Vorsaison
dass Hermann, so wie er ihn kenne,
das Geld von Babs wohl lieber für Koks, also Kokain, ausgeben hätte. Gleich
darauf nahm er Hermann jedoch wieder in Schutz und meinte, dass er eigentlich
kein schlechter Typ sei. Mich machte das jedoch stutzig, denn meiner Meinung nach
war Hermann auf jeden Fall ein schlechter Typ! Also wollte ich von Maurice wissen,
wie er Hermann denn genau kennengelernt hätte und Maurice erzählte mir,
dass Hermann mit seiner deutschen Freundin im vergangenen Sommer, Urlaub in
Calella gemacht habe. Maurice zögerte ein wenig und fügte dann hinzu, dass
diese Freundin eben schon ein wenig älter gewesen sei. Genaugenommen
hätte sie wohl eher Hermanns Mutter sein können. Eines Abends sei sie früher
ins Hotel zurückgegangen und Hermann sei noch im „Highwayman“ geblieben und
hätte dann eine andere und wesentlich jüngere Touristin abgeschleppt. Irgendwie
war die Sache jedoch aufgeflogen und seine Freundin hatte ihn aus dem
Hotelzimmer geschmissen und war alleine nach Deutschland zurückgereist. Hermann
hatte dann eine Zeit lang am Strand übernachtet, jedenfalls, wenn er keine Touristinfand, die ihn mitnahm. Maurice meinte, dass das eben Hermanns Masche sei;
er ließe sich von den Frauen aushalten und das habe er dann auch in Calella
getan, bis das Maurice ihm schließlich einen Job als Propper fürs „High“
angeboten hatte. Seitdem zog Maurice Hermann irgendwie mit durch. Ich mochte
Hermann nicht und hielt ihn für eine linke Bazille und Maurice fragte ich, ob
es sein könnte, dass er unter einem Helfersyndrom leide.
Im chalet machten wir es uns
vor dem Kamin gemütlich, nachdem wir uns dort aus den Lammfelldecken ein Bett
gezaubert hatten. Maurice war ein sehr gefühlvoller Mann und kein Macho. Für
ihn war die Nähe mindestens so wichtig wie der Sex selbst. Außerdem war er sehr
darauf bedacht, sich zu beherrschen . Es ging für ihn beim Sex nicht in
erster Linie darum, dass er möglichst schnell Befriedigung fand. Und das war
für mich immer noch eine neue Erfahrung. Aber Maurice war auch viel erwachsener,
als ich es damals war. Sex stand für ihn nicht im Vordergrund und wenn, dann
musste vor allen Dingen auch der Rahmen dafür stimmen und der stimmte in dieser
Nacht.
Ich wurde wach, weil ich etwas
klappern hörte, als würde etwas durch den Briefschlitz geworfen. Das Geräusch
wiederholte sich und ich war hellwach. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es
schon nach 11.00 Uhr war. Ich erschrak. Das Leben hatte jetzt genug Zuwendungen
bekommen — der Rest des Tages war fürs Überleben eingeplant! Ich befreite mich
aus Maurice‘ Umarmung, wodurch er jedoch ebenfalls wach wurde und mich wieder
festhalten wollte. Ich erklärte ihm, das ginge jetzt nicht, weil ich heute
noch jede Menge vorhätte! Maurice murmelte, was das wohl sein könnte, das nicht
warten konnte. Immerhin machte ich Urlaub. Also zählte ich ihm auf, dass ich
innerhalb der nächsten fünf Tage alle Hotels und Reisebüros auf der Suche nach
Arbeit abklappern müsse. Maurice seufzte und ließ mich los. Dann sagte er, dass
er mir unter diesen Umständen wohl mal besser schnell ein frisches Handtuch
besorgen könnte, damit ich wenigstens vorher duschen könnte. Irgendwie hatte
ich das Gefühl, als würde ich in meinen Bemühungen einen Job zu finden einfach
nicht ernst genommen — weder von Ernie noch von Maurice.
Als wir uns wenig später auf den Weg
nach Lloret machten, beide mit einem Pappbecher voll Kaffee, sah ich, dass im
Flur vor der Eingangstür tatsächlich Unmengen von Post lagen. Allesamt
adressiert an eine Firma mit den Initialen s.a. am Ende. Ich fragte, ob das
Detlefs Firma sei und Maurice bejahte. So erfuhr ich auch, dass Detlef das chalet nicht nur gemietet, sondern gekauft hatte. Durch den Kauf einer Immobilie in
Spanien erwarb man automatisch auch das Recht auf eine residencia und
durch die Gründung einer sociedad anónima (s.a.), was in Deutschland
einer GmbH gleichkommt, hatte man auch die Möglichkeit, in Spanien Geschäfte zu
führen und dort zu arbeiten.
Der Mini Cooper erwies sich als
perfektes Vehikel in den engen Gassen und Maurice setzte mich damit unten an
der Treppe, die zu Ernies Wohnhaus führte, ab. Dann fragte er, ob wir uns
abends wiedersehen könnten. Ich hatte es eilig und war ein wenig schroff, als
ich darauf erwiderte, ich hätte mir sagen lassen, dass Propper dasselbe Mädchen
nie zweimal abschleppten.
>>Ja<<, konterte Maurice
zurück, >>das stimmt. Aber
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