Vorstadtkrokodile
sie jetzt erst recht auf, seitdem Hannes von der Feuerwehr vom Dach geholt werden musste.
Als sie wieder in ihre Siedlung einfuhren, sagte Olaf zu Hannes: »Kannst den Kurt morgen mitbringen. Wir werden mit dem Rollstuhl schon irgendwie zurechtkommen. Versprochen ist nun mal versprochen.«
»Und die anderen?«, fragte Hannes.
»Nicht fragen. Kurt einfach mitbringen. Den Krokodiler möchte ich sehen, der Kurt sagt, dass er wieder abhauen soll«, erwiderte Olaf.
»Fahr doch mit bei Kurt vorbei«, bat Hannes Maria, die zugehört hatte.
Maria fuhr nach anfänglichem Zögern mit, und als sie Kurts Eltern ihren Wunsch vorgebracht hatten, erklärte Kurts Mutter den beiden den Mechanismus des Rollstuhls, wenn sie auch nicht begeistert war von dem Gedanken, dass sie ihren Kurt fremden Kindern anvertrauen sollte. Sie sah aber doch ein, dass Kurt nicht immer nur mit Erwachsenen zusammen sein durfte. Manchmal konnte sie schon nicht mehr seine bettelnden Augen ertragen. Sie tröstete sich damit, dass Maria und der kleine Hannes doch vorsichtige Kinder waren, dass man ihnen vertrauen durfte. Kurt sagte kein Wort. Er saß in seinem Spezialstuhl und nickte unmerklich vor sich hin.
Am Montagnachmittag um vier Uhr waren alle Krokodiler vor Kurts Haus versammelt, denn Olaf hatte noch am selben Abend die anderen davon überzeugt, dass sie Kurt nicht ausschließen dürften.
Sie warteten auf den Schulbus, der Kurt zu Hause ablieferte, und als dann der Ford Transit in die Silberstraße einbog und vor dem Haus hielt, sahen alle interessiert zu, wie Kurt mit seinem Rollstuhl auf der Rampe aus dem Wagen auf die Straße heruntergelassen wurde. Rudolf und Otto umkreisten auf ihren französischen Fahrrädern den Kleinbus, lagen mit dem Bauch auf dem Sattel wie Akrobaten. Die Pedale traten sie mit den Händen.
Maria und Hannes ließen ihre Fahrräder hinter Wolfermanns Haus stehen, weil sie den Rollstuhl schieben mussten, die Räder wären ihnen hinderlich gewesen.
Nach den ersten Schwierigkeiten ging es ganz gut. Kurt
zeigte ihnen immer wieder, wie sie es machen und wann sie was machen mussten. Mit der Zeit machte es ihnen sogar Spaß, den Rollstuhl zu schieben.
Das war schon ein komischer Anblick, wie sie da durch die Siedlung zogen, Kurt in seinem Rollstuhl, Maria und Hannes schoben und alle drei wurden ständig von den anderen Krokodilern auf ihren Fahrrädern umkreist. Kurt bremste selbst seinen Rollstuhl ab, wenn es nötig war, und half mit an seinen Rädern zu schieben, wenn es schwer ging. Nur mit den Bordsteinkanten hatten sie Mühe. Auf den Bürgersteig hinauf zuerst die kleinen Räder, indem man den Stuhl etwas nach hinten kippte, vom Bürgersteig herunter zuerst die großen Räder, Kurt saß dabei mit dem Rücken zur Straße, dann wurden die kleinen Räder einfach nachgezogen. Wenn man den Kniff herausgefunden hatte, war es gar nicht mehr so schwierig. Sie probten das zunächst an einer ruhigen Stelle, bevor sie sich zur stark befahrenen Bundesstraße wagten, und als ihnen Kurt dann bestätigte, sie würden das schon so geschickt machen wie seine Mutter und sein Vater, überquerten sie die Bundesstraße.
Im Wald aber, auf dem holprigen Weg, wurde es doch so schwer, dass noch zwei Krokodiler mithelfen mussten. Auch Olaf musste mitschieben.
Er tat es ungern, ließ sich aber nichts anmerken.
Als sie dann an der Buche angekommen waren, sagte Hannes: »Guck, da stand unsere Hütte.«
»Futsch«, sagte Theo, »total futsch.«
»Schade«, sagte Kurt.
»Aber wir haben schon angefangen uns eine neue Hütte zu bauen, auf dem alten Ziegeleigelände«, sagte Frank, »die kann man dann nicht mehr so einfach einreißen, die ist aus Steinen gebaut.«
»Ziegelei ist zu weit für mich«, antwortete Kurt.
»Zu weit?«, fragte Frank. »Dich auf die Ziegelei zu schieben, ist doch viel leichter als hierher in den Wald.«
»Na, dann fahren wir doch mal zur Ziegelei«, sagte Kurt. Er hatte es eigentlich nur gesagt, um zu sehen, wie die Krokodiler darauf reagierten.
Aber sie schwiegen betreten, nicht einmal Hannes und Maria, die sich so für Kurt eingesetzt hatten, war es in den Sinn gekommen, Kurt zur Ziegelei mitzunehmen.
»Zur Ziegelei?«, fragte Olaf gedehnt. »Mit dir? Im Rollstuhl? Nein, das geht nicht.«
Kurt drehte sich langsam um und sah allen ins Gesicht, aber die Krokodiler mochten Kurt nicht ansehen, sie sahen irgendwohin. Nur Hannes zuckte mit den Schultern.
»Wieso geht das nicht?«, fragte Kurt. »Ist es euch zu
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