Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
Vom Netzwerk:
»Immerhin wissen wir jetzt, dass Max lebt«, sagte er.
    Alle drei stiegen sie in Luckys Auto.

    Kringels Knochenhand hatte noch einmal nach dem alten Fensterrahmen gegriffen, um zu sehen, dass diese Kids endlich weg waren. Kein gutes Quartier, das er hier gefunden hatte, nachdem die Wohnung in der Seilerstraße durch den Wasserschaden unbewohnbar geworden war. Kringel hatte sich aus dem Staub gemacht oder eher aus dem Wasser.
    Wäre er wenigstens nicht eingeschlafen in der Wanne. Doch er war schrecklich erschöpft gewesen. Ausgeblutet, dachte Kringel. Erst war die Feuerwehr gekommen, dann die Polizei und hatte angefangen, gefährliche Fragen zu stellen. Sollte der Besitzer der Bude sich des Schadens annehmen. Nach dem konnten die lange suchen.
    Er schleppte sich in den kleinen Garten. Ein Hohn, dieses Stück Beton »Garten« zu nennen. Doch genau das hatte der Doktor getan, als er ihm das Loch als Unterschlupf anbot. Kaum aus Nächstenliebe. Nur um einen guten Kunden nicht zu verlieren.
    Vielleicht auch aus Sorge, Kringel könnte obdachlos auf der Straße herumhängen und Antworten auf Fragen geben. Nur gestern hatte er sich stundenlang die Zeit auf den Straßen vertreiben müssen, weil Max ein kurzes Gastspiel in diesem Loch gegeben hatte. Keine Ahnung, wo sie den am Abend hingebracht hatten.
    In der ganzen Stadt gab es diese Löcher, die der Doktor anmietete.
    Wer wusste schon, was da geschah? Die hatten halbe Kinder verschleppt und unter Drogen gesetzt, bevor sie die wieder ins wirkliche Leben ließen. Abhängig bis auf den Grund ihrer Seele.
    Kringel setzte sich auf einen der wackligen Gartenstühle und krempelte den Ärmel seines weißen Hemdes auf. Die Spritze hatte schon auf dem Tisch gelegen, als er von der Klopferei gestört worden war. Hoffentlich hatte sich nicht irgendeine dreckige Fliege darauf gesetzt.
    Kringel seufzte, als er die Nadel in seine Armbeuge stieß. »Guter Stoff«, hatte der Doktor gesagt, »kleines Geschenk vom Gastgeber.«
    Nach dieser Spritze hatte Dirk Kringel vergessen, dass er sich nach einem anderen Leben sehnte. Sauber. In seiner Kleinstadt vielleicht.
    Einer, der Klavier spielen konnte und die Töchter ausführen.
    Der Mäusekönig.

Der Engel an der Pforte
    I n der Kirche saßen sie dicht gedrängt, um Abschied zu nehmen vom alten Ellerbek. Theo hatte sich von seinem Vater in die erste Bank vor dem Altar drängen lassen. Sie hatten beide ihre dunklen Anzüge an.
    Der von Theo war noch von seiner Konfirmation. Alle Säume längst ausgelassen. Dennoch waren die Ärmel und die Hosen zu kurz.
    Der Sarg stand nur ein paar Schritte entfernt.
    Der Chor stellte sich gerade neben ihnen im kleinen Seitenschiff auf.
    Vielleicht wollte Pa dem Sarg nah sein, vielleicht den Chor im Auge behalten, um zu sehen, wem Ma einen zu langen Blick zuwarf.
    Kein Angehöriger aus Ellerbeks Familie war da. Die Nachforschungen der letzten Tage hatten nichts ergeben. Alle schienen sie tot zu sein, Jan Ellerbek blieb verschollen.
    »Ich sagte zu dem Engel, der an der Pforte stand: Gib mir ein Licht, damit ich sicheren Fußes der Ungewissheit entgegensehen kann«, sagte der Pastor vorne am Pult.
    Er hatte Ma aufgesucht und Bunsen, um Einzelheiten aus Ellerbeks Leben zu erfragen. Der alte Ellerbek war kein Kirchgänger gewesen.
    Ma hatte kaum was sagen können. Doch Bunsen hatte wohl was beigetragen. Theo bezweifelte, dass er von Jan Ellerbeks Tat im Wald gesprochen hatte, obwohl er bestimmt davon wusste. Bunsen war seit bald fünfzig Jahren der Arzt im Ort.
    »Aber er antwortete: Geh nur hin in die Dunkelheit und lege deine Hand in die Hand Gottes. Das ist besser als ein Licht und sicherer als ein bekannter Weg.«
    Der Chor setzte ein. Hatten sie dieses Lied von Bach nicht schon bei ihrem Auftritt damals gesungen, als der toten Sarah gedacht wurde? Deren Bild vor einigen Tagen noch mal in den Zeitungen gewesen war, mit dem Hinweis auf eine Gitarre, die sie wohl dabeigehabt hatte an dem Tag ihres Todes.
    »Seufzer, Tränen, Kummer, Not.«
    Sie mussten ohne die Handzeichen des Chorleiters singen. Der saß oben an der Orgel. Ma sah innig aus, wie sie da sang. Tränen standen ihr in den Augen. Der Kleine mit dem spitzen Gesicht war wohl nun auch ein fester Sänger der Truppe. Vielleicht war das damals seine Aufnahmeprüfung gewesen. Hardy stand in der hinteren Reihe. Halb verdeckt von einem anderen Sänger. Dem Gärtner von Adolphs.
    Theos Blick blieb an Tanja hängen. Die weiße Bluse, die sie zu ihrem schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher