Vorstadtprinzessin
auf die geköpften Rosen würde er wohl zu sprechen kommen, wenn er von seiner Reise zurückkam. Vielleicht konnte sie ihm erzählen, Raupen hätten die Köpfe gefressen.
Jetzt erst einmal Maman anrufen und klären, dass sie das Ticket am Schalter hinterlegen ließ. Die Reisevorbereitungen sollten so unauffällig wie nur eben möglich sein. Paps gar nicht erst zu großen Gesten provozieren. Ticket zerreißen oder so was.
Leni drehte sich noch einmal dem Garten zu. Da hatten sie gelegen, Theo und sie. Der jungfräuliche Theo. Eigentlich war er ziemlich süß.
Wenn er nur nicht so ein Klugscheißer wäre.
»Was war das für ein Gemetzel?«, fragte Ma.
Theo saß verschwitzt im Garten und wünschte, es gäbe einen Teich, in dem er die Füße kühlen könnte. Oder besser noch einen Pool. Dass Lenis Vater keinen hatte, wunderte ihn.
»Ich komme nicht gut klar mit der Heckenschere«, sagte er.
»Du hast den Liguster beim ersten Mal doch auch nicht niedergemacht. Da steckt was anderes dahinter.« Seine Mutter sah ihn besorgt an. »Hat es was mit dem Mädchen zu tun?«
»Welches Mädchen?«, fragte Theo. Er betrachtete seine Beine, deren Haut glatt war. Lucky hatte viele blonde Haare auf den Schienbeinen.
»Das Mädchen, mit dem du heute aus dem Wald gekommen bist.«
Sie hatte ihn also gesehen. Lange genug war er ja in ihrem Blickfeld gewesen, als er dort gestanden hatte, um Leni nachzuweinen. Ma musste nur in die Küche gehen, um die Straße kontrollieren zu können und gleich auch noch Ellerbeks Ligusterhecke im Auge zu haben.
»Sie ist schön«, sagte Ma, »und ihr Haar ist so hell wie das von den Mädchen im Wald.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein dummer Gedanke«, sagte sie, »entschuldige. Woher kennst du sie?«
»Sie ist eine Freundin von Lucky«, sagte Theo. Er stand auf.
»Du musst nicht davonlaufen. Heute Morgen hast du auch schon die Flucht ergriffen. Ich weiß kaum noch was von dir.«
»Ich bin der Junge, der nach fast achtzehn Jahren erstmals von eurem Familiengeheimnis erfahren hat.« Theo wusste selbst nicht, warum er seine Mutter provozierte.
»Warum gehst du nicht ins Freibad?«, sagte seine Mutter. »Mit Lucky. Der hat doch bald Feierabend.«
»Entschuldige, Ma.«
»Für mich ist das auch alles nicht leicht.«
»Hast du gestern keine Chorprobe gehabt?«
»Sommerpause«, sagte Ma. »Bis Ende des Monats.«
»Dann siehst du Hardy gar nicht.«
Seine Mutter schwieg.
»Das mit dem Freibad ist keine schlechte Idee«, sagte Theo. Er griff nach seinem Handy. Vielleicht tat ihm ein Geständnis gut.
Eine Runde Kraulen und dann Lucky gestehen, dass er mit Leni geschlafen habe. Willkommen im Club.
Oder läutete er damit das Ende ihrer Freundschaft ein? Theo hatte keine Ahnung, wie ernst es Lucky mit Leni war.
Tanja stand vor der Kirchentür, als Theo vorbeiradelte.
»Keine Chorproben«, rief er ihr zu, »Sommerpause.«
Sie wollte antworten, dass das nicht für sie gelte, doch ihr fiel gerade noch ein, den Mund zu halten. Mittwoch, siebzehn Uhr. Die verabredete Zeit. Verspätungen kündigte Dankwart auf dem Handy an und selbst dann schloss er vorher die Tür für sie auf.
Sie trat zurück und lauschte. Kein einziges Fenster offen. Trotz der Hitze. Vielleicht sollte sie ins Tre Castagne gehen und die Tür im Auge behalten, statt hier so auffällig herumzustehen.
Tanja drückte die Tasten ihres Telefons, während sie ins Tre Castagne ging. Dankwarts Mailbox sprang an. Tanja verzichtete darauf, eine Nachricht zu hinterlassen. Sie setzte sich an einen Tisch im Schatten und bestellte Caffè Latte bei der Serviererin.
»Sigi nicht da?«, fragte sie.
»Noch krank«, sagte die Serviererin.
»Hoffentlich nichts Ernstes«, sprach Tanja in das Klingeln ihres Handys hinein. Die junge Frau zuckte mit den Achseln. Beiden schien Sigis Befinden eher egal zu sein.
»Na du heißer Feger«, sagte Tanja, als sie die Stimme am anderen Ende der Leitung erkannte, »ich habe nun doch Zeit.«
Ihr kam kein Gedanke, dass Dankwart am Vormittag gesehen haben könnte, wie groß ihre Freude über das Treffen mit dem heißen Feger gewesen war.
Ein alter Schulfreund. Der Superstar der Abschlussklasse. Der ihr leider viel zu schnell aus den Augen gekommen war.
Außer ihm hatte nur Max Oldelev den Titel »sexiest boy« verliehen bekommen.
Vielleicht war es doch ein Wink des Schicksals, dass der alte Sack sie versetzt hatte. Den Solopart konnte sie ihm noch immer aus den Rippen leiern. Ihre Karriere drohte im Chor
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