Vorstadtprinzessin
stecken zu bleiben. Wurde höchste Zeit, allmählich die Clubs in Angriff zu nehmen. Und dann die CD.
Tanja hatte den Kaffee bezahlt und war aufgestanden, um zum Bus zu gehen, als sie Dankwart aus der Kirche kommen sah. Neben ihm eine Tussi, die aussah wie ein rothaariger Kobold.
Vielleicht hatte er vor, ein Pumuckl-Musical aufzuführen.
Tanja ging zur Haltestelle, und diesmal war ihr klar, dass Dankwart sie im Blick hatte. Sie warf die blonden Haare zurück und hätte sich beinah noch über die Hüften gestrichen. Gut, dass sie ihr engstes Sommerkleid trug. Der Titel »sexiest girl« ging an sie.
Zum Kraulen war es ihnen selbst am Abend noch zu heiß. Sie hatten getaucht und sich auf das Wasser gelegt und toter Mann gespielt. Das Freibad leerte sich allmählich. Die Kinder gingen nach Hause.
Theo und Lucky saßen auf der Wiese und rissen Gras ab. Ihre nassen Tücher trockneten in der Sonne, die allmählich ihre Kraft verlor.
»Versuch mal, drauf zu blasen«, sagte Lucky. Er hielt Theo den Halm hin.
»Hab ich noch nie gekonnt«, sagte Theo.
»Max kann das richtig gut.«
»Was Neues?«, fragte Theo.
»Meine Mutter hat sich ein Beruhigungsmittel verschreiben lassen.«
»Also nichts von Max.«
»Am sechsten September hat er seinen Gerichtstermin.«
»Das solltest du Leni erzählen, damit sie es an ihn weitergibt.«
»Glaubst du, sie schläft auch mit Max?«, fragte Lucky.
Theo hob die Schultern. »Tut mir leid, dass ich es getan habe.«
Der Sack von Ellerbek kam ihm in den Sinn. Mit all den Tutmirleids drin.
»War mal Zeit«, sagte Lucky.
»Du bist mir nicht böse?«
»Ist doch eine Art Blutsbrüderschaft, mit derselben Frau geschlafen zu haben«, sagte Lucky.
Theo zuckte leicht. Ihm klang Lenis Stimme in den Ohren. Blutsbruder. Blutsschwester. Sie hatte ihrenFinger in seine zerrissene Jeans gesteckt und am Blut geleckt.
»Ich denke, dass Leni ganz schön auf Droge ist«, sagte er.
»Und Max ist wahrscheinlich ihr Lieferant«, sagte Lucky.
Theo spuckte den Halm aus, auf dem er herumkaute. »Was meinst du«, sagte er, »sollten wir dem Kommissar einen Tipp geben? Vielleicht wäre das die Rettung für Max.«
»Max ans Messer liefern?«
»Die Messer dieser Drogentypen können gefährlicher für Max werden als der Kommissar.«
»Ich denke drüber nach«, sagte Lucky. Er stand auf und fühlte an seinen Shorts. Fast schon trocken. Er griff zu den Jeans. »Wir könnten noch ins Lichtgrün«, sagte er.
»Ich habe nichts dagegen.« Theo schwang sich hoch.
»Wohin sollen wir den Kommissar denn schicken?«, fragte Lucky. »Die Seilerstraße kennt er. In den Keller in der Schanze? Da ist Max doch schon längst ausgeflogen. Ganz abgesehen davon, dass der einen Mörder sucht, und das ist Max sicher nicht.«
»Das weiß ich«, sagte Theo. Er knöpfte das hellblaue Leinenhemd zu, das er heute so hoffnungsvoll angezogen hatte.
»Musst du nicht nach Hause melden, dass du später kommst?«
»Nein«, sagte Theo, »die Dinge ändern sich.«
»Wir werden auch über Leni wegkommen«, sagte Lucky.
»Sie fährt am sechzehnten nach Frankreich.«
Lucky nickte. Er zog einen Kamm aus seinem Rucksack und fuhr sich durch das rotblonde Strubbelhaar. »Weißt du, was ich fürchte?«
»Sag es mir«, sagte Theo.
»Dass du Leni wirklich liebst«, sagte Lucky.
Der Chorleiter war erleichtert gewesen, als die Rothaarige in den Bus stieg, um ihre Erwartungen in die große Stadt Hamburg zu tragen und nicht länger an seinen Lippen zu hängen.
Nein. Die Rote war nicht der nächste Superstar. Sie war eine mäßig begabte Sängerin, die leider ihr langes Haar abgeschnitten hatte. Dabei hatte er die Rote eigens kommen lassen, obwohl sie erst am Sonntagabend dran gewesen wäre. Diese Sonntagabende wurden zum Fluch.
Das Luder in die Schranken weisen. Ein Fehlschlag. Tanja war vor ihnen herstolziert, als sei sie die Wiedergeburt von Marilyn Monroe.
Und dann hatten die Damen denselben Bus genommen, während er bereits im Garten des Tre Castagne saß und sich ein Bier gönnte.
Er trank nun sein viertes und fühlte eine angenehme Dösigkeit. Die Hitze. Der Alkohol. Vor ein paar Minuten war Nils Freygang ins Lokal gekommen und hatte ihn gegrüßt und dabei vor lauter Verlegenheit die schwarzen Knopfaugen kaum vom Boden gehoben. Gute Stimme, doch auch kein Talent zum Superstar. Trüber hob das Glas und prostete ihm zu. »Am Montag im Lichtgrün«, sagte er. »Auch im August.«
Dankwart Trüber bestellte gerade sein fünftes
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