Vorsicht, Zickenzone
Leistungsshow nicht permanent mitmachen, ist unerwünscht und wird, bitteschön, unterbunden. Gute Schüler (und deren Mamas) lädt man gerne zu sich nach Hause ein und ist spendabel in jeder Situation, um die »Freundschaft« zu vertiefen. Da haben wir wieder das Prinzip »Abfärben«. Die »guten Schüler« kolorieren die eigenen Kinder in leuchtenden Farben, die weniger guten lassen auch die eigene Brut dumm aussehen. Das geht gar nicht, finden viele Mütter.
Empathie, Sympathie und die Wünsche der eigenen Kinder rücken an die zweite Stelle. Wie bei Katja zum Beispiel, einer Mutter aus der Klasse meines Sohnes. Auch wenn ihr Sohn viel lieber mit Carl spielt, weil man mit dem so gut Panini-FuÃball-Bilder tauschen kann, hat die Mutter Jens als Freund für ihren Nachwuchs ins Auge gefasst. Und dann gehen die Verkupplungsversuche los: Katja schmettert Einladungen von Carls Mama rigoros ab. Stattdessen wird Jensâ Mama umschmeichelt, wo es nur geht.
Ihr Sohn hält weiterhin an Carl fest, da muss die Mama schon zu härteren Schlägen ausholen. Sie sucht eine Schwachstelle und beginnt, die Gerüchteküche brodeln zu lassen. Dann wird getuschelt, über Carls Mama, »die kokettiert mit ihrem Aussehen, schmeiÃt sich an sämtliche Papas der Schule ran!« Und dann geht die stille Post weiter. »Haste schon gehört?« Und am Ende will kaum noch einer Carl zu sich nach Hause einladen â aus Angst vor der männerklauenden Mutter. Katja ist am Ziel. Aber zu welchem Preis?
Der Klo-Euro
F ür alle Mamas, die nach den Elterninitiativen nicht wissen, wohin mit all der Energie für die Gemeinschaft zum Wohle der Kinder â es gibt es einen Ort: den Elternbeirat. Was als Einrichtung zur Unterstützung der Lehrer gedacht war und als Mittler zwischen allen Eltern der Schule und dem Lehrkörper, mutierte in den letzten Jahren zur Bühne für Selbstdarsteller. Hier werden so hitzige Themen besprochen wie das Dosenwerfen auf dem Sommerfest, der Nikolausbesuch, ein gesundes Frühstück vor den Osterferien oder die schmutzigen Toiletten.
Letzteres Thema wurde ein echtes Diskussions-Highlight an unserer Schule. Mehr als das: Es entbrannte ein regelrechter Streit unter Müttern um vollgepinkelte Schulklos. Denn hier trafen Welten aufeinander: Da waren die einen, die ihre lieben Kleinen vor allem und jedem beschützen wollten, vor allem vor gelben Lachen unter dem Pissoir. Sie wären durchaus bereit, bis zu 100 Euro im Jahr für eine Extra-Putzfrau zu zahlen, damit die Kinder ihre Notdurft wieder mit Lust und Laune verrichten könnten.
»Eine Unverschämtheit. Solch ein Betrag für eine öffentliche Schule«, wetterten die anderen. Ihnen war der Zustand der Klos wurscht. SchlieÃlich müssen sich die Kids an das Leben da drauÃen gewöhnen, je früher desto besser. AuÃerdem sahen die Toiletten schon zu Schulzeiten der Eltern so aus. Und? »Uns hat das auch nicht geschadet«, waren sie der Meinung.
Jedes der Mütter-Lager beanspruchte für sich das Wissen, was für alle Kinder das Beste sei und wie es denn jetzt gemacht werden solle. Und schon war das Klima vergiftet. Keine wirkliche Auseinandersetzung, keine konstruktiven Gespräche waren möglich, jeder Vorschlag des »Gegners« wurde sofort niedergeschmettert. Und das in einer Zeit, in der ständig von sozialer Kompetenz gefaselt wird. In der wir uns nichts sehnlicher wünschen, als dass unsere Kinder »soft skills« wie Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit und Toleranz verinnerlichen.
Aber von Team, gegenseitiger Motivation, Kritikfähigkeit und ehrlicher Unterstützung war da kaum etwas zu spüren. Man hatte bei den zahlreichen Treffen und Veranstaltungen des Elternbeirats selten das Gefühl: Hier geht es um Engagement. Hier geht es um eine funktionierende Schule und glückliche Kinder. Nö, hier wollten sich die Mütter darstellen â in all ihrer Pracht. Das fing damit an, dass sich einige Damen nicht mit den Worten: »Hallo, ich bin Frau Müller, Mutter von Klaus aus Klasse 1a« vorstellte. Sondern als »Patentanwältin, die gerne nach Afrika reist und sich in ihrer raren Freizeit ehrenamtlich um krebskranke Kinder kümmert«. »Ach ja, und mein Sohn Moritz besucht die zweite Klasse.«
Aha. Aber es ging noch um mehr. Es ging um ein gutes Bild oder besser: das perfekte Bild einer hilfsbereiten,
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