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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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den Leib geschrieben war, als sei sie damit zur Welt gekommen. Als sie Sandra und Bose kommen sah, trat sie hinter der Theke hervor und versperrte ihnen resolut den Weg, doch bevor sie etwas sagen konnte, händigte Bose ihr ein Standardformular aus, das er selbst ausgefüllt haben musste und das die Übergabe des Patienten an den nächsten Verwandten regelte. Meredith las stirnrunzelnd.
    »Machen Sie einfach die Tür auf, Ma’am«, sagte Bose. »Es ist schon spät, und ich möchte den Gefangenen noch heute seiner Familie zuführen.«
    »Gefangener mag angehen, aber er ist nicht Ihr Gefangener, noch nicht jedenfalls. Und ja, es ist spät – warum kommen Sie erst jetzt?«
    Sandra ergriff die Initiative: »Ich glaube, wir sind uns noch nicht begegnet. Ich bin Dr. Cole. Sie haben recht, die Zeit ist ungewöhnlich, um einen Patienten abzuholen, aber bitte haben Sie Verständnis. Ich werde die Übergabe abzeichnen.«
    Meredith zögerte. Es hieß, die Nachtschwestern würden ihre Abteilungen wie private Lehnsgüter führen, und es war nicht zu übersehen, dass Meredith diesen Eingriff in ihr Reich missbilligte. »Okay, Dr. Cole, aber dieser Orrin Mather unterliegt einem besonderen Protokoll, und ich kann auf seiner Karte nichts finden, was Sie als berichterstattende Ärztin ausweist. Was ich sehr wohl finde, ist eine Notiz von Dr. Congreve, dass Sie vor ein paar Tagen von diesem Fall abgezogen wurden.«
    »Finden Sie irgendetwas auf dieser Karte, das Sie berechtigt, einer State-Care-Ärztin und einem Officer des Houston Police Departments den Zutritt zu dieser Abteilung zu verwehren? Sie stellen meine Geduld auf die Probe, Meredith.«
    Mit funkelnden Augen langte Meredith nach dem Schalter, der die Tür entriegelte. Doch dann zog sie die Hand wieder zurück. »Die Übergabe eines Patienten bedarf der Zustimmung des behandelnden Arztes.«
    »Ich fordere Sie lediglich auf, diese Tür zu öffnen, Meredith.«
    »Dr. Congreve wird das nicht gern sehen.«
    »Und ich sehe es nicht gern, wenn Sie uns noch länger warten lassen. Ich bin zwar nicht Dr. Congreve, aber ich schwöre Ihnen, er erfährt aus erster Hand, wie Sie sich hier aufspielen.«
    Meredith zog eine zitronensaure Schnute und legte den Schalter um. »Ich werde Dr. Congreve über diesen Vorfall unterrichten.«
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
    Die Tür ging auf, und Sandra folgte Bose durch den Korridor zu Orrins Zimmer. Die Beleuchtung war gedimmt, ließ den grün gekachelten Flur lang und unheimlich erscheinen. »Gut gemacht«, sagte Bose und blickte über die Schulter. »Aber sie hängt schon am Telefon.«
    Nachdem Sandra ihre Personalkarte benutzt hatte, um die Tür zu Orrins Zimmer zu öffnen, stellte sich das nächste Problem. Orrin lag wie gelähmt auf seinem Bett. Sandra schüttelte ihn sanft. »Orrin«, sagte sie. »Hey! Orrin! «
    Seine Lider hoben sich, blieben aber auf halbem Weg hängen. »Was?«, murmelte er. »Was ist denn?« Man hatte ihm offenbar starke Medikamente gegeben.
    »Ich bin es, Dr. Cole.«
    Orrins Blick war getrübt. Verdammte Nachtschicht, dachte Sandra. Bekamen sie hier alle die doppelte Dosis, damit Ruhe herrschte? Oder nur Orrin?
    »Draußen ist es dunkel, Dr. Cole …«
    »Das weiß ich, Orrin, aber du musst jetzt aufstehen. Steh auf und komm mit, okay?«
    »Officer Bose«, sagte Orrin, ohne sich zu rühren. Das Krankenhaushemd war hochgerutscht und ließ seinen dürren Hintern sehen. »Hi.«
    »Hi, Orrin. Hör zu. Wir holen dich hier raus und bringen dich zu deiner Schwester Ariel. Wie findest du das?«
    Es brauchte einige Sekunden, bis die Frage zu ihm durchgesickert war. Dann setzte er ein debiles Grinsen auf. »Fabelhaft. Genau das will ich, Officer. Danke … aber ich bin so müde.«
    »Ich weiß.« Bose bückte sich, legte den Arm um Orrins Schultern und half ihm auf die Füße. Orrin schwankte, blieb aber stehen.
    »Wir brauchen einen Rollstuhl«, sagte Sandra. Sie trat aus dem Zimmer – der Korridor lag noch verlassen da, Schwester Meredith war noch auf ihrem Posten und redete ins Telefon – und holte einen der Rollstühle aus der Abstellkammer. STATE CARE OF TEXAS/HOUSTON AREA UNIT stand auf dem kunstledernen Rückenteil. Der Stuhl rasselte, als Sandra ihn in Orrins Zimmer schob – ein erschreckend lautes Geräusch in dieser sonst stillen Umgebung.
    Bose half Orrin in den Stuhl. Sowie er saß, fielen ihm die Augen wieder zu und sein Kopf kippte vornüber. Vielleicht besser so, dachte Sandra. Sie packte die

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