ich fürchte, das wird ein wenig wehtun.«
»Wahrscheinlich schwitzt er genug unter dem Band,
dass man es lockern kann«, bemerkte Miles. »Nehmen Sie es mit einem schnellen Ruck. Dann wird es auf lange Sicht weniger wehtun. Das würde ich wollen, wenn ich er wäre.«
Ein gedämpftes Maunzen, das anzeigte, dass der Gefangene anderer Meinung war, verwandelte sich in einen schrillen Schrei, als der Quaddie Miles’ Vorschlag ausführte. In Ordnung, also, der Froschkönig hatte um den Mund herum nicht so viel geschwitzt, wie Miles
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