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Vorsicht Niemandsland

Vorsicht Niemandsland

Titel: Vorsicht Niemandsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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be­ob­ach­te­te uns auf­merk­sam. Trotz­dem hat­te er kaum et­was be­merkt. Le­dig­lich Ta­lys Hal­tung war ihm auf­ge­fal­len.
    »Ich muß zur Zen­tra­le zu­rück, Sir«, er­klär­te er zö­gernd. »Sie sol­len hier von TS-19 und MA-23 ab­ge­holt wer­den. Mei­ne Auf­ga­be ist er­füllt. Ich wer­de mich noch um die Pup­pen küm­mern müs­sen. Ah – da kom­men sie ja.«
    Vor uns hielt ein Elek­tro­wa­gen. Es saß aber nur ein Mann auf der brei­ten Sitz­bank: Han­ni­bal-Othel­lo-Xer­xes Utan, der selt­sams­te Leut­nant des ak­ti­ven GWA-Korps.
    Er trug kei­ne Mas­ke, da sein Ge­sicht bei je­dem in­for­mier­ten Be­ob­ach­ter oh­ne­hin den Ein­druck er­we­cken muß­te, als hät­ten ihm die GWA-Bio­che­mi­ker ei­ne be­son­ders ge­lun­ge­ne Ein­satz­fo­lie über den ei­för­mi­gen Kopf ge­streift.
    Als mein Kol­le­ge sich vom Sitz er­hob und sei­ne ha­ge­re, zwer­gen­haf­te Ge­stalt so­wie sein fal­ti­ges Ge­sicht sicht­bar wur­den, ver­nahm ich ein un­ter­drück­tes La­chen.
    Un­se­re Mit­ar­bei­te­rin kämpf­te sicht­lich um ih­re Be­herr­schung. Han­ni­bal schi­en trotz sei­nes ei­gen­ar­ti­gen Ver­hal­tens auch auf sie einen tie­fen Ein­druck zu ma­chen. Er war au­ßer mir der ein­zi­ge GWA-Agent, der den Ge­hir­n­ein­griff über­stan­den hat­te.
    Ei­ner un­se­rer Chir­ur­gen hat­te sei­ner­zeit er­klärt, es wä­re äu­ßerst schwie­rig ge­we­sen, un­ter Han­ni­bals steil em­por­ra­gen­der Schä­del­de­cke das Groß­hirn zu fin­den. Au­gen­blick­lich zwei­fel­te ich dar­an, daß die­ser Me­di­zi­ner nur ge­scherzt hat­te.
    Als der Klei­ne sein »Hal­lo« brüll­te, be­gann Ta­ly krampf­haft zu hus­ten. Han­ni­bals trom­pe­ten­ar­ti­ge Lau­te hat­ten ih­rer be­wun­derns­wer­ten Be­herr­schung an­schei­nend den letz­ten Stoß ver­setzt.
    Er tän­zel­te auf uns zu. Wenn der Klei­ne schon auf der Er­de nicht rich­tig lau­fen konn­te, so ge­lang ihm das bei der ge­rin­gen Mond­schwe­re über­haupt nicht. Er be­haup­te­te je­doch zu »schrei­ten«. Die­se Auf­fas­sung ent­sprach sei­nem hin­ter­grün­di­gen Hu­mor.
    Als er vor mir stand und den Kopf in den Nacken leg­te, konn­te ich das In­ne­re sei­ner Na­se be­wun­dern.
    »Hei, wie fühlt man sich?« re­de­te er mich an­statt ei­ner Be­grü­ßung an.
    In sei­nen was­ser­blau­en Au­gen tanz­ten tau­send Teu­fel­chen. Er war drauf und dran, durch sein Er­schei­nen den Ernst un­se­res Ein­sat­zes zu ba­ga­tel­li­sie­ren. Das schaff­te er groß­ar­tig.
    Mei­ne dro­hen­den Bli­cke ver­fehl­ten bei ihm je­de Wir­kung. Er igno­rier­te sie ein­fach und schnup­per­te in der Ge­gend her­um wie ein Hund.
    »Hm, trotz dei­ner An­we­sen­heit ist die Luft hier noch gut«, stell­te er fei­xend fest. »Mein Gruß ge­hört dir, Bru­der.«
    Mein war­nen­des Zi­schen über­hör­te er ge­flis­sent­lich und be­dach­te Ta­ly mit ei­ner Ver­beu­gung, die mein Groß­va­ter wohl als Kratz­fuß be­zeich­net hät­te.
    »Wenn du mich der Da­me vor­stellst, ver­giß nicht zu er­wäh­nen, daß ich vor drei Ta­gen Erd­zeit zum Cap­tain be­för­dert wur­de«, mein­te er in vor­neh­mer Zu­rück­hal­tung. »Was ist, Lan­ger? Hast du die Spra­che ver­lo­ren?«
    Ta­ly amü­sier­te sich. Ich war froh, daß sie Han­ni­bals Auf­tritt von der hu­mor­vol­len Sei­te nahm. An­de­ren Leu­ten war Han­ni­bal schon der­art auf die Ner­ven ge­gan­gen, daß man ihm mit­tel­al­ter­li­che Stra­fen an­ge­droht hat­te, wenn er sich nicht bes­sern wür­de.
    Der Klei­ne hat­te nicht die Spur von Hem­mun­gen – und jetzt hat­te man ihn auch noch zum Cap­tain be­för­dert! Wo­hin soll­te das noch füh­ren!
    Han­ni­bal schüt­tel­te treu­her­zig Ta­lys Hand und stell­te sich als Cap­tain Utan vor. Daß er ihr ge­ra­de bis zur Schul­ter reich­te, schi­en ihn in kei­ner Wei­se zu stö­ren. Ge­wiß hielt er sich wie­der ein­mal für un­wi­der­steh­lich.
    »Sie sind mir schon avi­siert wor­den, Dok­tor­chen!« kräh­te er zu­vor­kom­mend. »Mein schüt­zen­der Arm wird Sie je­der­zeit um­span­nen, mein Wort dar­auf.«
    »Laß ihn noch zwan­zig Zen­ti­me­ter wach­sen, sonst kannst du kaum ihr Hand­ge­lenk um­fan­gen!«

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