Vorsicht Nachsicht (German Edition)
zögernd zu essen. »Schmeckt lecker.«
»Freut mich«, meint Kilian lächelnd. »Gesund genug?«
»Klar.«
»Sonst isst du im ‚Moritz‘ , meintest du?«
Ich nicke.
»Und wenn du mal nicht arbeitest?«
»Mensa«, antworte ich schulterzuckend.
»Und wenn die zu hat? Kannst du wirklich nicht kochen?«, fragt er weiter. »Oder isst du am Wochenende bei deinen Eltern?«
»Ich esse Brot«, lautet meine schlichte Antwort. Über meine Eltern will ich jetzt wirklich nicht reden.
Er schüttelt den Kopf. »Ernsthaft?«
»Klar«, brumme ich. »Manchmal hole ich mir auch etwas. Oder Fertiggerichte kriege ich auch noch hin.«
»Oh Mann«, seufzt er. »Kochen ist doch eigentlich nicht schwer.«
»Kann sein.« Aber bisher hatte ich weder die Zeit noch die Lust dazu, es mir anzueignen. »Woher kannst du es denn?«
»Na, von meiner Mutter zum Beispiel und den Rest selbst ausprobiert.«
»Aha.«
»Hast du deiner Mutter nie beim Kochen zugeguckt?«
»Nein.« Wir hatten einen Fernseher.
»Oder geholfen?«
»Nein, musste ich nicht.«
»Hast du Geschwister?«
»Einen älteren Halbbruder«, antworte ich. »Und du?«
»Zwei Schwestern«, erzählt er und runzelt die Stirn. »Vielleicht liegt es daran, dass meine Mutter es uns allen beigebracht hat. Praktisch in einem Abwasch.«
Ich lächle verhalten und zucke mit den Schultern. »Die Küche war das Revier meiner Mutter. Männer hatten da nichts zu suchen.«
»So, so…« Er schmunzelt. »Das erklärt einiges. Wie viel älter ist dein Halbbruder?«
»Zwölf Jahre.«
»Hat er bei euch gewohnt?«
»Manchmal.« Ich nicke. Vielleicht sollte ich ausholen, aber ich mag wirklich nicht über meine Familie reden. »Wie alt sind denn deine Schwestern?«
»Die eine drei Jahre älter, die andere zwei Jahre jünger«, erklärt er lächelnd. »Inzwischen beide verheiratet mit Nachwuchs. Kommst du von hier? Oder studierst du nur in Lüneburg?«
»Bin hier geboren. Und du?«
»Hamburger«, erklärt er jovial. »Aber ich wohne seit gut fünf Jahren hier.«
»Gefällt’s dir hier besser als in Hamburg?«
»Hm… kommt drauf an. Lüneburg ist eine sehr hübsche Stadt, nur in mancher Beziehung etwas klein, was aber auch schön sein kann«, erklärt er nachdenklich.
Ich nicke verständig und komme auf die Idee, weiter zu essen. Dabei erliegt die Unterhaltung. Der Auflauf schmeckt echt gut. Ich hatte schon lange nichts mehr, was annähernd so lecker geschmeckt hat. Da vergesse ich glatt, dass ich eigentlich keinen Appetit habe.
»Nachschlag oder Nachtisch?«, will Kilian wissen, als ich meinen Teller leer gekratzt habe.
Eigentlich bin ich jetzt pappsatt. Aber… »Was für Nachtisch?«
»Eis?«
»Hm.« Ich überlege und lächle dann leicht. »Okay.«
Er lacht und steht auf, um unsere Teller zusammenzustellen. Ich helfe ihm dabei und komme ihm zuvor, was das Abräumen betrifft. Darin bin ich geübter. Seufzend gibt er nach. »Na gut, stell es in die Spüle, okay?«
Ich folge seiner Bitte, während er die Eisschalen füllt, sogar noch Waffeln hineinsteckt und Schokosoße drüber laufen lässt. Wahnsinn. Ich liebe Eiscreme. Nur leiste ich mir so etwas viel zu selten.
»Du magst wohl gerne Eis, was?«, stellt Kilian schmunzelnd fest, als ich es gierig verschlinge.
Etwas verlegen zügle ich meine Hast. »Schon.«
»Was ist deine Lieblingssorte?«
»Schokolade.« Da muss ich nicht überlegen. Nicht gerade die interessanteste Eissorte, aber ich mag sie nun mal wirklich am liebsten.
»Ich mag Sahne-Kirsch am liebsten.«
»Mhm«, stimme ich zu. »Essen würde ich alle Sorten.«
»Magst du allgemein gerne Süßes?«
»Nein, eigentlich nicht.« Ich überlege. »Eis ist eine Ausnahme.«
»Was ist mit Schokolade?«
»Nein.«
»Obwohl du Schokoeis magst?«, wundert er sich.
»Andere Konsistenz, anderer Nachgeschmack. Bei Schokolade ist der Mund danach so säuerlich, dass man immer mehr essen muss.«
»Hm… Jetzt, wo du es sagst.« Er lacht. »Und bei Eis ist das nicht so?«
Ich schüttle den Kopf und frage mich gleichzeitig, ob es noch banalere Gesprächsthemen gibt. Aber wenn wir nicht reden, ist das Eis schnell weg und was kommt dann? Nun, nicht lange und ich werde es herausfinden. Noch fünf Löffel voll… Vier, drei, zwei… eineinhalb…
»Fertig? Dann geh doch schon mal ins Wohnzimmer, während ich abräume«, schlägt Kilian vor. Ich nicke. Mein Magen fühlt sich flau an. Was passiert jetzt? Wird er mich einfach flachlegen, wie er es schon gestern Abend vorgehabt
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