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Vorsicht, Zickenzone

Vorsicht, Zickenzone

Titel: Vorsicht, Zickenzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Koller , Claudia Rieß
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extremes Mimöschen gestoßen ist, wird das nächste Mal nicht mehr gegrüßt und wundert sich über die Ad-hoc-Distanz.
    Besonders dramatisch ist die Sache, wenn man in einer handfesten Krise steckt. Dann wandelt man nicht mehr nur ab und zu in solchen Momenten, sondern ein halbes vielleicht sogar ein ganzes Jahr lang. Weil ein Scheidungskampf, finanzielle Sorgen, etc. einen piesacken oder Krankheiten. Hach, wie schön wäre da etwas Verständnis. Doch das gibt’s nur, wenn die Gegenseite weiß, was einen umtreibt. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Wer Sorgen hat, dreht sich um sich selbst, ist zugeknöpft und hat keine Muße für Offenheit. Die allerdings braucht man, damit der/die andere verstehen kann. Schade, dass Empathie, das Einfühlen in den anderen, und Mitgefühl eine nicht allzu verbreitete Gabe ist. Wie auch, wenn es den anderen ähnlich geht? Das allerdings stellt man erst mit etwas Abstand fest, wenn die Kinder älter sind.

Bitte hinten anstellen!
    I n Deutschland haben wir das Anstellen verlernt. Am schlimmsten sind Mamas mit kleinen Kindern. Sie werden von der Angst getrieben, ihre Kleinen könnten bei der Verteilung von kostenlosen Süßigkeiten zu kurz kommen oder von der peruanischen Indio-Combo in der Fußgängerzone nur die Füße sehen. Neulich wurden in meinem Lieblings-Drogeriemarkt kostenlose Tamponproben eines neuen Anbieters verteilt. Zwei Mamas nutzten die Situation und schickten ihre lieben Kleinen auf Beutezug. Die zwei Racker legten einen Spurt hin, als gäbe es vergoldete Lady-Gaga-Autogramme. Man sah, da waren Profis am Werk, die trainiert wurden. Von ihren Mamas. Ich bin mir sicher, es war beiden Frauen nicht klar, was da verteilt wurde. Aber darum ging es gar nicht. Sondern nur um eins: dass das eigene Kind Erster würde. Notfalls mit Ellenbogen-Einsatz.
    Die zwei rannten los, über die Füße der Umstehenden, stolperten über Kinderwägen, vorbei an Omas Rollator, hin zu den eingeschweißten Watteraketen im Minikarton. Ohne Rücksicht auf andere. Auch nicht auf mich. Denn ich stand im Weg. Ohne Kinder, als Mama nicht wirklich erkennbar. Als mir einer der Kleinen fast über die Beine fiel, fragte ich freundlich: »He, alles in Ordnung?« Aber da hatte ich nicht mit seiner Trainerin gerechnet. Die rümpfte die Nase und meckerte los: »Ja, lassen Sie die Kinder halt durch. Die sind doch noch so klein. Die wollen doch auch mal ...!«
    Ja, was eigentlich? Das wussten die zwei Mamas selbst nicht. Aber eins wussten sie genau: Da war wieder so eine, die im kinderfeindlichen Deutschland Heranwachsenden ein Bein stellen wollte. Von Entschuldigung keine Spur. Hinten-Anstellen ist etwas für Vorvorgestrige.
    Ein beliebter Ausbildungsort für das Durchmogeln ist im Übrigen der Hot-Dog-Stand eines großen schwedischen Möbelhauses. An Samstagen oder verkaufsoffenen Sonntagen wird der Nachwuchs hier gerne ausgebildet. Da werden die Kinder angetrieben, nach vorne zu preschen, vorbei an der Endlosschlange, bis die rote Wurst mit dem pappigen Brötchen in der Hand liegt. »Hast du gut gemacht«, loben ganz dreiste Eltern dann. Und wehe, es erlaubt sich eine andere Mama, die mit ihren Kindern am Ende der Schlange geduldig wartet, das Vordrängeln zu kritisieren. Von »Oh, Verzeihung« keine Spur. Dafür kriegt sie zu hören, wie schwer man es heute in diesem Land mit Kindern hat. Und dass die Kleinen ja wohl nicht so lange warten können: »Wie stellen Sie sich das vor? Die sind doch am Verhungern!« Und: »Da soll man sich mal nicht so anstellen, oder wünschen Sie sich vielleicht die Zeiten von Zucht und Rohrstock zurück?«
    Wohl kaum. Aber wo sind wir denn gelandet, wenn wir unseren Kindern nicht mal den Grundstock an Freundlichkeit und gegenseitigem Respekt abverlangen? Schließlich wollen doch gerade wir Mütter, dass auf unsere Kinder Rücksicht genommen wird – also sollten wir das auch unseren Kleinen beibringen.
    Am weitesten treiben es die Mama-Kind-Granaten übrigens auf dem Weihnachtsmarkt: Verteilt der verkleidete Nikolaus am 6. Dezember zwischen den Lichterbuden kostenlose Süßigkeiten, werden Mütter zu Generälen: »Los, Matteo, nach vorne! Voller Einsatz! Schnapp dir das Hanuta!« Ach, da waren noch andere Kinder? Kleinere vielleicht? Pech gehabt. Die müssen beim nächsten Mal einfach mehr Gas geben.
    Zum Glück gibt es noch

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