Vorsaison
genauso wenig mögen, wie sie ihn. Für Oliver war Maurice ein
dummer Schwarzer und er hatte ihn einmal gefragt, ob es stimmen würde, dass
Afrikaner ständig an nichts anderes denken könnten, als an das eine. Detlef war
für ihn wegen seiner Fettleibigkeit ebenfalls inakzeptabel. Doch am
allerschlimmsten musste es Oliver getroffen haben, als er hörte, dass Ernie bi
war — denn Ernie war offenbar der Einzige gewesen, den Oliver auf Anhieb gut
hatte leiden können.
Montagnachmittag klingelte meine
Vermieterin und gab mir hektisch zu verstehen dass ich mit in ihre Wohnung
kommen solle.
>>Teléfono , teléfono<<, rief sie dabei ganz
aufgeregt und als ich Ernies Namen sagte, nickt sie heftig. Mit fiel ein Stein
vom Herzen — jedenfalls lebt er noch , dachte ich bei mir und ging hinter
der Frau die Treppe hoch. Sie war sichtlich bemüht, sich zu beeilen, doch mit
ihrem Hüftleiden war dies gar nicht so einfach. Sie winkte mir, damit ich schon
mal voraus lief. Ernie war am Apparat und beschwerte sich sogleich:
>>Alte, wo steckst du denn solange?<<
Ich erinnerte ihn an das Hüftleiden
seiner Vermieterin und dass diese mich schon so schnell geholte hatte, wie eben
möglich!
>>Außerdem hast du gut
Reden<<, sagte ich dann. >>Wo steckst du denn zum Teufel?<<
Ernie lachte und meinte, das würde
jetzt zu lange dauern, aber Peter und er seien spätestens morgen früh wieder
zurück.
>>Warum hast du dich denn nicht
schon früher gemeldet<<, beschwerte ich mich. Ernie sagte, das habe er
doch, aber der Anschluss seiner Vermieter sei bis heute gestört gewesen.
>>Das ist Spanien, musst du
wissen<<, erinnerte er mich. >>Du kannst froh sein, dass die
überhaupt schon Telefon haben. Aber auch noch zu erwarten, dass alles so
reibungslos funktioniert, wie bei uns zu Hause, wäre wohl ein bisschen viel
verlangt!<<
Dann richtete er mir noch schöne Grüße
von Peter aus und legte auf. Mittlerweile war auch meine Vermieterin wieder oben
und schnaufte wie eine Dampflokomotive.
>>Ernie bien?<<, fragte sie und ich nickte.
Ja, mit Ernie war alles gut. Dann tippte ich auf das Telefon und fragte:
>> Teléfono roto?<<
Die Vermieterin nickte und dann
folgte ein Schwall an Wörtern. Ich reimte mir daraus zusammen, dass der
Anschluss wohl die letzten Tage über gestört gewesen war und erst seit heute
wieder funktionierte. Dann fiel mir ein, dass ich Sonja ebenfalls noch anrufen
wollte. Ich fragte die Vermieterin, ob ich von ihrem Anschluss aus ein
Ferngespräch führen dürfte und sie nickte. Also lief ich schnell zurück in
Ernies piso und holte meine Handtasche. Ich hatte Sonjas Privatnummer
und die von ihrem Büro immer im Portemonnaie. Dann nahm ich noch 1.000 Peseten heraus
und legte sie auf den Tisch. Doch erst nach mehrmaligem Auffordern nahm die
Vermieterin das Geld an.
Ich rief Sonja im Büro an und erfuhr,
dass es wegen Babs wenig Neues zu berichten gab. Das Problem war, dass Babs nun
keinen Reisepass mehr hatte! Sonja sagte aber auch, dass es Babs schon wieder
besser ginge. Sie habe sie zweimal von der Arbeit abgeholt und wäre dann mit
ihr einen Kaffee trinken gegangen. Dabei hatte Babs, Sonja wohl so einiges
erzählt.
>>Wusstest du, dass sie dort
auch eine Nacht in einer Bar gearbeitet hat?<<, fragte mich Sonja und ich
bejahte. Ich hatte ihr nur nichts davon erzählt, weil ich fand, dass dies etwas
war, das auch nicht unbedingt jeder wissen musste. Sonja verstand und sagte:
>>Keine Angst, dein Geheimnis ist bei mir sicher. Babs denkt, du fängst
in dieser Discothek an und ich habe sie auch in diesem Glauben
gelassen.<<
Nach dem Kaffee hatte Sonja Babs dann
jedes Mal nach Hause gefahren, damit sie trotzdem pünktlich war und ihr Vater keinen
Verdacht schöpfte. Sonja erklärte, sie würde sich melden, sobald sie etwas Neues
wüsste.
>>Alles wird gut<<, sagte
sie. Bei diesen Worten klang Sonja irgendwie zufrieden oder glücklich und erst später
erinnerte ich mich daran, dass ich vergessen hatte zu fragen, wie es denn nun
mit ihrem Arbeitskollegen weitergegangen war. Ich nahm mir fest vor, ihr einen
Brief zu schreiben und ihr darin auch zu berichten, wie mein Ex den Reisebus
verfolgt hatte. Und ich wollte auch einen Brief für Babs schreiben, den Sonja
ihr dann geben könnte.
Als es Montagsabend das nächste Mal klingelte,
war es Pepe, der mit Schulbüchern beladen vor der Wohnungstür stand. Unser
Spanischunterricht , fiel es mir wieder ein und ich öffnete die Tür. Pepe
war ein wenig aufgeregt und ich
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