Vorsicht Niemandsland
Wahrscheinlich ein energetisches Schutzfeld, wie es die Marsianer auch entwickelt haben. Nur –«, Kapitän Tronsskij lachte rauh auf, »nur mit dem Unterschied, daß dieses Wagenfeld nicht viel taugte. Als Kenonewe zehn marsianische Atomstrahler auf einmal feuern ließ, löste sich das Flimmern in langen Blitzen auf. Sekundenbruchteile später war das Fahrzeug vernichtet.«
»Ich habe Kenonewe die Anweisung erteilt, sofort zur Festung zurückzufahren«, sagte TS-19 ruhig. »Es ist besser, denke ich.«
»Phantastisch«, sprach ich meine Gedanken laut aus, »einfach phantastisch! Das ist doch endlich wenigstens ein Lebenszeichen von der anderen Seite. Wir hatten doch hoffentlich keine Verluste?«
»Keine«, bestätigte Tronsskij. »Unverschämtes Glück, wie?«
»Kann man wohl sagen. Ab heute geht mir kein Mann mehr ins offene Gelände hinaus. Sorgen Sie dafür. Die Erkundungsfahrten sind sofort einzustellen. Wenn es den Unbekannten gelingt, nur einen unserer Helmträger zu fassen, haben wir endgültig verloren. Das war auch der Zweck des Angriffes, verlassen Sie sich darauf. Unsere Verzerrungshelme verhindern ein Erforschen des Gedankeninhaltes. Was liegt also näher, als jemand einzufangen. TS-19, das ist die Gefahr Nummer eins! Achten Sie um Himmels willen darauf.«
»Wir werden aufpassen, mein Wort darauf«, versicherte Tronsskij. »Immerhin war das ein Erfolg, meinen Sie nicht auch?«
»Eigentlich ja«, schnaufte Hannibal. »Es zeigt aber auch, daß die Burschen mißtrauisch sind. Wenn sie unserem Schauspiel so ohne weiteres glaubten, brauchten sie sich nicht um einen unserer Männer zu bemühen.«
Unsere Besucher gingen nach einer halben Stunde. Wir hatten uns nichts mehr zu sagen, nachdem die Neuigkeiten nach allen denkbaren Richtungen hin durchgesprochen worden waren.
Das Warten begann erneut; das zermürbende, nervtötende Warten auf ein Ereignis, dessen Herbeiführung nicht in unserer Macht lag. Es war auch nicht mehr als ein logisch fundiertes Rechenergebnis. Wenn wir falsche Grunddaten eingesetzt hatten, dann würde es niemals zu einem Ereignis kommen.
11.
Wir waren an einem moralischen Tiefpunkt angekommen. Für die depressive Stimmung gab es kaum einen treffenderen Ausdruck. Es wäre alles nicht schlimm gewesen, wenn uns nicht die Zeitnot auf den Nägeln gebrannt hätte.
Auf der Erde nahm das Unheil immer katastrophalere Formen an. Die Menschheit geriet in eine kaum noch zu dämpfende Panikstimmung, die – nach der letzten Funknachricht zu urteilen – in Großasien bereits zu recht harten Maßnahmen geführt hatte.
Peking hatte an die asiatischen Sperrzonen-Truppen den Schußbefehl erteilt, da die Kranken in immer stärkerem Maße dazu neigten, die strenge Isolierung zu durchbrechen. Warum sie so vorgingen, konnte sich niemand erklären. Sie waren in den Seuchengebieten gut aufgehoben. Wenn wir sie auch nicht heilen konnten, so fehlte es ihnen doch sonst an nichts. Allein die USA hatten innerhalb der wenigen Wochen seit Mitte Oktober 2005 fünf Milliarden Dollar aus einem Sonderfonds bereitgestellt. Die Europäer und Afrikaner standen nicht zurück. Wir flogen sogar ausgesprochene Luxusartikel in die Sperrzone ein, damit wir uns wenigstens in rein psychologischer Hinsicht keine Unterlassungssünden vorzuwerfen brauchten.
Und wir, wir sorgfältig getarnten GWA-Agenten »zur besonderen Verwendung«, warteten nun seit vierzehn Marstagen in einem bescheidenen Raum, der vor einigen zehntausend Jahren einmal einem marsianischen Flottenoffizier als Unterkunft gedient haben mochte.
Unsere Gesprächsthemen waren
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