Vorsicht Nachsicht (German Edition)
Ich war schon damals eher ruhig, viele Freunde hatte ich also nicht. Aber auch keine Feinde. Damals war ich noch so gut mit Torben befreundet. »Wir sind durch die Altstadt gelaufen und unser Lehrer hat uns irgendwas darüber erzählt, was aber noch völlig an uns vorbei gegangen ist. Am interessantesten fanden wir die Bremer-Stadtmusikanten-Statue.«
»Die Altstadt ist sehr schön, aber ich kann verstehen, dass man als Grundschüler noch nicht so viel dafür übrig hat«, stimmt Kilian zu. »Wir hüpfen aber nur aus dem Auto und kaufen schnell ein, okay?«
»Mhm«, murmle ich zustimmend. Mir ist auch nicht so nach Stadtbesichtigung heute.
Das bekomme ich auch nicht. Kilian scheint sich auszukennen: Er hält in der Nähe eines Einkaufszentrum und wir streben dann zielsicher einen entsprechenden Laden an. Dort versucht er, mich zu einer engen Badehose zu überreden, doch ich lasse da nicht mit mir verhandeln und wähle eine Shorts, die ich auch selbst bezahle. Zum Trotz kauft er dafür die Pants, die sein Favorit war. Die Verkäuferin beobachtet uns die ganze Zeit, als wären wir Verbrecher. Schließlich sitzen wir wieder in dem Auto und fahren weiter gen Baltrum. Es dauert noch eine Stunde, dann erreichen wir einen Parkplatz, wo Kilian seinen Wagen stehen lässt.
»Auf der Insel gibt es keine Autos«, erklärt Kilian.
»Cool.« Ich schultere meinen Rucksack. »Soll ich dir etwas abnehmen?«
»Nein, ich habe auch nur die Reisetasche und den Rucksack«, antwortet Kilian und wuchtet sich seine Sachen auf den Rücken.
Wir gehen zum Anlegeplatz der Fähre und haben Glück. Die nächste geht in zehn Minuten und liegt bereits vor Anker.
»Ich hoffe, du wirst nicht leicht seekrank?«, fragt Kilian, als wir schon an Bord sind.
»Doch«, gebe ich zu. Meine Ohren werden heiß.
»Na, dann werde ich dich wohl ablenken müssen«, vermutet er und grinst mich durchtrieben an.
»Wie denn?«
»So…« Er beugt sich zu mir und gibt mir einen süßen Kuss. »Solange dauert die Überfahrt ja auch nicht.«
»Gut«, hauche ich und strecke mich ihm entgegen, um einen weiteren Kuss zu ergattern. Er gewährt ihn mir und zieht mich anschließend auf eine Bank an Deck, wo er den Arm um mich legt. Ich lehne mich an ihn und versuche, das Schwanken zu ignorieren. Einige Male muss ich schlucken und mir ist ein wenig flau im Magen, doch zum Glück muss ich mich nicht übergeben. Dennoch bin ich froh, als die Überfahrt überstanden ist und wir wieder aussteigen können.
»Wie weit ist es?«, erkundige ich mich.
»Nicht weit. Hier ist nichts weit entfernt«, erklärt Kilian schmunzelnd. »Es ist eine wirklich kleine Insel. Wir müssen zum Westdorf. Da entlang.«
Ich folge ihm und sehe mich dabei interessiert um. Es ist schon ein paar Jahre her, dass ich das letzte Mal im Urlaub war. Vor meinem Outing. Ich verdränge die unangenehmen Gedanken daran und atme einige Male tief durch. Die Meerluft ist toll. Ich entspanne mich gleich noch ein wenig mehr.
»Hey, nicht trödeln«, ruft mir Kilian zu und dreht sich lächelnd zu mir um.
Ich lächle zurück und hole dann wieder zu ihm auf. »Sag, wenn ich dir die Reisetasche mal abnehmen soll.«
»Ach Quatsch, das kurze Stück werde ich überleben«, versichert mir Kilian und greift mit seiner freien Hand nach meiner. Ich überlasse sie ihm und laufe neben ihm her. Auf dem Weg begegnen uns ein paar Touristen. Sie gucken komisch, aber das stört mich nicht. Kilian offenbar auch nicht. Vielleicht ist es ein wenig merkwürdig nach der Nacht, aber jetzt bin ich schon wieder total glücklich.
»Wie groß ist das Haus?«, will ich wissen.
»Nicht groß. Es ist auch nicht das ganze Haus, das wir beziehen. Nur eine Wohnung davon«, erklärt Kilian. »Nur zwei Zimmer, Küche und Bad.«
»Reicht doch«, meine ich.
»Bestimmt.« Er zieht mich dichter an sich heran und drückt mir einen Kuss an die Schläfe. »Ich wäre mit einem Wandschrank zufrieden, wenn du bei mir bist.«
Ich lächle nur und schüttle den Kopf. »Wäre mir vielleicht doch ein wenig zu eng.«
»Quatsch, würde dir in dem Moment gar nicht auffallen«, behauptet Kilian. »Ich wüsste schon, wie ich dich ablenke.«
»Wie denn?«, frage ich wieder und schmunzle.
»Ich zeig’s dir… Später«, verspricht er und zwinkert mir zu.
Ich muss grinsen. »Bin gespannt.«
»Solltest es dir aber eigentlich denken können.« Er küsst mich noch einmal. »Okay, hier links und dann können wir das Haus gleich sehen. Das kleine mit dem
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