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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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lila Tablette gönnte. So ein kleines Hochgefühl konnte sie verdammt gut brauchen.
    Sie drückte die Tablette heraus und schluckte sie trocken, wie es Max getan hatte. Der Bus war bereits in der Innenstadt angekommen, als sie eine erste Wirkung spürte. Leni kicherte und sah den Mann mit dem spitzen Gesicht an, der ihr schon die ganze Zeit gegenübersaß.
    Er erinnerte sie an eine Ratte. Leni wandte den Blick ab. Nicht nett, das zu denken. Sie sollte gnädiger sein mit hässlichen Leuten.
    Am Hauptbahnhof nahm sie die S-Bahn zur Sternschanze. Fast schon ihre Hausstrecke. Als sie die kleine Treppe zum Laden hinunterstieg, fühlte sie sich großartig.

    »Großartig«, hatte Theo gesagt, »und jetzt?« Sie waren dem Bus bis zum Bahnhof gefolgt und standen hinter ihm in der Haltebucht, als sie Leni aussteigen und zur S-Bahn gehen sahen.
    »Du folgst ihr, und ich komme nach«, hatte Lucky gesagt, »ich hoffe, du hast dein Handy ausnahmsweise mal dabei und hältst mich auf dem Laufenden. Könnte mir vorstellen, dass sie zur Schanze will. Oder zu den Landungsbrücken.«
    Theo sprang in den letzten Waggon der S 3, bevor die Türen schlossen. Er hatte gerade noch Lenis leuchtend helles Haar aus den Augenwinkeln wahrgenommen, als sie in den vorletzten Wagen stieg.
    Beinah verlor er sie an der Sternschanze, weil Leni als eine der Letzten ausstieg. Theo schob sich zwischen die schließenden Türen und schaffte es gerade noch.
    »Sie biegt links in die Schanzenstraße ein«, sagte er in sein Handy.
    »Geh ihr nach«, sagte Lucky, »und informier mich. Ich steh im Stau.«

    Hatte sie erwartet, dass sich die Tür öffnete, kaum dass sie klopfte? Leni saß auf den Stufen der kleinen Kellertreppe und starrte die alte graue Decke an, die im Ladenfenster hing. Ihr Puls ging noch viel zu schnell, doch die Euphorie wich der Erkenntnis, dass diese Aktion abkackte. Kein Max, der wahnsinnig vor Glück war, das geile Road Movie mit ihr zu erleben und vor der drohenden Zukunft abzuhauen, die ihr Vater für sie plante.
    Irgendwas bewegte sich im Laden. War da nicht eine knochige weiße Hand hinter dem Fenster zu sehen, die sich an den Rahmen legte?
    »Mach auf«, brüllte Leni, und dann wurde ihr auf einmal klar, dass es gar nicht Max war hinter dem Fenster.
    Die Härchen auf ihren Armen stellten sich auf. Doch Leni blieb wie angewurzelt auf der Treppe sitzen. Sie hatte nun die Tür im Auge, die ein Geräusch von sich gab, das Leni an den Blasebalg denken ließ, mit dem Paps das Kaminfeuer anfachte.
    Die Tür bewegte sich.
    »Leni«, sagte da jemand hinter ihr. Sie fuhr herum.
    Theo stand da. Die Hände auf das eiserne Geländer gelegt.
    Leni blickte noch mal zur Tür, die sich gerade schloss, und brach in Tränen aus.

    Sie war ihm um den Hals gefallen. Hatte ihn geküsst. Flüchtig nur. Doch geküsst. Auf die Lippen. Theo dachte, dass dies ein Tag war, aus dem man ein Jahr machen konnte.
    »Was macht dir so Angst?«, fragte er.
    Leni schüttelte den Kopf.
    »Ist Max in dem Laden?«
    »Ich dachte, er sei da. Ich hab ihn gestern hier getroffen.«
    »Du hast Max gestern hier getroffen?«
    »Lass uns gehen«, sagte Leni.
    »Lucky kreuzt hier jeden Augenblick auf«, sagte Theo. Er ließ sich von ihr ein Stück von dem Kellerladen wegziehen.
    »Was tut ihr hier?«, fragte Leni.
    »Wir sind dir gefolgt. In Luckys Auto. Erst dem Bus. Dann ich allein in der S-Bahn. Lucky dachte, du führst uns zu Max. Und er hatte recht.«
    »Nein. Das im Laden ist nicht Max. Er hat keine Spinnenhände.«
    Luckys alter Ford bog in die Straße ein. Lucky hupte. Er stellte das Auto halb auf den Gehsteig und stieg aus.
    »Max war gestern noch in dem Kellerladen«, rief Theo.
    »Und wo ist er jetzt? Nicht mehr da drin?« Lucky kam auf sie zu.
    »Heute hockt da einer mit Spinnenhänden«, sagte Theo. Leni schwieg.
    »Irrsinnig komisch«, sagte Lucky.
    »Nein. Es ist wahr. Ich habe die Hand eben gesehen«, sagte Leni.
    »Hast du was genommen? Irgendeinen Scheiß von Max?« Lucky fasste nach Lenis Handgelenk. Er war wütend. Die ganze Familie kam um vor Sorge um seinen vermissten Bruder und Leni traf sich mit ihm.
    Er ließ sie los und kehrte zu dem Laden zurück. Alles still. Lucky stieg die Stufen hinunter und trat gegen die Tür, die erstaunlich stabil war. »Am besten werfen wir die Scheibe ein«, sagte er. Doch er stieg die Kellertreppe wieder hoch.
    »Max ist nicht da drin«, sagte Leni.
    »Lass uns losfahren«, sagte Theo. Er fasste Lucky an den Schultern.

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