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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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versucht, sie zu erreichen, um ihr von seinem Umzug zu erzählen. Zu hören, wie sie mit den weißen Tabletten klarkam. Ob Leni was Neues wollte.
    »Bewusstseinserweiterung«, hatte der Doktor gesagt, »das ist das, was du deinen Kunden lieferst. Du bist ein Heilsbringer.«
    Ganz so bescheuert war Max nicht, das zu glauben.

    Eine große Verlegenheit, die Theo spürte, als er in seinem Zimmer erwachte. Sein erstes Mal. Hatte er es sich so vorgestellt? Was war, wenn Leni nicht einmal eine Erinnerung daran hatte?
    Er ging in die Küche hinunter, wo Ma allein am Frühstückstisch saß.
    Sein Gesicht rötete sich bei dem Gedanken, dass sie ihm ansehen könnte, was geschehen war.
    »Du siehst aus, als hättest du schlecht geschlafen«, sagte Ma, »das ist auch verständlich, nach allem, was dir widerfahren ist.«
    Theo brauchte eine Sekunde, um zu kapieren, dass sie nicht von den Ereignissen in Lenis Garten sprach.
    »Ich habe Annika ja nicht gekannt«, sagte er. Darum hält sich meine Traurigkeit in Grenzen, hätte er gern hinzugefügt. Doch das würde bei Ma kaum gut ankommen. Er nahm das Glas Milch, das auf seinem Platz stand. »Nur eure Geheimniskrämerei geht mir auf den Geist.«
    »Mir tut das alles so leid«, sagte Ma. »Du bist in einem traurigen Elternhaus aufgewachsen.«
    Theo verkrampfte sich. Er wollte dieses Gespräch jetzt nicht. Er wollte über den gestrigen Abend nachdenken. Über Leni und sich. Sollte er einfach aufstehen? Er stellte das Glas hin.
    »Kann doch nun alles besser werden«, sagte er.
    »Das sag deinem Vater. Dass die Qual endlich ein Ende haben muss.«
    Seine Ma stand auf, löste den Knoten ihres Morgenmantels und zog den Gürtel enger. Lila Blumen auf dem Morgenrock. Lila war die Farbe seiner Mutter. Theo fiel es zum ersten Mal auf, wie dünn sie geworden war. »Pa ist in seine Verwaltung abmarschiert«, sagte sie.
    »Ist das ernst mit diesem Hardy?«, fragte Theo.
    »Nein.«
    »Ihr trennt euch also nicht, Pa und du?«
    »Das tun wir dir nicht an«, sagte seine Ma in leidendem Ton.
    Länger hielt Theo diesen Frohsinn zum Frühstück nicht aus. Er stand auf, ohne Milch und Müsli anzurühren.
    »Ich hab was zu erledigen, Ma«, sagte er.
    Vielleicht hätte er den Entschluss nicht gefasst, wenn er normal mit seiner Mutter hätte reden können. Darüber, dass er kein kleines Kind mehr war, das man dauernd zu behüten und zu bewahren hatte und zu bevormunden.
    So sammelte er seinen Mut, um zu Leni zu fahren und zu reden.
    »Du hast weder gegessen noch getrunken.«
    »Dafür dusche ich länger«, sagte Theo.
    Er duschte ganze vier Minuten. Dann zog er seine Jeans und ein hellblaues Leinenhemd an, dessen Ärmel er aufkrempelte. Er blickte in den Spiegel, der in seinem Zimmer hing, und war tatsächlich zufrieden.
    Beinah wäre er barfuß losgelaufen. Beinah die Ray Ban liegen lassen.
    Beinah hätte er vergessen, tschüs zu sagen.
    »Tschüs, Ma«, sagte er. Seine Mutter stand an der Terrassentür und sah in den Garten. Er hoffte, dass sie keinen Teich zu sehen glaubte.

    Der Chorleiter war kein Kantor. Er hatte auch in der vorigen Kirche nur Chöre geleitet und gelegentlich den Kantor an der Orgel vertreten. Er tat das gut und wäre weiterhin ein angesehener Mann in seiner Gemeinde gewesen, der im kleinen Saal Konzerte geben durfte, hätte er sich nicht mit einer Sängerin in der Sakristei erwischen lassen.
    Es war nicht an die große Glocke gehängt worden. Zwei Menschen über achtzehn hatten einander begehrt. Wenn auch am falschen Ort.
    Hier am Stadtrand wusste das keiner. Auch nicht der Herr Pastor, dessen war sich Dankwart Trüber sicher. Darum hatte er sein kleines Hobby auch bald wieder aufgenommen. Der Raum hinter der Orgel, in dem ein Klavier, ein Sofa und einige Notenständer standen, war viel diskreter als eine Sakristei. Nur Befugte stiegen die Treppe hinauf, einen Kantor gab es in dieser Vorstadtkirche nicht, und die Kirchentür durfte außerhalb der Gottesdienste geschlossen bleiben.
    Tanja war die Einzige, die der Chorleiter an einem Nachmittag während der Woche empfing, die anderen kamen am frühen Sonntagabend, wenn die Gottesdienste vorbei waren und die Arbeit getan.
    Es waren durchaus Talente dabei, die sich für Chöre eigneten oder für kleine Soloauftritte bei einem Konzert.
    Tanja gehörte nicht dazu. Ihre Gaben waren andere. Sie hatte den Körper einer Primadonna von ganz großem Format und die Brust für vier Oktaven.
    Dankwart Trüber glaubte, keine Besitzansprüche zu

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