Vorsaison
einen mächtigen
Bierbauch mit sich herum. Außerdem rasierte er sich seinen Schädel. Aber
zumindest scheint er nett zu sein, dachte ich.
Corinna erklärte mir, die kleine
Gazette sei die Stadtzeitung von Lloret und würde jede Woche gratis erscheinen.
Sie schlug die Seiten mit den Anzeigen auf und sah in der Rubrik Wohnungsvermietungen nach. Dort standen mehrere Angebote, wovon aber nur sechs in Frage kamen. Alles
andere war entweder zu groß, zu klein oder nicht zentral genug. Wir wollten ein piso mit zwei Schlafzimmern, in ruhiger Lage, aber dennoch zentral gelegen
— was gar nicht so einfach werden würde. Viele der Wohnungen lagen nämlich in
Fenals, dem Vorort von Lloret. Corinna sagte auch, dass Ernie mit seinem piso verdammt viel Glück gehabt hätte. Nach dem Essen suchten wir uns gleich eine
Telefonzelle und Corinna rief bei den Inserenten der Wohnungen an, die für uns
in Frage kommen könnten. Eine Wohnung konnten wir heute noch besichtigen, zwei
andere erst am nächsten Tag und unter einer Telefonnummer ging niemand an den
Apparat. Bei den beiden anderen Inseraten waren jedoch keine Telefonnummern,
sondern Kontaktadressen angegeben. Für mich war es immer noch ein wenig gewöhnungsbedürftig,
dass 1984 in Spanien noch nicht jeder Haushalt auch über einen Telefonanschluss
verfügte! Beide Wohnungen ohne Telefonangaben lagen jedoch in der Nähe des Waschsalons
und Corinna schlug vor, das eine mit dem anderen zu verbinden. Während sie in
ihrem Zimmer ihre Sachen für den Waschsalon zusammensuchte, lief ich schnell
wieder zu Ernie und holte meine Schmutzwäsche.
Mittlerweile war es fast 16.00 Uhr
und so langsam würde es dunkel werden. Dennoch beschloss ich, vor dem Haus auf
Corinna zu warten und setzte mich mit meinem halbvollen, blauen Müllsack vor
das Haus auf die Treppe. Dann bog ein Mann mit zackigem Schritt unten an der
Straße um die Ecke. Er kam die Treppe bis zu unserem Appartementhaus hoch,
blieb von der Haustür stehen und schaute auf die Klingelknöpfe. Dabei fiel auch
mir zum ersten Mal auf, dass Ernies voller Name an seiner Klingel stand — ein
fataler Fehler, wie sich bald herausstellen sollte. An Pepes und Grahams
Klingel stand nichts und auch nicht an der Klingel unserer Vermieter. Ernie hatte,
einem typisch deutschem Brauch folgend, den die Holländer scheinbar auch
pflegten, seinen Namen an der Klingel angebracht. Briefkästen gab es keine und
die gesamte Post wurde einfach in den Hausflur geworfen, zumal die Tür tagsüber
offen stand. Der Mann, der nun die Klingelknöpfe inspizierte, nahm von mir
jedoch keine Notiz. Ich hatte schon auf der Zunge, ihn zu fragen, zu wem er
denn wolle, da drehte er sich auch schon um und ging zackig den Weg zurück, den
er gekommen war. Endlich kam auch Corinna und wir machten uns auf den Weg.
Eines der pisos , die wir uns
an diesem Tag noch ansahen, war ganz passabel, ein anderes war dafür jedoch ein
ausgesprochenes Drecksloch gewesen. Aber wir hatten auch nicht vor, überstürzt
eine Wohnung zu mieten, sondern wollten uns erst einmal ansehen, was überhaupt
angeboten wurde. Zwischendurch gingen wir in den Waschsalon und während wir
unserer Wäsche zusahen, wie sie sich munter in den Trommeln drehte, setzten wir
unser Gespräch fort. Ich hatte mir dazu einen café solo aus der Bodega gegenüber
geholt und für Corinna einen carajillo : Einen café solo mit einem
Schuss Alkohol, in ihrem Fall Anís del Mono Verde. Corinna sagte, sie sei
Samstag ja gerne vor der Arbeit noch auf einen Sprung bei Ernie vorbeigekommen,
aber sie hätte keinen Bock auf Peter gehabt. Sie fand es ebenfalls komisch,
dass Ernie einfach so einen Fremden bei sich aufnahm.
>>Hast du eigentlich keine
Angst, mit zwei Typen alleine in der Bude? Ich meine, Ernie ist bestimmt nicht
gerade der Typ, der viel abkriegt und dieser Peter erst recht nicht!<<,
sagte sie besorgt und brachte mich damit zum Lachen. Nein, ehrlich gesagt hatte
ich überhaupt keine Angst, dass mir einer der beiden etwas tun könnte. Dann
erzählte ich ihr, dass ich zudem Samstagnacht wieder mit Maurice verbracht
hatte. Allerdings nicht bei Detlef im chalet , sondern in einem Hotel.
Corinna wollte sogleich wieder alle Einzelheiten wissen und komischerweise
hatte ich bei ihr auch überhaupt keine Hemmungen, ihr alles aus meinem Sexleben
zu erzählen. Corinna kicherte dabei meisten wie wild und irgendwie war das
total ansteckend. Hermann wäre kein so guter Liebhaber, erzählte sie dann. Aber
da sie
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